31.03.2005

UNO-Bericht:
Ein Planet wird
(weiter) geplündert

Als Herbert Gruhl 1975 das Buch 'Ein Planet wird geplündert' vorlegte, war dessen unbestechliche Analyse sowohl des westlichen Kapitalismus als auch der Planwirtschaft des Ostblocks noch eine Neuigkeit. Zwischenzeitlich hatte ein von US-Präsident Carter beauftragtes unabhängiges ExpertInnen-Kollektiv 'Global 2000' vorgelegt, eine Studie, die vielen den Mut nahm, weiter für Umweltschutz und für die Erhaltung dieses Planeten weiter zu kämpfen. 1980 erschien 'Global 2000' in deutscher Übersetzung.

Den gegenwärtigen Zeitgeist spiegelte recht gut ein Bestseller, der 2002 unter dem Titel 'Apocalypse No' Furore machte. Tenor: Die umweltbewegten "Propheten des Untergangs" seien mittlerweile durch die Realität widerlegt. In Anspielung auf diesen Titel überschrieb die 'Süddeutsche Zeitung' ihren aktuellen Artikel, in dem sie vorab den UNO-Bericht über den Zustand unseres (einzigen) Planeten zusammenfaßt, mit "Apocalypse soon."

Rund 1.300 UmweltexpertInnen aus 95 Ländern analysieren im Auftrag der UNO Klimawandel, Zerstörung der Wälder, Artensterben, Wassermangel und Bevölkerungswachstum. In ihrem Bericht 'Millennium Ecosystem Assessment' bestätigen sie, daß der wachsende Wohlstand des oberen Drittels der Bevölkerung in den reichen Industriestaaten auf einer zunehmenden Zerstörung der natürlichen Ressourcen unseres Planeten beruht. Ohne radikale Umkehr lassen sich die Millenniumsziele der UNO (Halbierung der Hungernden, alle Kinder zur Schule, bessere Wasserversorgung, Reduzierung der Kinder- und Müttersterblichkeit) nicht erreichen, wird von den AutorInnen prognostiziert.

Da in den letzten Jahrzehnten das Tempo, mit dem auf die Katastrophe zugesteuert wird, eher noch gesteigert denn gebremst wurde, können der drohenden Apocalypse nun weitere Details hinzugefügt werden: Die Gefahr wächst, daß sich neue Krankheiten bilden und daß weitere hunderte Millionen Menschen keinen Zugang mehr zu sauberem Wasser haben werden. Der Fischbestand der Weltmeere droht aktuell zu kollabieren.

Wie dieser radikale Kurswechsel bewirkt werden soll, verraten die WissenschaftlerInnen nicht - dies war auch nicht ihre Aufgabe. Herbert Gruhl hat sich leider in der Entstehungszeit der Grünen, die er mit aus der Taufe gehoben hatte, durch reaktionäre Äußerungen gründlich diskreditiert. Dennoch hatte er in einem recht: "Jede Periode enthält nach Hegels Wort schon den Keim zu ihrem Gegensatz in sich. Dieser Gegensatz ist längst nicht mehr der zwischen östlichem Kommunismus und westlichem Kapitalismus; denn beide sind am Ende. Sie werden beide durch ein neues Prinzip abgelöst werden - die Frage ist nur, ob dies unter dem Zwang der Naturgesetze (durch Katastrophen) geschieht oder aufgrund menschlicher Einsicht."

 

Frank Bayer

 

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