Arbeitslosigkeit, Liberalisierungen, Sozialabbau wären unabwendbaren Opfer für mehr
Wirtschaftswachstum, wurde behauptet. Im Rückblick jedoch sprechen Tatsachen und harte
Zahlen eine andere Sprache: An diesem (vorgeblichen) Ziel gemessen, war alles vergeblich.
Ende der 80er Jahre gehörte ich einer Arbeitsgruppe an, die den Regierungsentwurf zu einem Zukunftsbericht
diskutierte. Hierbei wurde u.a. analysiert, wieviel der Ausbau des öffentlichen Sektors mit 10 Milliarden
Schwedischen Kronen kosten würde. Ein Laie würde vermutlich antworten, wenn der Ausbau 10 Milliarden
kostet, dann sind die Kosten natürlich 10 Milliarden.
Hier jedoch gilt nicht diese Mathematik. Die Kosten wären 30 Milliarden! Der Grund sei - sagte man - , die
Investitionen innerhalb des öffentlichen Sektors seien verbunden mit zusätzlichen Ausgaben von zwei
Kronen für jede investierte Krone. Der Ausbau müsse durch Steuern finanziert werden und diese
verursachten eine Ineffektivität. Wenn diese Ineffektivität - als Beispiel verminderten die Steuern die
menschliche Arbeitslust - in unsere Investitionen im öffentlichen Sektor einberechnet würden, wären
diese selten lohnend. Ein privates Krankenhaus für 10 Millionen Kronen kostet 10 Millionen, während
ein öffentliches 30 Millionen kosten würde!
Diese 2-Kronen-Hypothese wurde zur Wissenschaft erklärt. Als ich jedoch nach Belegen hierfür suchte,
entdeckte ich einen Aufsatz von 1979 als Quelle. Die Verfasser zeigten nirgends einen Beweis dafür,
daß der öffentliche Sektor mit zwei zusätzlichen Kronen belastet würde. Das Ganze war nur eine
Überschlagsrechnung: "Wenn die Menschen weniger Arbeitslust verspüren, weil die Steuer steigt,
könnte es dazu führen, daß jede Krone öffentlicher Investition zwei Kronen zusätzlich erfordere."
Diese Spekulation war der einzige "wissenschaftliche" Beleg für die "Zwei-Kronen"-Legende. Dennoch
zog diese Legende sich durch viele staatlichen Kommissionsberichte und erhielt konkrete Bedeutung
für die Politik. Diese Illusion wirkte, weil viele an sie glaubten und niemand daran interessiert war, sie zu
durchleuchten.
Die Legende von den zusätzlichen zwei Kronen war ein Kind ihrer Zeit. Schon seit der Ölkrise 1973
stagnierte der Zuwachs in der westlichen Welt und wurde überall diskutiert. In England wurde das Problem
die "englische Krankheit" genannt, in den USA die "stagnierende Produktivität" und in Schweden sprachen
die Ökonomen vom "Land des Zurückbleibens". Die Debatte der Ökonomen wurde zu einem einstimmigen
Chor: Das Problem sei eine Folge des Keynesianismus, zuviel Reglementierung, zuviel Staatseingriffe und
ein zu kleiner Markt.
Die Reaktion war begreiflich. Eine Krise in einem System wird oft mit einem Systemfehler erklärt. Das gleiche
war vor 50 Jahren geschehen. Als in den 30er Jahren die Depression ausbrach, war es natürlich, die Ursache
im ungezügelten Kapitalismus zu suchen. In der Sowjetunion wurde der erste Fünfjahresplan durchgeführt und
erschien als eine vielversprechende Alternative zum freien Markt. Die in den 30er Jahren formulierte
Nationalökonomie richtete sich vorwiegend auf die Erklärung, warum der Markt versagt hatte, statt wie früher
die Erfolgskraft des Marktes zu erklären. Ökonomen wie Joan Robinson und Edvard Chamberlain verbreiteten
Theorien, wie das Monopol natürlich entstand und die Effektivität untergrub. In der Hochburg des Kapitalismus
England veröffentlichte Keynes seine "General Theory", mit welcher er zeigte, wie eine Marktwirtschaft in eine
Depression geraten konnte, die dann nicht von den selbstregulierenden Kräften des Marktes aufzuheben sei.
Die Schlußfolgerung war klar. Eine staatliche Steuerung sowohl einzelner Märkte als auch der ganzen Ökonomie
war erforderlich. So begann die Zeit des Keynesianismus, um fünfzig Jahre später - in den 80er Jahren - ihrem Ende
entgegenzugehen.
Als die westlichen Ökonomien Mitte der 70er Jahre zu stottern begannen und die sowjetische Planwirtschaft sich
als teures Fiasko erwies, war den Ökonomen klar, wo der Fehler lag. Die in der Nachkriegszeit vorherrschenden
ökonomischen Ideen wurden verantwortlich gemacht. Jetzt mußte selbiger Keynes für das Mißglücken herhalten.
Diesmal war der Systemfehler zuviel staatliche Regulierung, zu viele staatliche Monopole, zu hohe Steuern
und zu wenig Markt. Mit dieser Analyse waren die Ökonomen noch zufriedener, weil sie völlig übereinstimmte
mit den Lehrbüchern der ökonomischen Theorie, wie sie an den Universitäten gelehrt wurde. Wir wissen alle,
was daraus wurde.
Um 1980, anfangs in den USA und in Großbritannien, wurde die Wirtschaftspolitik nach rechts gedreht. In Schweden
wurde das Jahrzehnt mit einer Steuerreform eingeleitet, mit der die sogenannten Marginalsteuern (Steuerprogression)
gesenkt wurden. Im Jahr 1985 wurde der Kreditmarkt liberalisiert sowie 1989 der Währungshandel. Eine große
Steuerreform folgte 1991 sowie die Privatisierung und Liberalisierung einer Reihe anderer Bereiche: Die
Telekommunikation, das Taxigewerbe, der Flugverkehr, die Eisenbahnen, die staatlichen Forste, die Bergwerke,
das Elektrizitätsnetz, der Arbeitsmarkt. Für diese Wirtschaftspolitik wurde die niedrige Inflation wichtiger als die
Vollbeschäftigung.
Seit ungefähr zwanzig Jahren hat nun der Neoliberalismus die Wirtschaftspolitik der westlichen Welt beherrscht.
Seine Stärke war unterschiedlich, aber die Unterschiede unter den Ländern und Regierungen waren niemals größer
als die Gleichheiten. Während dieser zwanzig Jahre einer neuen ökonomischen Epoche, wurde die ökonomische
Debatte von jenen beherrscht, die den freien Markt als die Lösung der meisten Probleme ansehen. Diese
Geschichte ist bekannt und dokumentiert. Aber welches ist das Ergebnis? Was haben zwanzig Jahre der
Marktanpassung uns gebracht? Eine Bilanz ist an der Zeit.
Gleichberechtigung
Bis um 1980 und während des größten Teils des Jahrhunderts verringerten sich die Einkommensunterschiede in der
westlichen Welt, weil die Kapitalerträge im Vergleich zum Arbeitseinkommen geschrumpft waren. Nach 1980 kehrte
sich der Trend um. Während fast alle OECD-Länder für die Zeit 1960 bis 1980 einen deutlichen Einkommensausgleich
aufweisen, gibt es in der Folgezeit kein Land mit diesem Entwicklungs-Muster. Im Gegenteil steigerten sich die
Unterschiede in mehreren Ländern wie z.B. USA, Japan, Großbritannien und Schweden; dort nahmen die
Unterschiede nach 1980 markant zu. Dies mag an zwei Beispielen verdeutlichte werden.
Ein großer Anteil der weiblichen Beschäftigten arbeitet im öffentlichen Dienst. Dieser erweiterte sich in der Zeit bis
1980 und der Anteil stieg innerhalb der OECD von 10 auf 15 Prozent, in Schweden noch höher. Die Erweiterung des
öffentlichen Dienstes erzeugte eine erhöhte Nachfrage nach weiblicher Arbeitskraft, was wiederum die Frauenlöhne
im Vergleich zu denen der Männer beachtlich steigen ließ, in Schweden von ca. 60 auf 80 Prozent der Männerlöhne.
Wenn die Erweiterung des öffentlichen Sektors zum Stehen kommt, stagnieren die relativen Frauenlöhne gleichzeitig.
Die Ungleichheit wird dauerhaft.
Die neue Ökonomie ersetzt die kollektive Lohnfestsetzung (Tarifverträge) durch individuelle Löhne und Prämiensysteme.
Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Anteil niedrig entlohnter Frauen und einer vertieften Kluft in
der Lohnbildung. Mit der individuellen Lohnfestsetzung - wird behauptet - würden die Produktivität und die Effektivität
belohnt; sie erweist sich aber als ein Mechanismus zur gesteigerten Ungleichheit zwischen weiblichen und männlichen
Beschäftigten.
Das zweite Beispiel betrifft die Reichen. Während der 90er Jahre wurden die Direktorengehälter in Schweden um ca.
600 Prozent erhöht. Eine ähnliche Entwicklung kann in anderen Westländern beobachtet werden. Die gesteigerten
Einkommensunterschiede bedeuten ganz allgemein, daß die Allerreichsten noch reicher werden.
In einer neuen Untersuchung des "Statistischen Zentralbüros" wird die Bevölkerung (ab 20. Lebensjahr) in zehn
sogenannte "Dezilen" eingeteilt, nach denen das gesamte Einkommen und die gesamten Steuern berechnet werden.
Die erste "Dezile" beinhaltet die zehn Prozent der Bevölkerung mit dem geringsten Einkommen, die zweite mit den
nächsten 10 Prozent, u.s.w.. In der fünften Dezile stiegen die mittleren Jahreseinkommen von 151.000 Kronen im Jahr
1991 auf 174.000 Kronen im Jahr 2001, d.h. um 15 Prozent (Alle Einkommen auf den Geldwert vom Jahr 2001
umgerechnet).
Für die Dezile mit den höchsten Einkommen war die Steigerung 45 Prozent, nämlich von 392.000 auf 570.000 Kronen.
Es mag sein, daß die Kräfte des Marktes diese Einkommensunterschiede steigerten; schlimmer ist jedoch die Vertiefung
der Kluft durch die Steuerpolitik. Aber so geschah es. Netto vermehrten sich die Einkommen in der Dezile mit den
höchsten Einkommen um 61 Prozent, während die Steigerung für die fünfte nur 17 Prozent betrug. Während der 90er
Jahre wurden also die Einkommensunterschiede nach Steuerabzug größer als die Unterschiede vor Steuerabzug. Dies
ist sowohl eine allgemeine Folge der Steuerreform von 1991 als auch des stark vermehrten Kapitalertrags.
Dies kann mit einigen Ziffern verdeutlicht werden. Im Jahr vor der Steuerreform 1990 hatte die fünfte Einkommensdezile
eine durchschnittliche Besteuerung von 30 Prozent. Dieselbe Einkommensgruppe zahlte in den 90er Jahren
durchschnittlich 29 Prozent Steuern. Während dieser ganzen Periode erhielt sie also eine Steuerermäßigung
von einem Prozent. In der höchsten Dezile war die Besteuerung 1990 45 Prozent und fiel in den 90er Jahren auf
39 Prozent. Dieses Jahrzehnt bedeutetet eine sechsfache Steuerermäßigung für die höchsten Einkommen.
Wer gewann durch die Steuerreform 1991?
Die Veränderungen gegenüber der vorhergehenden Besteuerung.
Der Nettoeffekt in Kronen / Jahr. (+) Gewinn, (-) Verlust.
Jahr |
Fünfte Dezile
(mittlere Einkommen)
in Kronen
|
Zehnte Dezile
(höchte Einkommen)
in Kronen
|
1991 |
+6.000 |
+41.000 |
1992 |
+6.000 |
+40.000 |
1993 |
+5.000 |
+35.000 |
1994 |
+4.000 |
+33.000 |
1995 |
+2.000 |
+20.000 |
1996 |
+/- 0 |
+15.000 |
1997 |
-2.000 |
+18.000 |
1998 |
-2.000 |
+12.000 |
1999 |
-3.000 |
+20.000 |
2000 |
-2.000 |
+25.000 |
2001 |
-1.000 |
+31.000 |
Summe |
+13.000 |
+290.000 |
Im Vergleich zu einem seit 1990 unveränderten Steuersatz haben die Bezieher mittlerer Einkommen im ganzen
seit 1990 13.000 Kronen mit der Steuerreform gewonnen. Die zehn Prozent der Reichsten hingegen haben fast
300.000 Kronen pro Person gewonnen. Die Tendenz der Marktkräfte, die Kluft zu erweiterten, wurde durch die
Steuerpolitik verstärkt.
Arbeitslosigkeit
Seit den 30er Jahren war die Vollbeschäftigung das übergeordnete Ziel der ökonomischen Politik. Aber seit den
80er Jahren wurde dieses Ziel in mehreren Ländern durch den Kampf gegen die Inflation ersetzt. Das Ergebnis
kann aus der Statistik abgelesen werden. In der Periode 1960 bis 1979 lag die Arbeitslosigkeit in den OECD-Ländern
bei durchschnittlich 4 Prozent, innerhalb der EU bei 3,5 Prozent. Besonders niedrig war sie in Schweden zwischen
1 und 2 Prozent.
Nach 1980 hat die Arbeitslosigkeit sich innerhalb der OECD verdoppelt auf 7,5 Prozent oder 35 Millionen Menschen.
Innerhalb der EU wurde diese Veränderung noch drastischer. Als direktes Ergebnis des stetigen Kampfes gegen
die Inflation wurde die Arbeitslosigkeit verdreifacht von 3,5 auf ca. 10 Prozent. In Schweden wollen wir die offene
Arbeitslosigkeit auf 4 Prozent verringern, auf ein immerhin so hohes Niveau wie wir es in den 60er und 70er Jahren
als unmöglich angesehen hatten. In einem Land nach dem anderen gibt es denselben Trend: Die Arbeitslosigkeit
hat bereits dramatisch zugenommen.
Die Arbeitslosigkeit hat einen Zusammenhang mit der Entwicklung nach rechts und der Inflationsbekämpfung. Zwei
Dinge folgen der Liberalisierung - der Beschäftigungsgrad sinkt und die Arbeitsbedingungen werden verschlechtert.
Bei der Liberalisierung des Marktes wird oft den Beschäftigten gekündigt und die Arbeitsbedingungen werden
verschlechtert. Dies betrifft sowohl die Pensionsverträge, den Urlaub als auch die Lohnhöhe.
Als beispielsweise der LkW-Transportwesen in den USA liberalisiert wurde, wandelte sich das Leben der
Berufsfahrer dramatisch, die Löhne fielen und der Kündigungsschutz verschwand. Gleiches geschieht im
Taxigewerbe, beim Flugtransport, in der Elektrizitätsversorgung, dem Lokalverkehr sowie in anderen Bereichen.
Die Beschäftigten widersetzen sich den Liberalisierungen ganz einfach, weil ihre Arbeitsbedingungen schlechter
werden.
Wirtschaftswachstum
Aber vielleicht hat es keinen Sinn, den Neoliberalismus deswegen zu kritisieren, weil er sowohl die Arbeitslosigkeit als
auch die Einkommens-Unterschiede vergrößerrt. Dies war niemals seine Zielsetzung. Hauptzweck war die Ankurbelung
des Wirtschaftswachstums und die Erhöhung des Wohlstandes. Die wichtigste Parole der Betreiber der Entwicklung
nach rechts ist: "Markt und Konkurrenz - für Zuwachs und Wohlstand". Sämtliche Liberalisierungen, Privatisierungen
und Systemveränderungen wurden hiermit begründet. Die Verteidiger des Neoliberalismus sind davon überzeugt, daß
die Reformen das Funktionieren der Ökonomie fördern und den Zuwachs vermehren. Hieran muß die Entwicklung
nach rechts gemessen werden.
Der wirtschaftliche Standard eines Landes wird an der realen Produktion pro Einwohner gemessen. Während der
zwanzig Jahre von 1960 bis 1979 war der jährliche Produktions-Zuwachs pro Einwohner im ganzen OECD-Bereich
durchschnittlich 3 Prozent. Diese Periode war das "Goldene Zeitalter" für den Keynesianismus und die Staatsintervention.
Die Steuern stiegen, die Beschäftigung im öffentlichen Bereich wuchs und staatliche Unternehmen entstanden oder
wurden aufgebaut.
In den folgenden zwanzig Jahren 1980 bis 1999 fiel der Zuwachs innerhalb der OECD auf durchschnittlich 1,9 Prozent
pro Jahr, innerhalb der EU sogar von 3,2 auf 1,4 Prozent. In den USA war die Tendenz die gleiche, obwohl man dort in
den 90er Jahren einen ungewöhnlichen Aufschwung erlebte. Hier fiel der Zuwachs von 2,2 im Durchschnitt bis 1980
auf 1,7 Prozent in den folgenden Jahren.
Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien und sogar Norwegen mit
seinem reichlichen Erdöl zeigten das gleiche Muster. In allen Ländern fiel die Zuwachsrate. Keines der OECD-Länder
kann eine Zuwachsrate aufbieten, die nach 1980 höher war als in der vorhergehenden Periode.
Wie erklären die Neoliberalen diese Ziffern? Einige machen für den sinkenden Zuwachs das Erbe früherer Zeiträume
verantwortlich; er sei eigentlich eine verzögerte Folge des Keynesianismus. Andere sprechen von Besonderheiten,
die den Zuwachs der früheren Periode ungewöhnlich hoch und ungewöhnlich schwach in der Folgezeit werden ließen.
In den 60er Jahren hätte der Vietnamkrieg die Ökonomie angetrieben. In den 90er Jahren hätte der Zerfall der
Sowjetunion eine unglückliche Krise verursacht, u.s.w. Aber allen diesen Argumenten können andere und gleich
gewichtige entgegengesetzt werden: Während der ersten Periode erlebten wir die großen, schlagartigen
Ölpreiserhöhungen, die den Zuwachs erheblich senkten. Und während der Entwicklung nach rechts gab der IT-Boom
einen Zuschlag zu den Zuwachsraten. Mir Argumenten läßt sich streiten aber Tatsachen bleiben. Die Zuwachsraten
während der zwanzig Jahre des Neoliberalismus waren bedeutend niedriger als zur Zeit des Keynesianismus und der
Staatsintervention.
Das Fallen der Zuwachsraten ist noch keine Katastrophe, ökonomisch gesehen, nicht einmal ein Problem. Es ist jedoch
eine Frage der Glaubwürdigkeit, denn die große Verheißung des Neoliberalismus ist das vermehrte Wirtschaftswachstum.
Bei den
Änderungen der ökonomischen Politik war die offizielle Begründung immer die Sorge um den Zuwachs des Landes.
Eine Steuerreform sei notwendig für einen flexiblen Arbeitsmarkt, für die Konkurrenz und für den Zuwachs.
Der EU-Anschluß, die Mitgliedschaft in der Währungsunion, der Kampf gegen die Inflation, die verschärften öffentlichen
Ausschreibungen und die Liberalisierungen von Wirtschaftsbereichen, das lebenslange Lernen und eine hohe Mobilität
auf dem Arbeitsmarkt, alles bedeutende Veränderungen in der ökonomischen Politik der vergangenen zwanzig Jahre,
wurden mit der Begründung eingeführt, sie würden den Zuwachs fördern.
Bilanz
Dennoch fällt die Zuwachsrate und dies zusammen mit der verschärften Ungleichheit und der erhöhten
Arbeitslosigkeit. Wenn ein Wirtschaftsbereich liberalisiert und der Konkurrenz ausgesetzt wird, muß seine
Organisation gestrafft werden. Oft muß dann dieselbe Produktion von weniger Personal getätigt werden, d.h. die
Belegschaft wird zweigeteilt; der eine Teil muß kräftiger arbeiten, der andere gar nicht. Die letztliche Folge: Keine
Wohlstandserhöhung für die Gesamtheit, sondern nur eine größere Kluft. Eine erhöhte Arbeitslosigkeit und zugleich
gesteigerte Einkommensunterschiede sind sein Ergebnis.
Prof. Dr. Sören Wibe
Sören Wibe ist als Nationalökonom Professor an der schwedischen Landwirtschaftlichen Hochschule. Als Sozialdemokrat
war er von 1995 bis 1999 Mitglied des EU-Parlamentes und ist gegenwärtig schwedischer Reichstagsabgeordneter.
Erstveröffentlichung in der schwedischen Zeitschrift "Ordfront Magasin" (leicht gekürzt) - Übersetzung: Reinhard Helmers