Bekanntlich ist der deutsche Bundespräsident ein Ersatz-König. Und nach der uralten Parole "Der König ist tot - Es lebe der König!" schlagen wir Johannes Rau als neuen Bundespräsidenten vor. Im übrigen ist gar nicht einzusehen, warum Recycling nicht auch in Schloß Bellevue Einzug halten sollte.
Dazu kommt, daß ein toter Bundespräsident nicht bezahlt werden muß. Gerade in Zeiten knapper Kassen, immer enger geschnallter Gürtel und sozialer Einschnitte ist eine Einsparung von 199.000 Euro "Ehrensold" pro Jahr und nochmals ungefähr der gleichen Summe für Büro und Unkosten ein unschlagbares Argument. Schloß Bellevue könnte als Tourismus-Attraktion noch viel Geld in den deutschen Staatshaushalt spülen: "Besuchen sie das Schloß mit dem Geist des Bundespräsidenten!" Um das Management würden sich sicherlich Branchengrößen wie der Europa-Park Rust reißen.
Praktische Probleme bei der Umsetzung dieses Bundespräsidenten-Recycling können ausgeschlossen werden: Schließlich gibt es heutzutage Unterschriften-Automaten und einen solchen hat Johannes Rau zu Lebzeiten auch schon benutzt. Und für die Fotografen genügt ein auf Pappe aufgezogenes lebensgroßes Bild des huldvoll winkenden Rau, das bei Gelegenheit neben Staatsgästen aufgestellt werden kann.
Reden, die Rau gehalten hat und die fast niemand bisher zur Kenntnis nahm, gibt es in Hülle und Fülle, so daß auch diese recycelt werden können - und so besteht für die kommenden fünf Jahre kein Mangel an Präsidenten-Reden. Im übrigen fiel es schon bei Bundeskanzler Helmut Kohl nicht auf, als mal eine Rede aus dem Vorjahr versehentlich als Neujahrsrede im TV ausgestrahlt wurde. Gerade in Zeiten, in denen die "Schere zwischen Oben und Unten" in unserer Gesellschaft immer weiter auseinanderklafft, ist ein Bundespräsident Rau unbezahlbar. Denn unvergessen ist dessen Lebensmotto: "Versöhnen statt spalten!"
Rau kann heute auch nichts mehr anstellen und so wäre die Gefahr gebannt, daß in schneller Folge gleich der dritte Bundespräsident vor Beendigung seiner Amtszeit abtreten muß. So kann Rau schließlich heute keine als Stewardessen getarnten Prostituierten mehr bei Auslandsflügen mitnehmen. Und da ein Geist überhaupt zu Auslandsflügen kein Flugzeug benötigt, fällt zukünftig auch die Korruption durch von Banken finanzierte Flugtickets weg. Schließlich und letztlich: Bei den Feierlichkeiten zu Raus 85. Geburtstag am 16. Januar 2016 kann zumindest ihm kein Vorwurf mehr gemacht werden, wenn eine Bank die Kosten in Höhe von 75.000 Euro (Inflation der kommenden Jahre nicht berücksichtigt) übernehmen wird.
Wir hätten uns ja eigentlich als Humor-Redaktion auch gerne für den Kabarettisten Georg Schramm als Bundespräsidenten ausgesprochen. Da uns dies aber als Unterwürfigkeit gegenüber unserem Chefredakteur und Namens-Vetterleswirtschaft hätte ausgelegt werden können, sprechen wir uns nach einer internen Kampfabstimmung für einen toten Bundespräsidenten aus.
