18.03.2009

Gastbeitrag

Abwrack-Prämie
Umwelt-Prämie
Umweltzerstörungs-Prämie
und Neusprech

Am 27.01.2009 hat das Bundeskabinett die "Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen beschlossen". Wer sein über 10 Jahre altes Auto verschrottet, bekommt bei gleichzeitiger Anschaffung eines Neuwagens eine so genannte Umweltprämie von 2500 Euro.

Hans Magnus Enzensberger gibt der "Umweltprämie" den richtigen Namen. Er schreibt: "Die Abwrackprämie ist eine Belohnung für die Vernichtung von Gebrauchsgegenständen; ihr Besitzer empfängt diese Prämie, die er als Steuerzahler entrichtet." (Zitatende)

Die Abwrackprämie ist tatsächlich auch eine Umwelt- und Wertzerstörungsprämie und der Begriff "Umweltprämie" ist orwellsches Neusprech. Viele der neuen Autos haben einen nur geringfügig niedrigeren Energieverbrauch und Schadstoffausstoß als die Altfahrzeuge. Die Energiemengen und Rohstoffe, die bei der Produktion eines Autos verbraucht werden, die damit verbundene Umweltzerstörung und die Schadstoffemissionen spielen in dieser Debatte keine Rolle. Ein Mittelklasse-Auto wiegt 1000 bis 2000 Kilogramm. Industrieprodukte haben einen "ökologischen Rucksack", der rund 30-mal so schwer ist - wenn man etwa den Abraum bei der Erzgewinnung für Stahl und Blech hinzurechnet. (Recycling ist immer auch wertminderndes Downcycling.) Güter möglichst sparsam zu verwenden und die Gebrauchszyklen zu verlängern... das wäre Umweltschutz.

"Immer mehr und immer dümmere Produkte kaufen mit Geld, das mensch nicht hat" Diese zentrale Grundidee des "American way of life" stand am Beginn der US-Immobilienkrise. Es ist der Mythenmix aus Konsumismus und der Illusion von Freiheit, aus schnellem Geld und schnellem Genuss. Manche Ansätze zur Bewältigung der Krise wiederholen teilweise die Fehler, welche die Krise ausgelöst haben. Das ist kein Wunder. Schließlich gehören viele der heutigen "Problemlöser" zu den Problemverursachern.

Es spricht wenig gegen eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Krisenintervention. Doch wenn in einer Zeit des Klimachaos und der schwindenden Energievorräte in Wegwerfprämien für langlebige Produkte investiert wird; um die Konjunktur anzukurbeln, dann legt die so genannte Krisenintervention die Wurzeln für zukünftige größere und nicht reparable Zusammenbrüche. Am problematischsten und umweltfeindlichsten ist in diesem Zusammenhang tatsächlich die "Umwelt"prämie genannte Verschrottungsprämie für PKW.

Für das Klima macht es da keinen Unterschied, dass die Mehrzahl der neuen Fahrzeuge nicht in Deutschland, sondern in Polen, Brasilien, Mexiko und Spanien hergestellt wird. Der nicht Auto fahrende Steuerzahler, aus dessen Tasche die "Umwelt"prämie auch finanziert wird, sieht diese Subventionierung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländern und die damit verbundene Geldverschwendung vermutlich nicht so positiv wie Politiker und die Lobbyisten der Autoindustrie.

Ökologisch und zukunftsfähig sind nur Programme zur Bewältigung der Krise mit der Zielsetzung echter Nachhaltigkeit. Die Produktlebensdauer, die Phasen des Produzierens, Konsumierens und Wegwerfens dürfen nicht künstlich verkürzt werden. Nur gute, umweltfreundliche, langlebige, reparaturfähige und dadurch arbeitsplatzschaffende Produkte sind zukunftsfähig. Der jetzt überall gepredigte schnelle Konsumismus ist ein zerstörerischer Irrweg und Wegbereiter kommender Krisen.

 

Gastbeitrag von

Axel Mayer

für
REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

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