27.05.2004

Rechtfertigung für Afghanistan-Krieg
läßt auf sich warten

Nicht daß es je glaubwürdig gewesen wäre, was als Gründe für den Afghanistan-Krieg verbreitet worden war: Daß er aus "humanitären" Gründen, zur Errichtung einer Demokratie (die in den USA schon lange beseitigt ist) oder als "Krieg gegen den Terror" geführt worden wäre... Und nicht, daß solche Gründe - seien sie denn redlich - je einen Krieg rechtfertigen könnten... Aber dennoch ist es wichtig, dem (vorhersehbaren) Desinteresse der Massenmedien am gegenwärtigen Schicksal Afghanistans etwas entgegenzusetzen und die vorgeblichen Kriegs-Ziele mit der Realität in Afghanistan zu vergleichen1.

In einem aktuell vorgestellten Bericht über die Arbeit der Deutschen Welthungerhilfe ist nun - ignoriert von den Massenmedien - auch etwas über Afghanistan zu erfahren. So mußte die Organisation hilflos mit ansehen, daß Gelder zweckentfremdet wurden. Bauern in Nordafghanistan hatten (allerdings viel zu geringe) Zahlungen erhalten, um vom Anbau von Schlafmohn zur Gewinnung von Opium und Heroin auf Nutzpflanzenproduktion umzusteigen. Teilweise hätten sie diese Gelder sowie die ebenfalls von der Welthungerhilfe finanzierten neuen Bewässerungsanlagen dazu genutzt, den Schlafmohnanbau auszudehnen, mußte nun festgestellt werden. Oftmals sei der Anbau von Drogengrundstoffen die einzige Möglichkeit für die Bauern, den Lebensunterhalt ihrer Familien zu sichern. Alle Programme zur Anbaukonversion, egal in welchem Teil der Welt, sind bisher gescheitert - mit einer Ausnahme: es waren ausgerechnet die Taliban. Bereits 2002 hatte sich die Mohn-Produktion in Afghanistan gegenüber der Zeit der Taliban-Herrschaft nach unabhängigen Schätzungen verdoppelt. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich vor Augen hält, daß ein afghanischer Bauer für ein Kilo Rohopium soviel erlöst, wie für 3.500 Kilo Weizen, und daß eine Prämie von rund 1.200 Euro pro Hektar geboten wird, während an einem Hektar Mohn aber bis zu 15.000 Euro allein mit dem Ersterlös zu verdienen ist.

Wenig bekannt ist auch folgendes Detail, das von der Deutschen Welthungerhilfe berichtet wurde. Die in Kundus eingesetzten Bundeswehreinheiten müssen über den dortigen Mohnanbau hinwegsehen. Als Begründung sei der Hilfsorganisation die "fragilen Sicherheitslage" vor Ort genannt worden. Darüber hinaus müssen diese Bundeswehreinheiten sogar mit den örtlichen Drogenbaronen kooperieren.

 

Adriana Ascoli

 

Anmerkung:

1 Siehe auch unseren Artikel
    Afghanistan - eine Bilanz der "Befreiung" (23.05.03)

 

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