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Mehrweg-Systeme wie etwa die Mehrweg-Glasflasche für Mineralwasser werden seit Jahren mehr und mehr zurückgedrängt. Nur beim Bier kann sich die Halbliter-Mehrwegflache aus Glas bei rund 90 Prozent gegenüber 10 Prozent Bier in Plastikflaschen oder Dosen behaupten. Über Dreiviertel aller Erfrischungsgetränke werden heute - überwiegend von Discountern - in Einwegflaschen verkauft. Nachdem ein Pfandsystem eingeführt wurde, werden Einwegflaschen und -verpackungen zwar zurückgebracht. Sie werden jedoch nicht wiederverwendet, sondern weit überwiegend verbrannt, was als thermisches Recycling verbrämt wird. Das vom damaligen Minister Jürgen Trittin eingeführte Pfand hat nicht zuletzt dazu geführt, daß der Unterschied zwischen Mehrweg und Einweg bei den VerbraucherInnen mehr und mehr verwischt wurde. Um vor allem der Mehrweg- Glasflasche bei den VerbraucherInnen wieder zum Erfolg zu verhelfen, verweisen Umwelt-Organisationen wie der BUND immer wieder auf den Beitrag des Mehrweg-Systems für den Klimaschutz.
Eine Glas-Mehrwegflasche wird im Durchschnitt 40-mal wiederbefüllt, bevor sie ausgetauscht und eingeschmolzen wird und als neue Glas-Mehrwegflasche wieder in den Umlauf zurückkehrt. Sie reduziert damit am effizientesten das Abfallaufkommen und besitzt die beste Klimabilanz unter allen Verpackungsarten. Durch die häufige Wiederbefüllung und die im statistischen Vergleich kurzen Transportstrecken wird beim Einsatz von Mehrwegflaschen beispielsweise bei Mineralwasser nur rund 55 Prozent des klimaschädlichen Kohlendioxid erzeugt wie bei Mineralwasser in Plastik-Einwegflaschen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Ökobilanz des Heidelberger Ifeu-Instituts. Demnach verursachen tausend Liter Mineralwasser in Glas-Mehrwegflaschen 84 Kilogramm Kohlendioxid-Emissionen - die gleiche Menge in Einwegflaschen aus Plastik dagegen 139 Kilogramm Kohlendioxid.
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Damit wurden ältere Studien von UmweltschützerInnen bestätigt und anders- lautende Behauptungen der Verpackungs- industrie widerlegt. Der Hauptgrund für den eklatanten Unterschied liegt darin, daß die Anderthalb-Liter-Flaschen der Discounter als Einweg nicht nur mehr Ressourcen verbrauchen, sondern auch wesentlich größere Strecken zurücklegen. Damit wird der Gewichtsvorteil mehr als wett gemacht. Bei einem objektiven Vergleich müssen die realen Wege ermittelt werden. In den interessegeleiteten Studien der Verpackungsindustrie wurden dagegen Phantasiezahlen zugrunde gelegt. Die großen Transportwege beim Einweg werden dadurch verursacht, daß in Deutschland nur fünf Großabfüller mit 16 Außenposten existieren. Dagegen haben die mehrwegorientierten Mineralwasser-Brunnen - also die Firmen, die Mineralwasser fördern und in Flaschen abfüllen - rund 180 Standorte. Dort werden die Flaschen gereinigt und wiederbefüllt. Eine sorgfältige Wege-Analyse des Ifeu-Instituts ergab, daß Mineralwasser in Mehrweg-Flaschen durchschnittlich 258 Kilometer bis zu den KundInnen unterwegs ist, während es sich bei Plastik-Einweg um 482 Kilometer handelt. Dennoch nimmt der Marktanteil inbesondere von PET-Einweg immer mehr zu. PET steht für den Kunststoff Poly-Ethylen-Terephtalat. Der größte Teil der rücklaufenden Flaschen wird verbrannt. Ein kleinerer Teil wird geschreddert und als Sekundärrohstoff für andere Produkte verkauft. Bestenfalls werden daraus aufwendig und energieintensiv neue Einwegflaschen hergestellt. In der Regel werden bei einem Pseudo-Recycling von Kunststoff-Flaschen zuvor sortenreine durch solche aus Verbund-Mehrschicht-Materialien - sogenannte compounds - ersetzt. BASF hat 2007 den Anteil von sortenreinen Kunststoffverpackungen bezüglich des gesamten Kunststoff-Hausmülls auf 11 Prozent beziffert. PET-Flaschen werden etwa 15 bis 25 Mal wiederbefüllt, ehe sie eingeschmolzen werden. Zudem: Beim sogenannten Recycling von Kunststoffen schwinden die Materialeigenschaften, sodaß immer ein gewisser Anteil primärer Kunststoff beigefügt werden muß.
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