10.03.2014

Wald-AIDS 2013
Zustand schlechter - nicht besser

Wald-AIDS
Entgegen den Äußerungen des neuen Bundesagrarministers Christian Schmidt und den in den Mainstream-Medien veröffentlichten Interpret­ationen hat sich der Zustand der deutschen Wälder von 2012 auf 2013 nicht etwa verbessert, sondern verschlechtert. Die veröffentlichten Zahlen des "Waldzustandsbericht 2013" belegen dies.

Tatsächlich ist der Zustand der deutschen Wälder entgegen der heute verbreiteten Schönfärberei orwellschen Ausmaßes schlechter als in den 1980er-Jahren als - ein wenig voreilig - vom "Waldsterben" die Rede war. Die in den Mainstream-Medien kolportierte Interpretation, wonach sich der Wald-Zustand von 2012 auf 2013 gebessert habe, macht sich einzig und allein daran fest, daß der Anteil der schwer geschädigten Bäume 2013 gegenüber dem Vorjahr um zwei Prozentpunkte auf 23 Prozent gesunken ist.

Waldschäden von 1983 bis 2013

vergrößerte Grafik: hier

Während nun mit konzertierter Medienmacht die Behauptung verbreitet wird, dem Wald gehe es besser, ist der Anteil der geschädigten Waldbäume jedoch laut den offiziellen Zahlen von 61 Prozent (2012) auf 62 Prozent (2013) gestiegen. Dies bedeutet, daß statt 39 Prozent nur noch 38 Prozent des Waldes als gesund eingestuft werden konnten. Die sinkenden Zahlen bei den schwer geschädigten Bäumen lassen sich leicht erklären: Die Bäume werden immer jünger gefällt. Während etwa Eichen 850 Jahre alt werden können, Buchen gut und gerne 250 Jahre oder Fichten etwa 300 Jahre, beträgt das durchschnittliche Alter der Bäume in Deutschlands Wäldern nur mehr 80 Jahre. Wurden in den 1990er-Jahren noch jährlich 40 Millionen Kubikmeter "geerntet" sind es mittlerweile mehr als 50 Millionen Kubikmeter pro Jahr - bei nahezu gleichbleibender Waldfläche.

Während Bundesagrarministers Schmidt tönt: "Der Wald ist heute ein im Kern gesundes Ökosystem" und die Mainstream-Medien sekundieren: "Das ist eine bemerkenswerte Entwicklung, wenn man sich an das Waldsterben in den 1980er-Jahren erinnert", kann es kritisch Denkende nur noch gruseln. Entgegen der heute verbreiteten Falschdarstellung läßt sich aus den damals veröffentlichten offiziellen Waldzustandsberichten ersehen, daß bis 1989 der Anteil der gesunden Bäume in Deutschlands Wäldern durchweg bei über 40 Prozent lag. Es ist erstaunlich, daß heute anderes verbreitet wird, obwohl diese Berichte nicht etwa vernichtet wurden und die Zahlen nachgeprüft werden können.

Die Belastung der deutschen Wälder durch Luftschadstoffe hat keineswegs abgenommen - wie häufig ohne jeden Beleg behauptet wird - sie hat sich lediglich in der Zusammensetzung verändert. Mit ihren Ammoniak-Emissionen hat die industrielle Landwirtschaft Ende der 1990er-Jahre die anderen Schadenstoff-Quellen wie Autoverkehr sowie Industrie und Kraftwerke überholt. Insbesondere die industrielle Tierhaltung ist für rund 80 Prozent der Ammoniak-Emissionen verantwortlich. Jahr für Jahr nimmt die Stickstoffbelastung um weitere 1,5 Prozent zu. Doch die massive Subventionierung der industriellen Landwirtschaft - insbesondere der Massentierhaltung - wird unbeirrt fortgesetzt. Ammoniak-Emissionen und die Überdüngung der Felder mit Gülle sind die Folge. Durch Wind und Regen wird der Chemikalien-Cocktail aus den landwirtschaftlichen Betrieben, aus Kraftwerken, Straßenverkehr und Hausheizungen in die Wälder verfrachtet. Das Wurzelgeflecht der Bäume und die dort lebenden Mikroorganismen, die für das Überleben der Bäume unabdingbar sind, werden mehr und mehr geschädigt. Von dieser Anklage kann lediglich die Ökolandwirtschaft ausgenommen werden, die beim Tierbestand feste Obergrenzen pro Fläche einhält.

Die Zahlen im Einzelnen: Nur noch 38 Prozent (2012: 39 Prozent) des deutschen Waldes konnte in der Statistik als gesund eingestuft werden, 39 Prozent (2012: 36 Prozent) mußten als mittelstark geschädigt und 23 Prozent (2012: 25 Prozent) als stark geschädigt ausgewiesen werden. Bei den Buchen waren 35 Prozent stark geschädigt (2012: 38), mittelstark geschädigt waren 42 Prozent (2012: 40), gesund eingeschätzt wurden 23 Prozent (2012: 22). 42 Prozent (2012: 50) der Eichen wurden als stark geschädigt und 39 Prozent (2012: 33) als mittelstark geschädigt registriert. Nur 19 Prozent (2012: 17) der Eichen sind gesund. Bei den Fichten sind 24 Prozent (2012: 25) stark geschädigt und 38 Prozent (2012: 35) mittelstark geschädigt - gesund sind nur noch 24 Prozent (2012: 25). Bei den Kiefern sind 11 Prozent (2012: 11) stark geschädigt und 42 Prozent (2012: 39) mittelstark geschädigt - gesund sind nur noch 47 Prozent (2012: 50).

Nachträgliche Anmerkung (11.03.14):
In der 'Süddeutschen Zeitung' ist heute zu lesen: "Jeder kann kranke Bäume sehen." Dies sei der Grund, warum "ein kleines Wunder" zu verzeichnen sei und dem deutschen Wald geholfen werde. Leider ist es genau umgekehrt. Laien erkennen die Waldschäden erst, wenn die Bäume bereits am Absterben sind. Vorher werden sie jedoch gefällt - und solange in breiten Bevölkerungskreisen kein Wissen von der schleichenden Katastrophe vorhanden ist und kein öffentlicher Druck entsteht, bewegt sich die Parteien-Politik keinen Schritt.

 

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Nationalpark im Schwarzwald kommt
      Kleiner Fortschritt in Baden-Württemberg (28.11.13)

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      als in den 1980er-Jahren (4.02.13)

      Wald-AIDS greift um sich
      Zustand der Buchen auf historischem Tiefpunkt (2.03.12)

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      Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
      Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig" (29.07.11)

      Keine Entwarnung bei Wald-AIDS
      Zustand kaum verändert (1.02.11)

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      und wenig Promille (18.08.10)

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      13 Millionen Hektar pro Jahr (26.03.10)

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      Wald-AIDS im Jahr 2005
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