16.01.2001

Uran-Munition

Die Massenmedien verschleiern und lügen mehr als daß sie informieren.

In den 78 Tagen des Kosovo-Kriegs zwischen März und Juni 1999 wurden rund 31.000 Uran-Projektile mit insgesamt 10 Tonnen abgereichertem Uran, hauptsächlich über dem Kosovo abgeschossen.1 Erst jetzt, in den ersten Januarwochen 2001 wurde durch die unübersehbare Häufung von Krankheitsfällen bei Soldaten, die während des Kosovo-Kriegs im Einsatz waren, die Schweigemauer durchbrochen, die Schere im Kopf vieler Journalisten wenigstens teilweise außer Kraft gesetzt.

In Italien sind 30 Soldaten schwer erkrankt, zwölf an Krebs und sechs davon starben bereits innerhalb kürzester Zeit an Leukämie.2 Der italienische Ministerpräsident Giuliano Amato forderte die NATO in einem am 3.01.01 veröffentlichten Interview mit der Zeitung 'La Republica' auf, ihre Verantwortung anzuerkennen und alle Infomationen über Uran-Munition offen zu legen. Portugal hat am 4.01.01 ein Expertenteam ins Kosovo entsandt, um Luft-, Wasser- und Erdproben zu sammeln. Die Regierung werde überdies dem Parlament in Kürze bisher geheime Dokumente vorlegen, die Informationen zum Einsatz von Uranmunition auf dem Balkan enthalten, wie Ministerpräsident Antonio Guterres am 3.01.01 der Öffentlichkeit erklärte. Das portugiesische Verteidigungs- ministerium läßt Soldaten und zivile Mitarbeiter, die ab 1996 auf dem Balkan im Einsatz waren, im Kosovo und in Militärkrankenhäusern in Portugal untersuchen. Auch Finnland untersucht seine im Kosovo eingesetzten Soldaten.

Doch Minister Scharping versucht weiter abzuwiegeln: Er "hat, unterstützt von Wissenschaftlern und Medizinern, ein Strahlenrisiko für Soldaten durch Uran-Munition nahezu ausgeschlossen."3 Wohlgemerkt: Er schließt es nahezu aus - nicht: er hält es für nahezu ausgeschlossen. "Zugleich warf er Medien und Oppositionspolitikern am Mittwoch (10.01.01, der Verf.) in Berlin vor, ein »Hysterie-Syndrom« verursacht zu haben."3 Doch auch in renomierten Medien, in denen nun plötzlich eine Flut von Artikeln erscheinen, wird mehr verschleiert und gelogen als informiert.

So schrieb zum Beispiel die Frankfurter Allgemeine Zeitung, FAZ, am 10.01.01, daß "während des Kosovo-Krieges rund 30.000 uranhaltige Granaten über etwa 100 Stellen abgefeuert" worden seien, "aber nur in acht Fällen hätten Fachleute eine schwache Strahlung feststellen können."4 Ohne weitere Information ist diese Meldung eine Lüge. Denn bei den genannten "acht Fällen" handelt es sich um das vorläufige Ergebnis einer UNO-Untersuchung, bei der von insgesamt 112 durch Uran-Munition verseuchten Stellen lediglich 11 untersucht und davon bei 8 erhöhte Strahlungswerte festgestellt worden waren.

Auch die 'Welt' trug mit einem Artikel vom 10.01.015 zur Verbreitung von 'Halben Wahrheiten und ganzen Lügen', so ein Artikel von Ralf Cüppers, der ebenfalls hier dokumentiert ist, bei:

  1. "Im Kriegseinsatz können Soldaten durchaus auch mit anderen toxischen Substanzen in Berührung kommen - zum Beispiel mit Lösungsmitteln wie Benzol."

  2. - eine eindeutige Verharmlosung der Gefahr durch Uran-Munition.

  3. "Statt mit Spekulationen und Gerüchten wird die Truppe mit Fakten konfrontiert - zum Beispiel durch ein Papier des Führungsstabs, das am 5. Januar herausging und das jeder Soldat im Internet nachlesen kann. Darin wird eine Gefährdung deutscher Soldaten durch Rückstände eingesetzter Uranmunition »ausgeschlossen«. Untersuchungen im Kosovo hätten ergeben, dass eine »großflächige Verstrahlung oder Kontamination (...) mit abgereichertem Uran«; nicht vorliege. Im Einsatzgebiet der deutschen Soldaten hätte das abgereicherte Uran (DU, depleted Uranium) »nur einen verschwindend geringen Beitrag zur stets vorhandenen externen Strahlenbelastung« dargestellt."

  4. - In diesen Sätzen steckt zugleich eine eindeutige Lüge (»ausgeschlossen«), eine Irreführung (»großflächige Verstrahlung«) und eine Verharmlosung (»verschwin- dend geringer Beitrag«).

  5. "Zudem war es den deutschen Soldaten verboten, sich im Kosovo in der Nähe zerstörter Fahrzeuge aufzuhalten oder Munition, die hätte vergiftet sein können, zu berühren. Wer sich trotzdem in der Nähe dieser Gefahrenquellen aufhalten musste - zum Beispiel, um einem Menschen das Leben zu retten -, musste Staub- beziehungsweise Schutzmasken tragen. Sie verhindern »zuverlässig« die Aufnahme von uranhaltigen Stäuben. Bei keinem der bisher untersuchten deutschen Soldaten sei »eine Inkorporation von abgereichertem Uran« festgestellt worden."

Um nur zwei Gesichtspunkte der Irreführung herauszugreifen (vgl. den umfangreichen Artikel von Ralf Cüppers), sei hier zum einen darauf verwiesen, daß die Soldaten in der Regel gar nicht informiert waren, wo überhaupt Gefahrenquellen sein könnten und daß selbst Bernard Kouchner, UNO-Chef im Kosovo, auf dem zerstörten Busbahnhof von Klina eine Ansprache vor italienischen und portugiesischen Experten hielt, während mit ABC-Anzügen geschützte italienische Soldaten mit Geigerzählern in der Hand auf drei durch Uran-Munition zerstörten Panzern herumkletterten und zugleich der regional verantwortliche UNO-Gesundheits- beamte, Dr. Christopher Hepp, sich vor der Presse wunderte, daß zuvor etliche Kinder der Stadt ungehindert in den Panzern gespielt hatten. Kouchners Kommentar: "Ehrlich, niemand hat uns beauftragt, die Stelle abzugrenzen."

Und: Wenn bei keinem der bisher untersuchten deutschen Soldaten "eine Inkorporation von abgereichertem Uran" festgestellt worden sei, ist die Frage nach der Untersuchungs- methode zu stellen. Die Untersuchungsmethode, die an anderen Stellen veröffentlicht wurde, ist die Untersuchung des Urins auf Uran. Daß man dort zu allerletzt etwas finden kann, ergibt sich daher, daß Uran in Flüssigkeiten nur schwer löslich ist und sich einlagert: in den Knochen, (ergibt durch die Nähe zum Knochenmark Leukämie und Zerstörung des Immunsystem) und wenn es zur Niere kommt, gelangt es in den Nierenzellen und nicht in den Urin. Es ist kaum vorstellbar, daß Laborpersonal nicht weiß, daß man eine kaum lösliche Substanz in einer Flüssigkeit (Urin ist flüssig) nur zu allerletzt findet, und so fehlen wohl jedem denkenden Mensch die Worte für die Dreistigkeit dieses Vertuschungsmanövers.

Cüppers weist noch einige weitere 'Scherze dieses Kalibers' im genannten Artikel der 'Welt' nach...

Es gibt aber auch einige wenige positive Ausnahmen, so z.B. die kleine Zeitung 'Baslerstab' (anscheinend hat die Schweizer Presse ein Anti-Zensur-Virus befallen), die - ebenfalls am 10.01.01 - unter der Überschrift: "Brisantes Telefongespräch URAN-MUNITION: »ZENSUR« IN BERN" folgendes zu berichten wagt:

Durch eine technische Panne wurde die Redaktion Zeuge eines brisanten Telefonats zwischen Adrian Baumgartner, dem Sprecher des Eidgenössischen Departements für Verteidignung, und einer weiteren Person. Thema: Welche Auskünfte dürfen dem Redaktionsteam des TV-Magazins »Rundschau« für seinen heutigen Beitrag über die Swisscoy-Einsätze im Kosovo erteilt werden - und welche nicht. Wie aus dem Telefonat zu entnehmen war, sollten der TV-Redaktion Standbilder einer Drittperson vorenthalten werden, die Soldaten aus der Schweiz in Trümmerfeldern zeigen. Auskünfte über einen an Leukämie verstorbenen Offizier, so schärfte Baumgartner seinem Gesprächspartner ein, dürften ebenfalls nicht erteilt werden: "Sie werden Dich auch nach seinen Kollegen befragen. Gib bloss keine Namen oder Kompanieziffern bekannt!" Der 'Baslerstab' konfrontierte Baumgartner mit seinen Aussagen. Weshalb die Geheimniskrämerei? »Weil sich einige Soldaten widerrechtlich verhalten haben«, verteidigte sich Baumgartner. »Sowohl in der Ausbildung als auch im Einsatzgebiet wurde allen eingeschärft, keinen Ruinentourismus zu betreiben und sich von sämtlichen Munitionsteilen fernzuhalten. (...) Das letzte was wir nun brauchen, sind Soldaten, die sich damit brüsten, Munition als Souvenir nach Hause genommen zu haben.«

Pervers ist, daß sich die westliche Öffentlichkeit erst jetzt - wenn auch mit massiver medialer Selbstbeschwichtigung - für dieses Thema interessiert, nachdem eine Folge dieses Krieges eigene Soldaten, Angehörige der westlichen Staaten, die die "humanitären" Uran-Geschosse eingesetzt haben, offensichtlich eingeholt hat. Totgeschwiegen wurde dieses Thema - mit wenigen löblichen Ausnahmen - all die Zeit als 'nur' zu vernehmen war (für diejenigen, die hören wollten), daß die Zivilbevölkerung, die ja angeblich zu schützen das Ziel dieses "humanitären Einsatzes" war, massiv zu leiden hatte. Auch wenn der Begriff "Kollateralschaden" zwischenzeitlich im Sinne der political correctness geächtet wurde, hat sich gemeinhin an der darin zum Ausdruck gebrachten menschenverachtenden Einstellung nichts geändert.

Eine dieser Ausnahmen war die Sendung vom 22.04.1999 des politischen TV-Magazins 'Monitor', die hier auch dokumentiert ist. In ihr kommentierte Klaus Bednarz in aller Klarheit, die nichts zu wünschen übrig läßt:

"Jetzt will die NATO sogar Waffen einsetzen, die Teile des Landes auch radioaktiv verstrahlen könnten. Uran-Granaten, abgefeuert von Flugzeugen und Hubschraubern. Sie wurden bereits im Golfkrieg eingesetzt und verstrahlten tausende irakische Zivilisten und US-Soldaten. Viele von ihnen sind inzwischen an Krebs erkrankt oder sogar tot."

Die Informationen waren längst öffentlich zugänglich. Selbst was heute dreist geleugnet wird - nämlich, daß eine Gefährlichkeit der Uran-Geschosse nicht bekannt gewesen sei - konnte am 22.04.1999 bereits in allen deutschen Wohnzimmern empfangen werden:

"»Abgereichertes Uran - Die Gefahr erkennen« - ein internes Aufklärungs-Video der US-Armee, mit dem die eigenen Soldaten vor der radioaktiven Uran-Munition gewarnt werden. Gefahr für Leib und Leben drohe, so heißt es, »wenn man mit dem radioaktiven Material innerhalb oder außerhalb des Körpers« in Kontakt komme. Gefahr drohe sogar beim Essen und Trinken, wenn der Uranstaub auf die Mahlzeit riesele. Er dürfe weder in den Magen noch in die Lunge geraten, warnt die US-Armee. In Schutzkleidung müsse kontaminiertes Material, wie zum Beispiel getroffene Panzer, unmittelbar versiegelt und fortgeschafft werden. Beachte man diese Vorsichtsregeln beim Umgang mit der Uran-Munition nicht, dann sei dies lebensgefährlich, so warnt die US-Armee ihre Soldaten."

Ebenfalls in dieser Sendung am 22.04.1999 ist dokumentiert, daß sowohl Rudolf Scharping als auch Joschka Fischer Bescheid wissen konnten - auch wenn sie es schon damals abzuleugnen versuchten:

"Die Gefährlichkeit der Uran-Munition ist umfassend dokumentiert. Nur der grüne deutsche Außenminister Joschka Fischer will dies offenbar nicht wahrhaben. Auf Anfrage schrieb er noch vor zwei Wochen: »Dem Auswärtigen Amt ist bekannt, daß solche Munition im Kosovo-Konflikt zum Einsatz kommen kann... [Es] ist jedoch davon auszugehen, daß Gefährdungen der von Ihnen beschriebenen Art für Mensch und Umwelt nicht auftreten.«"

Zumindest in Hinblick auf Rudolf Scharping ist inzwischen eindeutig bewiesen, daß er Bescheid wußte. Wie die britische 'Times' am 9.01.01 berichtete, belegt ein interner Briefwechsel des deutschen Verteidigungsministeriums, daß Staatssekretär Peter Wichert eine NATO-Anweisung weitergeleitet hat, die auf die Gefahren im Kriegsgebiet hinwies, die von verschossener Uran-Munition ausgeht.6 Dies hat inzwischen Anlaß zu verschiedentlichen Rücktrittsforderungen gegeben

Eine weitere Ausnahme in der Schweigefront war eine Veröffentlichung (internet-Seite der ZuB mit Pressemitteilung) der ZuB (Zusammenschluß umweltbewußter Bürger - rund um den Truppenübungsplatz Grafenwöhr), die am 19.08.1999 belegte, daß auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr mit Uran-Muniton geschossen worden war, was die Behörden leugneten, indem sie sich ohne Überprüfung der Fakten auf US-amerikanische Dementi beriefen.

Bereits Jahre zuvor hatte Prof. Dr. Dr. med. Siegwart Horst Günther lange Zeit vergeblich versucht, seine wissenschaft- lichen Ergebnisse über die Gefährlichkeit von Uran-Munition wie sie bereits im Golf-Krieg der USA gegen den Irak 1991 verwendet worden war als Buch bei einem deutschen Verlag zu veröffentlichen. Lediglich ein obskurer Freiburger Kleinverlag hatte - dankenswerterweise - den Mut, so daß sich Prof. Günther entschloß, die Rechte lieber diesem Verlag zu überlassen als seine Erkenntnisse der Öffentlichkeit vorzuenthalten.

Siegwart Horst Günther, Professor für Tropenmedizin, ist auch mit 75 Jahren noch wissenschaftlich aktiv. An der Universität Leipzig hält er noch immer seine tropenmedizinischen Vorlesungen. Prof. Günther ist am 24.2.1925 in Halle geboren, war Mitglied der Widerstandsgruppe um Graf Stauffenberg und Häftling im KZ Buchenwald. 1945 bis 1950 studierte er Medizin, Philosophie und Ägyptologie. 1950 bis 1956 war er als Arzt und Wissenschaftler an verschiedenen Kliniken tätig. Seit 1957 ist er Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften. Bis 1963 arbeitete Prof. Günther an den Universitäten Kairo und Damaskus, anschließend im Hospital Lambarene des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer. Bisher sind von Prof. Günther oder unter seiner Mitarbeit acht Bücher und 465 Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen. Seit 1992 ist Prof. Günther Präsident des Gelben Kreuzes International, einer humanitären Organisation, um kranken Kindern zu helfen. Er ist zudem seit 1998 zweiter Präsident der Albert Schweitzer Akademie in Warschau. Für humanitäre Verdienste erhielt Prof. Günther hohe nationale und internationale Auszeichnungen.

Als Präsident der Hilfsorganisation Das Gelbe Kreuz International hat er nach dem zweiten Golfkrieg in den Jahren 1991 bis 1995 im Irak Kinder behandelt, die an einer bis dahin unbekannten Krankheit erkrankt und größtenteils verstorben waren. Dabei handelte es sich aber nicht um eine neue tropenmedizinische Krankheit.

Prof. Günther hat den wissenschaftlichen Nachweis erbracht, daß diese Gesundheitsschädigung durch abgereichertes Uran verursacht wurde, das die Symptome einer Schwermetall- vergiftung zeitigt und mit akutem Versagen von Leber und Niere zum Tode führt. Wird das akute Vergiftungsstadium überlebt, besteht danach ein hohes Risiko, an Leukämie oder anderen Krebserkrankungen oder AIDS-ähnlichen Syndromen zu erkranken. Die schwach radioaktive Strahlung des vom Körper aufgenommenen abgereicherten Urans schwächt das Immunsystem des Menschen. Durch radioaktive Schädigung der Ei- und Samenzellen werden in der Folgegeneration Mißgeburten verursacht.

Näheres nachzulesen in der Schrift 'Uran-Geschosse', die hier ebenfalls dokumentiert ist.

 

1 Prof. Dr. Dr. med. Siegwart Horst Günther, 'Uran-Geschosse',       2. Auflage, Flensburg, Juli 2000
   Der Landbote, Winterthur, 4.01.01

2 Der Landbote, Winterthur, 4.01.01
   Tagesspiegel, Berlin, 4.01.01

3 Badische Zeitung, 11.01.01, Artikel mit der Überschrift:
      "Scharping: Kein Risiko"

4 FAZ, 10.01.01, Artikel "NATO verbietet Einsatz von
      umstrittenen Geschossen nicht"

5 'Die Welt', 10.01.01, Artikel "Bundeswehr informiert über
      Uran"

6 'The Times', London, 9.01.01, Artikel "Germany ignored
      uranium warning" (Boyers, Owen a. Evans)

 

Klaus Schramm

 

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