21.10.2005

Artikel

Europaweite Solidarität
mit AEG-Beschäftigten

Proteste in 7 Ländern gegen Electrolux

Heute haben Beschäftigte im Nürnberger AEG-Werk, das zum Electrolux-Konzern gehört, sowie an Electrolux-Standorten in sechs weiteren europäischen Ländern gestreikt. Der Europäische MetallarbeiterInnenverband EMB hatte zu Protesten aufgerufen.

In Nürnberg beteiligen sich rund tausend Beschäftigte an der "Werkschließung", bei der seit der Frühschicht der Werks-Eingang blockiert wird. Die Arbeit soll - entgegen dem Votum des "Vertrauenskörpers" der IG Metall - nicht bereits gegen zehn Uhr wieder aufgenommen werden. Eine breite Mehrheit der Betriebsversammlung hatte nach ausführlicher Diskussion beschlossen, bis zum Beginn der Spätschicht zu streiken. Am Samstag soll also wieder gearbeitet werden. Der AEG-Betriebsratsvorsitzende Harald Dix gab sich heute martialisch: "Electrolux greift europaweit an, wir schlagen europaweit zurück." Die Belegschaften werden genau beobachten müssen, ob nicht letztlich die Gewerkschaftsspitze die Linie vorgibt und es alsbald heißt: "... und wir weichen europaweit zurück."

Anlaß der heftigen Gegenwehr der Gewerkschaftsbasis sind die vom Electrolux-Konzern angekündigten Pläne1, das AEG-Werk in Nürnberg zu schließen und die Arbeitsplätze nach Polen zu verlagern. Inzwischen wurde bekannt, daß die gesamte Fertigung aus Westeuropa in Billiglohn-Länder verlegt werden soll. Electrolux-Werke in Fuenmayor (Spanien), in Florenz (Italien) und Marienstad (Schweden) sollen zuvorderst betroffen sein.

Bereits am 5. Oktober protestierten die AEG-Beschäftigten in Nürnberg, wurden aber von der IG Metall auf "Aktionen" am 24. Oktober vertrösten. Mit diesen "Aktionen" wurde die Hoffnung verknüpft, damit könne der Aufsichtsrat des Mutter-Konzerns Electrolux beeindruckt werden, der an diesem Tag tagen und über die Produktions-Verlagerung beraten sollte. Nun wurde dieser Termin jedoch von der Unternehmensleitung verschoben. Die Belegschaft deutete inzwischen die Bereitschaft zu "Einschnitten" an (35 Stunden arbeiten - Lohn nur für 30 Stunden) und so spielt die Unternehmensleitung auf Zeit und auf Salamitaktik: 500 Beschäftigte sollen sofort entlassen werden und über weiteres erklärte sich Konzern-Chef Johan Bygge verhandlungsbereit.

Die Forderungen des Europäischen MetallarbeiterInnenverbandes sind rein defensiv. Er sollen keine weiteren Schließungen und betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden und gemeinsam soll nach "sozialverträglichen" Lösungen gesucht werden. Dabei seien dann die "regionalen Auswirkungen" zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird eine "neue industrielle Strategie" gefordert, die mit Hochtechnologie die Zukunft der Hausgerätefertigung von Electrolux in Europa garantieren könnte.

Ob es der Konzern-Leitung ähnlich wie bei Opel im Oktober 2004 gelingen wird, mit dem Angebot "sozialverträglicher" Auffanggesellschaften die Belegschaft zu spalten, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Schon bei Opel waren allerdings Gegenmodelle diskutiert worden: Eine nachhaltige Perspektive bietet eine Werksübernahme in Eigenregie und die Umstellung von "Hochtechnologie" auf das 3-Liter-Auto oder auf den Markt für energiesparende Elektrogeräte.

Am 29. Oktober steht eine IG-Metall-Mitgliederversammlung an, auf der über weitere Kampfmaßnahmen beraten werden soll. Es wäre zudem die Gelegenheit, eine Tarifkommission zur Vorbereitung eines regulären Streiks zu bilden.

Auch bei Infineon in München stehen die Zeichen auf Streik für die Erhaltung von Arbeitsplätzen. Bei einer Urabstimmung, an der sich nahezu alle Gewerkschaftsmitglieder beteiligt hatten, stimmten rund 93 Prozent für Streik. Immer häufiger wird über konzernweite, multinationale und unbefristete Streiks diskutiert.

 

Ute Daniels

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unsere Artikel:

      'Nürnberg: Werksbesetzung durch AEG-Beschäftigte
      Widerstand gegen Produktions-Verlagerung' (6.10.05)

Weiter Infos:

www.labournet.de

www.netzwerkit.de/projekte/aeg/

 

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