"Die Bildung geht's Bächle runter"
Seit gestern streiken nun auch an baden-württembergischen Hochschulen die StudentInnen. Sowohl von der PH
(Pädagogischen Hochschule) Freiburg als auch an der Uni Freiburg kamen 500 StudentInnen zu einer Auftaktveranstaltung
in ein zentral gelegenes Kollegiengebäude, das bereits mit einem riesigen Transparent behängt worden war.
"Für Bildung und soziale Gerechtigkeit" war auf Transparenten zu lesen - und: "Bildung ist ein Grundrecht und keine Ware".
An den Eingängen der PH standen StudentInnen und verlangten zehn Cent Eintritt, da nunmehr Bildung Geld koste. Eva
Schädel vom uAStA der PH erklärte dazu auf der Auftaktveranstaltung: "2004 müssen an der PH 324.000 Euro eingespart
werden, obwohl die Zulassungszahlen seit 1998 um 38 Prozent gestiegen sind." Durch den zunehmenden Mangel an
Professoren und Räumen werde das Studium immer extremer.
Auch der Rektor der PH, Wolfgang Schwark, äußert Verständnis für den Protest: "Die Qualität der Lehre bleibt durch die
Einsparungen auf der Strecke. Es ist das Recht der Studenten, die ernste Situation an der PH zu diskutieren und ihrem
Protest Ausdruck zu verleihen." Und Nils Ellebrecht vom uAStA der Uni wies auf die Vielzahl von Gründen hin, die nunmehr
auch in Baden-Württemberg - mit einiger Zeitverzögerung - das Faß zum Überlaufen brachten. Zum einen sei dies die
angekündigte Einführung von Semester ( = Halbjahres-) Studiengebühren in Höhe von 500 Euro. Ein weiterer Grund sei der
steigende Anpassungsdruck in Richtung auf Studiengänge, die nur noch an den Anforderungen der Unternehmen
ausgerichtet sind. Die StudentInnen fürchteten eine Umwandlung der Universitäten in "Bildungs-Konzerne". Auch ein
Begriff von sozialer Gerechtigkeit, der nur an der angeblichen Schaffung von Arbeitsplätzen orientiert sei, werde von den
StudentInnen abgelehnt. Echter sozialer Ausgleich sei dagegen gefordert.
Statt hinter Campus-Mauern isoliert zu streiken, gestalteten die StudentInnen ihren Protest kreativ und kommunikativ:
Psychologie-StudentInnen machten sich vom Institutsgebäude aus mit Zwangsjacken und dem typischen
Psychoanalytiker-Möbel in die Innenstadt auf den Weg und riefen: "Bildungspolitiker auf die Couch". Rund fünfzig
PolitikstudentInnen wateten bei eisiger Kälte heroisch durch die "Bächle" in Freiburgs Innenstadt und boten damit der
Lokalzeitung eine einprägsame Illustration des Mottos "Die Bildung geht's Bächle runter". Rund 150 PH- und
Uni-StudentInnen spendeten Blut und bewiesen damit, daß wenigstens sie bereit sind, "für Bildung den letzten Tropfen
Blut (zu) geben".
Übrigens ging das Geld, das bei der 10-Cent-Aktion eingenommen wurde, rund 500 Euro, vollständig auf das Konto
"Freunde der PH", mit dem StudentInnen in finanziellen Schwierigkeiten unterstützt werden.
Frank Bayer