Sowohl im französischen Bure (Lothringen) als auch in deutschen Gorleben (Wendland) werden von den nationalen
Regierungen weiterhin atomare Endlager-Pläne verfolgt. Neben diesem Thema standen auch weitere wie die mit
deutschen und französischen Regierungsgeldern vorangetriebene Entwicklung eines neuen AKW-Typs, des EPR,
auf der Tagesordnung der Konferenz in Trier.
Auf dem zweitägigen Treffen (12. Und 13. April) berieten VertreterInnen französischer und deutscher Anti-AKW-Initiativen
die Verbesserung und weitere Vernetzung der internationalen Zusammenarbeit angesichts einer international agierenden
Atom-Industrie und der radioaktiven Gefahren, die ebenfalls keine nationalen Grenzen kennen. Gemeinsame Aktionen und
Proteste sollen künftig
europaweit besser abgestimmt werden. Besonderen Wert wurde auf die öffentliche Signalwirkung gelegt,
daß sich deutsche und französische AKW-GegnerInnen nicht gegenseitig ausspielen lassen. Weder in
Bure noch in Gorleben gebe es einen Widerstand nach dem St.-Forians-Prinzip "...verschon mein Haus, zünd andre an".
"Bure ist der einzige Ort in Frankreich, über den noch als Endlager
nachgedacht wird", erklärte Michel Marie im Namen der örtlichen
Bürgerbewegung "Bure Stop". Überlegungen, andere Endlager-Stätten
zu untersuchen, waren vor drei Jahren am Widerstand der
Bevölkerung gescheitert. "Seit zehn Jahren ist Bure im Gespräch", sagte
Michel Marie. "Erst jetzt begreifen die Menschen, um was es geht."
"Wir arbeiten nicht gegeneinander,
sondern miteinander", so Francis Althoff, ein Vertreter der wendländischen BI.
Im deutschen Gorleben protestiert seit 26 Jahren die Bürgerinitiative
Lüchow-Dannenberg gegen Castor- Transporte und Endlager-Politik. Mit mehr
als 1000 Mitgliedern sind in dieser Bürgerinitiative mehr Menschen organisiert als in allen
Parteien der Region zusammengenommen.
Neben den medienwirksamen
Protesten in Gorleben habe es bereits 2001 über vierzig Blockaden von
Transporten in Gegenrichtung - aus Deutschland nach La Hague - gegeben,
dies in enger Zusammenarbeit mit den französischen Gruppen. Konkrete
logistische Unterstützung gab es beispielsweise auch beim Sommercamp 2002 in
Bure: Dort hatte die Volksküche aus Lüchow-Dannenberg die
Verpflegung übernommen.
Francis Althoff sprach als weiteres Thema die für Juni angekündigten Vorschläge des EU-Konvents zur künftigen Gestalt der
Europäischen Union an. Diese Empfehlungen sollen den Staats- und
Regierungschefs der Mitgliedsstaaten als Grundlage dienen, bei der
nächsten Regierungskonferenz das EU-Vertragswerk zu erneuern. Dabei geht
es auch um den Euratom-Vertrag, mit dem 1957 die Europäische
Atomgemeinschaft gegründet wurde.
"Bei Euratom sind gigantische Subventionen im Spiel"
Althoff wies darauf hin, daß der Euratom-Vertrag allein der Förderung der Atomenergie dient und informierte über
eine Initiative zu einem Gegenmodell zu Euratom. Wie schwierig es ist angesichts gigantischer Subventionen
hier ein Gegengewicht zu schaffen, konstatierte Markus Pflüger von der 'Initiative Atomausstieg Trier'.
Annie Griffon vom französischen 'Netzwerk Atom-Ausstieg' (Réseau Sortir du nucléaire), dem rund 650 französische
Anti-AKW-Initiativen angehören, berichtete, daß die französische Regierung gerade dieser Tage über die nationale
Energiepolitik beriet und für den Herbst die Verabschiedung eines neuen Atom-Programms geplant ist. Kernpunkt ist
die Realisierung des neuen Reaktor-Typs EPR (European pressurized water reactor), der mit Hilfe von Steuergeldern
durch Siemens und Framatome entwickelt wird. Als möglicher Standort dieses nach langem Baustop auch in Frankreich
eine Atom-Renaissance verheißenden Projekts ist ein Ort in der Normandie, Penly, vorgesehen. Nicht nur in Frankreich,
auch in Finnland und Osteuropa gibt es bereits konkrete EPR-Projekte. Daß dieses Projekt auch aus deutschen
Steuergeldern finanziert wird, gibt darüber Aufschluß, was vom "rot-grünen" Atomkonsens zu erwarten ist.
Markus Pflüger thematisierte die Uranhexafluorid-Transporte, die per Bahn durch
Trier führen. Mit diesen Transporten wird aufbereitetes Uran aus Pierrelatte in
Südfrankreich zur Anreicherung in die UAA Gronau und im Anschluß daran nach
Lingen / Westfalen gebracht. Dort wird es zu Brennelementen verarbeitet. Eine Blockade dieser Transporte könnte
die Gefahren der gesamten Verarbeitungskette der Urans von den Uranbergwerken bis in die AKWs ins
Bewußtsein der Öffentlichkeit rücken.
Gemeinsam blockieren
Beim Treffen in Trier wurden außerdem einige gemeinsame Aktionen
vereinbart. Zwei Uranhexafluorid-Transporten von Pierrelatte in
Südfrankreich in die Urananreicherungsanlage nach Gronau stehen im Juli auf dem Programm.
Außerdem werden in Bälde fünf CASTOR-Behälter
nach Deutschland kommen, die keinen Atommüll aus deutschen Anlagen enthalten. Im Gegengeschäft
soll schwach- und mittelradioaktiver Müll deutschen Ursprungs in der Wiederaufarbeitungsanlage in
Sellafield bleiben. Die Blockade dieser Transporte kann die Lüge Trittins ins Bewußtsein der Öffentlichkeit
rücken, CASTOR-Transporte seien wegen der verantwortungsvollen Rücknahme "deutschen Atommülls" unabdingbar.
Am 31. Mai wird in Gorleben das sogenannte »Endlagerspektakel«, das Fest
zum Protest, stattfinden. Weiter ist ein gemeinsamer Marsch vom grenznahen französischen AKW in
Cattenom nach Bure vom 23. bis 30. August vorgesehen. Diesen Weg würde der Atommüll von Cattenom nehmen,
wenn in Bure das Endlager fertiggestellt wäre. Dieses Jahr steht bei dem Marsch die Aufklärung der Bevölkerung in
den umliegenden Orten im Vordergrund, weshalb es kein Protestcamp in Bure
geben wird wie die Jahre zuvor.
Leider konnte niemand aus der Schweiz zur
Konferenz nach Trier kommen. In der Nordschweiz gibt es im geplanten Endlager-Ort Benken eine starke Bürgerinitiative.
Diese soll bei einer Aktion, die im Juni in Brüssel gegen die Endlager geplant ist,
ebenfalls teilnehmen.
Harry Weber