24.08.2004

Maiswurzelbohrer

Drei Länder, drei Lösungsansätze, ein EU-Problem

Die glimpflich ausgegangene "Selbstzerlegung" eines Hubschraubers beim Gifteinsatz gegen potentiell vorhandene Maiswurzelbohrer im elsässischen Ranspach-le-Haut wirft ein Schlaglicht auf ein aktuelles Problem der Umwelt und der Landwirtschaft am Oberrhein.

Im vergangenen Jahr waren in der Nähe des Euroairports (Mulhouse) einige Exemplare des Maiswurzelbohrers, eines vermutlich per Flugzeug eingeführten Maisschädlings, aufgetaucht.1 In einer beinahe militärisch anmutenden "Abwehrschlacht" wurden im Elsaß über 1,5 Tonnen Insektizide per Hubschrauber ausgebracht. Auch auf der deutschen Seite wurde ein Gebiet entlang des Rheins mit Insektiziden vorsorglich "behandelt".

Auch in diesem Jahr wird der Maiswurzelbohrer mit Pestiziden bekämpft, wie der Hubschrauberunfall in Ranspach-le-Haut zeigt. Im Elsaß, im engsten Gebiet des letztjährigen Befalls mit einer Fruchtfolge, ansonsten mit einem massiven Insektizideinsatz per Hubschrauber. Im Grenzgebiet Deutschlands wurde das Saatgut mit Insektiziden gebeizt und auch im Landkreise Lörrach wurden an der Grenze wieder großflächig Insektizide ausgebracht.

Und in der direkt benachbarten Schweiz? Dort wird der Maiswurzelbohrer ohne Gifteinsatz mit Fruchtfolge bekämpft. Den Bauern im Umkreis von zehn Kilometern um die Fundorte in der Gegend von Therwil, Kanton Basel Land, wurde verboten, Mais anzubauen, wo im letzten Jahr bereits Mais stand. Eine erweiterte Fruchtfolge ist eine wirksame und anhaltende Bekämpfungsmaßnahme. Die Vermeidung des Anbaus von Mais nach Mais führt beim Schlupf der überwinterten Eier im Frühjahr dazu, daß die obligatorisch auf Mais angewiesenen Larven des Maiswurzelbohrers keine Nahrung vorfinden und absterben.

Warum diese Unterschiede von Land zu Land am Oberrhein? In einer Richtlinie der EU wird der Maiswurzelbohrer unter den Schadorganismen als sogenannter Quarantäneschadorganismus eingestuft. Danach muß im Befallsjahr eine Befallszone von mindestens einem Kilometer Radius rund um ein Feld, in dem der Schadorganismus festgestellt wurde, und eine Sicherheitszone von mindestens fünf Kilometer Radius um die Befallszone ausgewiesen werden. Die aktuellen, massiven Bekämfungsmaßnahmen im Elsaß und Südbaden sind auf diese EU Richtlinie zurückzuführen, die eine Ausrottung des Maiswurzelbohrers erreichen will.

Doch die Annahme einer möglichen Ausrottung ist unrealistisch. Aus den USA eingeschleppt, vermutlich durch ein Flugzeug im Rahmen der letzten Balkankriege, ist der Schädling in Osteuropa nicht mehr ausrottbar und breitet sich aus. Auch in der Schweiz hat der Maisschädling im letzten Jahr die Alpen überschritten. Militärisch anmutende, umweltschädliche Abwehrschlachten mit Insektiziden können das Auftreten des Käfers verzögern, aber nicht verhindern.

Das sieht erfreulicherweise zwischenzeitlich auch der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Stächele so und will über den Bundesrat eine Aufhebung der Einstufung des Westlichen Maiswurzelbohrers als Quarantäneschadorganismus durch die EU erreichen. In einer sehr erfreulichen Presseerklärung vom 13.8.04 schreibt der Minister unter anderem: "Ein großflächiger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln muss zum Wohle der Umwelt vermieden werden". Dies entspricht auch den Aussagen des BUND Regionalberbandes vom letzten Jahr. Der Maiswurzelbohrer sollte nach Ansicht des BUND mit Fruchtfolgen bekämpft werden, wie dies auch in der Schweiz geschieht. Der BUND hatte bereits in der Vergangenheit auf die Folgen des bisherigen Dünger- und Pestizideinsatzes beim Maisanbau und auf die massiven Folgen und Belastungen für das Grundwasser hingewiesen. Durch die weitere chemische Bekämpfung des neuen Schädlings auf Grund nicht mehr zeitgemäßer EU-Erlasse, könnte sich dieses Problem noch weiter verschärfen.

Der Maiswurzelbohrer zeigt die regionalen Folgen der Globalisierung. Die Landwirte am Oberrhein stehen im harten globalen Wettbewerb. Es geht wie bei vielen Umweltkonflikten auch um massive wirtschaftliche Interessen der Agrochemie-Konzerne. Sie hoffen auf den Mehrabsatz von Pestiziden und vor allem auf eine größere Akzeptanz für gentechnisch veränderten Mais. Die EU-Quarantäneverordnung für den Maiswurzelbohrer dient nur den wirtschaftlichen Interessen der Agrochemie-Konzerne. Ökologisch sinnvolle Fruchtfolgen bringen keine Gewinne. Leidtragende des neuen Schädlings sind Landwirte und durch den aktuellen Pestizideinsatz auch alle anderen Menschen, das Grundwasser und die Umwelt.

Ein Überschreiten der Schadensgrenze des neuen Schädlings, der in Osteuropa und der Schweiz schon Fuß gefaßt hat, ist durch eine ökologisch sinnvolle erweiterte Fruchtfolge langfristig möglich. Der gnadenlose weltweite Konkurrenz- und Überlebenskampf in der Landwirtschaft und eine verfehlte Subventionspolitik der EU, behindert jedoch diese sinnvolle Maßnahme. Gerade das Beispiel Oberrhein zeigt deutlich, daß nur grenzüberschreitend abgestimmte Maßnahmen sinnvoll sind.

 

Axel Mayer

 

Anmerkungen:

1 Siehe auch unseren Artikel
    'Mais-Anbau im Elsaß in Gefahr' (19.08.03)

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