Nach dem großen Erfolg der Demo gegen Sozialabbau am 1. November, zeigt sich immer deutlicher, daß "Rot-Grün"
die Leute nicht länger zum Narren halten kann
Auch die schwarz-gelbe Schein-Opposition im Bundestag vermag nicht vom Vertrauensverlust der Regierung zu
profitieren. Einerseits sind nach gestern veröffentlichten Umfrage-Ergebnissen die Deutschen zum ersten Mal in der
Geschichte der Bundesrepublik nicht für eine Steuersenkung, andererseits können weder Merkel noch Merz oder
Herzog mit ihren Demontage-Alternativen Honig aus dieser Situation saugen. Sie bestätigen letztlich eher die
TINA-Perspektive ("There is no alternative", Maggie Thatcher) der Bundesregierung.
Von einem Meinungsumschwung wird berichtet: Schon lange war der Lack ab vom "Superminister" Hans Eichel - doch
während ihm noch 2001 rund 56 Prozent "gute Arbeit" attestierten, ist die Zahl solch Wohlmeinender aktuell auf 30
Prozent abgestürzt. Schlimmer noch: Fast 50 Prozent fordern Eichels Rücktrit. Denn die Zahl von 43,4 Milliarden Euro
Schulden, dem höchsten Stand seit Bestehen der Bundesrepublik, hat den Nimbus des Spar- und Stabilitäts-Ministers
"nachhaltig" erschüttert. Selbst unter den SPD-WählerInnen sprechen sich rund ein Drittel für Eichels Rücktritt aus.
Wonach die Meinungsumfrage-Institute jedoch wohlweislich bislang nicht fragen, ist, ob denn der Sozialabbau
befürwortet würde. Denn selbst wenn sie den Tarn-Begriff "Reformen" nähmen, wäre die Antwort heute mit Sicherheit
mehrheitlich: Wir wollen solche Reformen nicht. Welche Reformen oder Veränderungen, die Gesellschaft aber vor einem
völligen wirtschaftlichen Kollaps bewahren könnten, darüber besteht allerdings auch bei den Hunderttausend vom letzten
Samstag in Berlin noch keine Klarheit. Reformen innerhalb des Kapitalismus ? Möglicherweise Ankurbelung des Konsums,
also Keynesianismus à la Lafonaine? Oder etwa die Nostalgie einer bürokratisch gelenkten Staatswirtschaft? Über die
wirklich zukunftsweisende Alternative einer demokratisch organisierten Wirtschaft wird bisher noch wenig diskutiert.
Aber einer Neuorientierung ging noch immer der Verlust an Illusionen voraus. Und so mag es hoffnungsvoll stimmen, wenn
aktuell häufig ein Wort Abraham Lincolns zitiert wird (wenn auch manchmal in einer verkürzten Fassung von Bob Marley):
"Du kannst einige Leute für alle Zeit zum Narren halten, du kannst sogar alle Leute für einige Zeit zum Narren halten, aber
du kannst nicht alle Leute für alle Zeit zum Narren halten."
Harry Weber