25.06.2009

Bienensterben:
Pestizide bislang verharmlost

In der Titelgeschichte der Juli-Ausgabe von 'natur + kosmos' werden erstmals in einem größeren deutschen Medium die Ursachen des seit Jahren zu beobachtenden Bienensterbens beleuchtet. Während es bislang nicht selten hieß, ein Bienenparasit, die Varoa-Milbe, sei für die überwiegende Zahl der "Schadensfälle" verantwortlich, wird mittlerweile in Studien ein stärkeres Augenmerk auf die Frage gelenkt, weshalb die natürlichen Abwehrkräfte der Bienen nicht mehr ausreichen, um den Befall durch Parasiten zu minimieren.

Laut 'natur + kosmos' gibt es starke Indizien dafür, daß Pestizide eine der Hauptursachen für das bislang nicht selten als rätselhaft und unerklärlich dargestellte weltweite Phämomen des Bienensterbens sind. Außergewöhnlich ist zudem, daß in dem Bericht die Tatsache nicht ausgeblendet wird, daß - gerade in Deutschland - die Pestizid-Hersteller die öffentliche Meinung bislang fest im Griff hatten.

Einen Wendepunkt in der öffentlichen Diskussion stellte sicherlich das Bienensterben am Oberrhein im April und Mai 2008 dar.1 Nach dieser Öko-Katastrophe, der nicht allein 11.000 Bienenvölker zum Opfer fielen, sondern bei der darüber hinaus eine Vielzahl an wildlebenden Insekten wie Hummeln, Wespen und Schmetterlingen dezimiert wurde, konnte auch von offizieller Seite nicht länger geleugnet werden, daß ein Pestizid ursächlich war. Mit der Chemikalie Clothianidin konnte ein Pestizid aus dem Maisanbau als Ursache dingfest gemacht werden.

Im März 2007 war es in den USA zu einem gewaltigen Bienensterben gekommen, dessen Ursache bis heute nicht vollständig aufgeklärt ist. Ähnliche Fälle gab es in den vergangenen Jahren auch in Italien, Österreich und Japan. In Frankreich hingegen hatte sich die Lage entspannt, nachdem es in den 1990er Jahren nach schweren Verlusten der Berufs-ImkerInnen zu einem Verbot des Pestizids Imidacloprid gekommen war. Imidacloprid darf in Frankreich seit 1999 nicht mehr auf Sonnenblumen und seit 2003 nicht mehr auf Mais versprüht werden. Clothianidin erhielt in Frankreich gar keine Zulassung.

Bereits seit Jahren häuften sich die Indizien, daß der Hauptgrund für die Schwächung der Bienen in der seit Jahrzehnten anhaltenden Vergiftung der Landschaft mit Pestiziden zu suchen ist. Immer mehr Berufs-ImkerInnen - zuletzt auch die überwiegend hobbymäßig tätigen deutschen ImkerInnen - machen besonders die neuen, stark wirkenden Nervengifte aus der Klasse der sogenannte Neo-Nikotinoide für die Gefährdung der Biene - und anderer Insekten - verantwortlich. Doch die Pestizid-Hersteller wie Bayer CropScience oder Monsanto leugnen einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz der Gifte und dem Bienensterben.

Die Pestizid-Hersteller beeinflussen seit Jahrzehnten geschickt die wissenschaftliche Forschung und damit letztlich auch die öffentliche Meinungsbildung in ihrem Sinne. So wird etwa mit dem "deutschen Bienenmonitoring", dessen Ansatz des öfteren als unwissenschaftlich und unkritisch bezeichnet wurde, nicht nur die Auswirkung des Pestizid-Einsatzes verharmlost, sondern nebenbei werden ImkerInnen an den permanenten Einsatz von Chemie zur prophylaktischen Behandlung ihrer Bienen gewöhnt.

Als positves Gegenbeispiel hebt der 'natur + kosmos'-Bericht das britische Landwirtschafts- und Handelsunternehmen Coop hervor, das bei seinen Vertragsfirmen Neo-Nikotinoide verbannt hat und auf biologische Landwirtschaft setzt.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel:

      Bienensterben:
      Bayer-Insektizid Clothianidin bleibt verboten (10.02.09)

      Bienentod im Maisfeld / Neue Studie:
      Guttationswasser gefährlicher als Beizmittel-Staub (5.02.09)

      Gentechnik auf dem Acker
      Honig wird zu Sondermüll (30.09.08)

      Italien verbietet Bienengift Clothianidin
      Druck der ImkerInnen erfolgreich (19.09.08)

      Maiswurzelbohrer erneut in Südbaden
      Millionen Bienen im Frühjahr sinnlos vergiftet (23.07.08)

      Augsburger Verwaltungsgericht:
      Kein Schutz für Imker vor Gen-Mais
      Koexistenz obsolet (1.06.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin gestoppt
      Zusammenhang mit Bienensterben nun doch nachgewiesen
      (17.05.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin in toten Bienen
      Angeblich "kein klarer Zusammenhang" (9.05.08)

      Bienensterben wegen Bayer-Chemikalie Clothianidin?
      Kam das Gift aus Obstplantagen oder von Maisäckern? (6.05.08)

      Bienensterben in Baden
      Ursache Agro-Chemikalien? (27.04.08)

      Stoppt Gerichtsurteil den Vormarsch
      von Gen-Food in Deutschland?
      Verwaltungsgericht Augsburg gab der Klage eines Imkers statt
      (9.05.07)

      Bienen-AIDS auch in Deutschland?
      ImkerInnen wehren sich gegen Anbau von BT-Mais (13.03.07)

      Bienen-AIDS in den USA
      Ist Gentechnik die Ursache? (6.03.07)

      Bayer und BASF
      wegen Bienensterben angeklagt (19.02.04)

      Bienensterben
      und noch ein Insektizid (14.08.03)

      Bienentod durch Imidacloprid
      Bayer-Konzern verliert Prozeß (10.07.03)

      Nach dem Bienensterben
      nun auch ein Rückgang bei den Hummeln (18.06.03)

      Bienensterben zweite Stufe (6.06.03)

      Bienensterben
      nimmt bedrohliche Ausmaße an (30.05.03)

 

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