Betrifft: Konfliktmanager der Polizei
Die Polizei schickt 130 Konfliktmanager durch den Landkreis, um, so sagen sie "Gewaltorgien" beim nächsten CASTOR zu vermeiden.
Welche Gewaltorgien?
In den letzten Wochen redet die Polizei wieder sehr viel von angeblich gewaltbereiten Atomkraftgegegnern. Doch die Realität bei den bisherigen
CASTOR-Transporten sah anders aus. Über polizeiliche Gewaltorgien brauche ich hier wenig zu schreiben. Ich denke, es ist hier im Landkreis hinlänglich bekannt, wie die Polizei
1997 mit Trecker-Blockaden und Sitzdemonstrationen umgegangen ist. Aber was ist mit der Gewalt aus den Reihen der AntiAtomBewegten? Mich erinnert die derzeitige öffentliche
Gewaltdebatte an die Tage des zweiten CASTOR-Transportes nach Gorleben 1996. Damals sprach der Pressesprecher der Polizei von einer nie vorher erlebten Brutalität der
Demonstranten. Die überregionale Presse titelte "Schlacht um Gorleben", und allenthalben wurde über die "CASTOR-Chaoten" berichtet. Von den 18.000
eingesetzten Polizeibeamten war eine zweistellige Zahl verletzt worden.
Eine einzige Journalistin hat damals recherchiert, wie diese Verletzungen zustande kamen. Drei Beamte wurden von Polizeihunden gebissen, andere stolperten beim Aussteigen
aus dem Auto, andere erlitten Schwächeanfälle wegen Übermüdung. Niemand wurde durch Einwirkung der Demonstranten verletzt. Ich wiederhole: Bei "vorher nie erlebter
Brutalität" der Atomkraftgegner wurde kein einziger Polizist verletzt.
Ich rate den 130 flexiblen Konfliktmanagern dringend, vor der eigenen Haustür zu kehren. Solange weiterhin der Einsatz von Schlägertrupps aus Berlin und Magdeburg
vorgesehen ist und solange zur Räumung von Sitzblockaden weiterhin Wasserwerfer und Schlagstock Verwendung finden, solange muss die Polizei keine
Anti-Gewalt-Aufklärung auf den Marktplätzen der Region veranstalten, sondern schlicht und einfach ihre Einsatzpläne
ändern. Sonst verkommt jedes angebliche Konfliktmanagement zur reinen PR-Maßnahme. Der Gorleben-Konflikt lässt sich nicht durch bunte Polizeiplakate befrieden, sondern nur
durch eine andere Atompolitik.
Jochen Stay, Jeetzel