18.03.2004

Holocaust-Tierschutz-Kampagne
in der Kritik

Die Tierrechtsorganisation PETA kündigte eine Werbekampagne "Der Holocaust auf Ihrem Teller" an. Heute, am 18. März, soll sie in Deutschland starten. Auf Großplakaten sollen die Verbrechen, die in der Nazizeit in Deutschland begangen wurden, mit der Behandlung der Tiere in der Intensivhaltung gleichgesetzt werden.

"Rot-Grün" hat es vorgemacht: Um einen Krieg im Kosovo zu rechtfertigen, wurden 1999 einseitig und wider besseres Wissen tatsächliche und erfundene Verbrechen von serbischer Seite mit Auschwitz verglichen. Da ist es weit eher zu verstehen, wenn TierschützerInnen angesichts der Taubheit und Gefühllosigkeit der überwiegenden Mehrheit der Deutschen das Elend und die fortwährende Mißachtung von Hühnern, Schweinen oder Rindern mit einem Tabubruch ins öffentliche Bewußtsein zu katapultieren versuchen. Beim ununterbrochenen Dröhnen der Massenmedien- Maschinerie ist es auch kaum mehr anders möglich, wenigstens für Bruchteile von Sekunden bundesweit wahrgenommen zu werden.

Doch selbst wenn mensch keinen qualitativen Unterschied zwischen menschlichem und tierischem Leben zu machen bereit ist, ist nicht zu leugnen, daß die irrationale, von Haß getriebene Motivation der systematischen Vernichtung und der politische Aspekt des Holocaust - zumindest bisher - ohne Parallele in der Geschichte sind. Der grauenhafte, von Zweckrationalität und kapitalistischem Profitstreben angetriebene Umgang mit sogenannten Nutztieren ist damit nicht vergleichbar. Die kaltschnäuzige Verwandlung von Tieren in beliebig manipulierbare Produktionsmittel zielt zudem statt auf deren Ausrottung auf deren gesteigerte "Produktivität" und "Reproduktions- fähigkeit".

Nicht nur, daß dieser Vergleich also effekthascherisch und dumm ist, er droht den Tieren mehr zu schaden als zu nützen. So haben bereits andere Tierschutzorganisationen öffentlich ihre Ablehnung dieser Kampagne bekundet. Es wird auch darauf hingewiesen, daß die Holocaust-Kampagne die Gefühle der Hinterbliebenen der deutschen Verbrechen "verletze". Diese sind durchaus schon schlimmeres gewohnt und wissen recht gut um den geheimen Wunsch vieler - auch junger - Menschen in Deutschland, die ungeheuerliche Last der Verbrechen, die in deutschem Namen und allgemeiner Mitwisserschaft und überwiegender Mittäterschaft begangen wurden, durch allerlei dumme Vergleiche ein wenig erträglicher machen zu können.

Wie die Diskussion im Vorfeld der Kampagne bereits gezeigt hat, können so letztlich auch keine Inhalte bekannt gemacht werden und es wird von den katastrophalen Zuständen in der Massentierhaltung eher sogar abgelenkt. Denn das Karussell der Abstufung, Unaufmerksamkeit und Interesselosigkeit in Folge schnell wechselnder Attraktion und Erregung wird in noch schnellere Rotation versetzt.

 

Solveig Brendel

 

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