Ausländerfeinde
und Grundgesetzgegner

Der Leserbrief vom 06.10.2000 wurde am 16.10. stark zensiert veröffentlicht.
Die zensierten Passagen sind hier rot wiedergegeben.

Interessanterweise wurde am 12.10. zusammen mit einem Artikel auf Seite 1 die Rede von Günter Grass vor dem Europarat veröffentlicht, die einigen Wirbel verursachte. Grass sagte immerhin: "Politiker sind mitverantwortlich für den Rechtsradikalismus". Er nannte dabei allerdings nur Stoiber (CSU), Koch (CDU) und Schily (SPD), der die schreckliche Praxis seines Vorgängers fortsetze, beim Namen. Im Hinblick auf Artikel 16 unserer Verfassung wird er einigermaßen deutlich: "... will ich mich darauf beschränken, die Demontage des Asylparagraphen in der Verfassung der Bundesrepublik und die Folgen dieser auch von der SPD mitgetragenen Entscheidung als einen der Gründe zu nennen, die zum Anwachsen des Rechtsradikalismus und zum Anschwellen der Gewalttätigkeiten geführt haben. Seitdem ist der inhumane Umgang mit Asylsuchenden zur rechtsstaatlichen Praxis geworden. Mehr noch, in ihrer Alltäglichkeit erregen selbst skandalöse Vorgänge kaum noch die Öffentlichkeit."
Der vollständige Text der Rede von Günter Grass ist zu finden unter: www.netzwerk-regenbogen.de/GrassEuropa.html

 

Zum Artikel "Ein Stück Opposition in den eigenen Reihen" v. 5.10.2000 über die Ausländerbeauftragte Marieluise Beck.

Um es vorneweg zu sagen: Die größten Ausländerfeinde und Grundgesetzgegener sitzen auf der Regierungsbank - jedenfalls gemessen an ihrer Wirkung. Deutschland war in seiner Geschichte noch nie so hermetisch gegen Asylsuchende und Flüchtlinge abgeschottet wie heute. Das Grundrecht auf Asyl, das einmal auf Grund der am eigenen Leibe gemachten Erfahrungen ins Grundgesetz geschrieben wurde, ist praktisch abgeschafft. Auch unter der jetzigen Regierung wurde der verfassungswidrige Zustand aufrechterhalten.

Grundgesetz-Artikel 16 - das Asylrecht - wurde am 26.05.1993 so geändert, daß es ad absurdum geführt wurde. In einem Kommentar in der Badischen Zeitung schrieb am 27.05.1993 Ulrich Rose auf Seite 1: "Übel aber ist, was im Parlament beschlossen wurde, und zwar aus vielen Gründen. Vor allem die geradezu zynische Rechtskonstruktion von "sicheren Drittstaaten" läßt vom Artikel 16 wenig mehr als eine leere Hülle: Nicht mehr die Flucht- G r ü n d e entscheiden darüber, ob jemand, der ins Land kommt, Asyl für sich beanspruchen kann, sondern nur noch der Flucht- W e g. "

Der einzige Unterschied zwischen unseren Regierenden und Haider besteht darin, daß diese sich als Ausländerfreunde geben und heucheln, während Haider wenigstens ehrlich ist. Eine Regierungspolitik, die seit Jahren ohne erkennbaren Bruch die Sozialschwachen mit dem Druckmittel der Arbeitslosigkeit weiter schröpft, während sich die Schere zwischen Armen und Reichen immer mehr öffnet und die Zuwanderung von Menschen als Gefahr hinstellt, bewirkt nichts anderes als eine allgemeine Fremdenfeindlichkeit - auch wenn öffentlich das Gegenteil gepredigt wird.

Um die Wirtschaft weltmarkttauglich zu halten wird permanenter Sozialabbau betrieben - mit dem Argument, kein Geld sei in den Kassen und es müsse gespart werden. Auf der anderen Seite werden aktuell 25.000 Millionen für Kampfjets (Eurofighter), 18.000 Millionen für Militärhubschrauber, 8.000 Millionen für Fregatten F124/125 und 7.000 Millionen Mark für gepanzerte Truppentransporter ausgegeben.

Und unsere Waffenexporte tragen wiederum zum Elend in der Welt bei und damit zu Flüchtlingsströmen, die hierzulande unerwünscht sind. Auch die meisten Deutschen aus den unteren sozialen Schichten würden nicht freiwillig ihren Platz hierzulande mit diesen Menschen tauschen !

Wo liegt die Alternative ? Ich denke, unsere Wirtschaft, die primär exportorientiert ist, müßte vom Weltmark weitgehend abgekoppelt und autark gemacht werden. Nur so wäre dem globalen Konkurrenzdruck zu entgehen und damit der davon ausgehende soziale Druck zu mildern. Wir müßten uns davon verabschieden, daß Deutschland zu den reichsten Industrienationen der Welt zählt. Das obere Drittel dieser Gesellschaft müßte sich mit erheblich geringerem Einkommen zufrieden geben. Und nicht zuletzt denke ich, daß nur durch eine grundlegende Umorientierung unserer Wirtschaft auch ein Frieden mit der Natur, ein Ende der Zerstörung unserer eigenen Lebensgrundlagen zu erreichen ist.

Unsere heutige expansive Wirtschaftsstruktur, die in einer endlichen Welt unsere Lebensgrundlagen zerstört, unser soziales Zusammenleben vergiftet und das Elend von zwei Dritteln der Menschheit verursacht, führt uns sonst unweigerlich in eine globale Katastrophe.

 

Klaus Schramm

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