13.11.2015

Finnisches "Endlager"-Projekt Onkalo
von Regierung genehmigt

Stollen des finnischen Endlager-Projekts Onkalo - Foto: Posiva Oy
Bereits vor sechs Jahren wurde publik, daß das von Finnland und Schweden verfolgte "Endlager"-Konzept mit der Einkapselung hoch-radioaktiver Brennelemente in Kupfer untauglich ist. Dennoch treibt die finnische Atom-Mafia den Bau eines vermeintlichen Atommüll-Endlagers weiter voran - und erhielt nun die Baugenehmigung durch die finnische Regierung.

Großspurig verkündete der finnische Wirtschaftsminister Olli Rehn, das finnische Atommüll-"Endlager" werde das weltweit erste sein. Dabei geht es der finnischen Atom-Mafia, in deren Diensten der langjährige EU-Kommissar Rehn tätig ist, lediglich darum, mit dem Versprechen eines Endlagers die "Renaissance der Kernenergie" durchzusetzen. Doch auch hierbei handelt es sich um eine mittlerweile seit 20 Jahren - besonders von US-Präsident George W. Bush - immer wieder erneuerte Ankündigung, die sich bislang als Chimäre erwiesen hat.

Das AKW-Projekt Olkiluoto wurde im August 2005 begonnen und sollte schlüsselfertig zu einem Fix-Preis von 3,2 Milliarden Euro bis 2010 fertiggestellt werden. Nach inzwischen viermaligem Aufschub des Fertigstellungsdatums heißt es, der EPR-Reaktor des 2014 pleite gegangenen französischen Atom-Konzerns Areva werde 2016 ans Netz gehen. Die Baukosten haben sich längst verdreifacht und liegen nach offizieller Auskunft bereits jetzt bei über 10 Milliarden Euro.

Ob das Atommüll-"Endlager" Onkalo in unmittelbarer Nähe der AKW-Baustelle Olkiluoto jemals fertiggestellt wird, ist daher äußerst fraglich. Trotz der jetzt erfolgten Genehmigung durch die finnische Regierung, soll mit dem Bau erst 2023 begonnen werden. Dabei hatte die 'Neue Züricher Zeitung' schon im vergangenen Jahr mit einem Artikel den Eindruck zu verbreiten versucht, in Finnland sei eine Lösung der Endlager-Problematik gefunden worden: "An der Westküste Finnlands entsteht das weltweit erste Endlager für hochradioaktive Abfälle. (...) Seit dem Baubeginn im Jahr 2004 haben sich die Bohrgeräte 455 Meter tief in den Gestein unter Olkiluoto gefressen." Aber auch im 'Deutschlandfunk' klang heute der Optimismus der Kernkaft-Kirche durch: "Während Deutschland noch über sein erstes Atommüll-Endlager streitet, schaffen die Finnen Fakten."

Laut den - nach wie vor unverändert vorliegenden - Plänen der Firma Posiva sollen bis zu 6.500 Tonnen hoch-radioaktiver Atommüll in rund 450 Meter Tiefe im Gestein einer vorgelagerten Halbinsel im Südwesten Finnlands am Bottnischen Meerbusen eingelagert werden. Die Kosten werden offiziell - derzeit - auf 3,5 Milliarden Euro veranschlagt. Das Endlager-Konzept sieht vor, die hoch-radioaktiven ausgedienten Brennelemente aus Atomkraftwerken in rund 5 Meter lange Kupfer-Kapseln mit 5 Zentimeter dicken Wänden einzuschweißen. Diese wiederum sollen in den unterirdischen Stollen mit Bentonit umgeben werden, um sie auf diese Weise - angeblich - vor möglicher Weise eintretendem Wasser zu schützen. Bentonit - so die Theorie - dehnt sich ähnlich wie Opalinuston bei zutretender Feuchtigkeit aus und umschließt die Kupfer-Kapseln wie ein Dichtungsmittel. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß durch unterirdische Spalte eindringendes Wasser das die Kapseln umhüllende Bentonit hinwegschwemmt.

Bei dem Gestein im Untergrund der Halbinsel handelt es sich nicht einmal um einen einheitlichen Granit-Block, wie fälschlich immer wieder behauptet wurde. So wurden gelegentlich auch die Gesteins-Arten Granit und Gneis als synonym behandelt. Dabei handelt es sich bei Gneis geologisch nur um einen diffusen Oberbegriff. Dieser Begriff wurde von der finnischen Kernkraft-Kirche offenbar deshalb bevorzugt verwendet, weil es sich tatsächlich nicht einmal um einen brüchigen, von Spalten durchzogenen Granit-Untergrund handelt, sondern lediglich um "kristallines" Mischgestein. Bei einem einheitlichen Granit-Block wäre es allerdings nötig gewesen, bei Bohrungen für ein "Endlager"-Projekt vorsichtig vorzugehen, um Riß-Bildungen zu vermeiden. Das US-amerikanische Endlager-Projekt im Yucca Mountain in Nevada wurde 2004 gerichtlich gestoppt, weil sich herausgestellt hatte, daß der dortige Granit - entgegen ersten Annahmen - von Rissen durchzogen ist. Doch unter den gegebenen Bedingungen konnten in Finnland in den vergangenen Jahren die 455 Meter tiefen Stollen - ohne weitere Schäden anzurichten - sowohl mit Bohrmaschinen als auch mit Sprengungen vorangetrieben werden. Lange Furchen in der zerklüfteten Felswand zeugen noch von der Sprengtechnik, die beim Bau der unterirdischen Stollen verwendet wurde. Daher mußten die Wandungen zur Stabilisierung "vereinzelt" mit Spritzbeton stabilisiert werden. Außerdem sind in den unterirdischen Wänden glitzernde Glimmer-Adern erkennbar, die geologische Bruchlinien im Fels markieren. Selbst der in das Schweizer "Endlager"-Projekt involvierte Geologe an der ETH Zürich, Simon Löw, mußte schon vor Jahren einräumen, daß beim finnischen Projekt gar nicht festzustellen ist, wo ausreichend große, dichte Felsblöcke liegen, in denen radioaktiver Müll sicher eingelagert werden könnte.

Ob so tatsächlich Stollen für eine auch nur für tausend Jahre dichte Atommüll-Deponie geschaffen werden können, spielt offenbar auch gar keine Rolle. Denn schon 2009 hatten WissenschaftlerInnen nach Langzeit-Materialtests festgestellt, daß Kupfer-Kapseln zur Ummantelung verbrauchter, radioaktiver Brennstäbe untauglich sind. Das Metall bleibt nicht einmal tausend Jahre dicht (Siehe unseren Artikel v. 30.09.09).

WissenschaftlerInnen der Technischen Hochschule (KTH) in Stockholm stellten fest, daß auch unabhängig vom Wirtsgestein der vorgesehene Einschluß des radioaktiven Mülls in Kupfer-Kapseln nicht die versprochene Langzeit-Sicherheit bietet. Die Hinterlassenschaften des "Atomzeitalters" müssen mindestens für eine Million Jahre sicher von der Biosphäre ferngehalten werden. Doch Kupfer bleibt nicht einmal für die von der Kernkraft-Kirche genannten 100.000 Jahre stabil. Nach den veröffentlichten Forschungs-Ergebnissen zersetzt sich Kupfer auch in weitestgehend sauerstoff-freier Umgebung. Peter Szakalos, KTH-Projektleiter für Metallkorrosion, erklärte vor 6 Jahren, daß die vorgesehenen Kupfer-Kapseln vermutlich nicht einmal 1.000 Jahre dicht bleiben. "Sollen sie 100.000 Jahre halten, müßten die Wände statt 5 Zentimeter 5 Meter dick sein." Die bis heute vorgesehenen Kapseln wiegen jedoch bereits jeweils 8 Tonnen.

Es ist schlicht Irrsinn, daß die Atom-Mafia in mehreren europäischen Staaten völlig untaugliche "Endlager"-Projekte vorantreiben darf. In der Schweiz etwa ist der gesamte Untergrund wegen der erdgeschichtlichen Auffaltung der Alpen seismisch aktiv. Von der Tatsache abgesehen, daß die zur Einlagerung von Atommüll in der Schweiz vorgesehenen Opalinuston-Schichten an keinem der "möglichen Standorte" eine vertikale Ausdehnung von mehr als 120 Meter vorweisen können - und somit völlig unzureichend sind - , ist allein das Erdbeben-Risiko in der Schweiz Grund genug, ein Atommüll-Endlager für mindestens eine Million Jahre in der Schweiz als völlig unrealistisch zu betrachten. Dennoch führt die Schweizer Regierung seit über drei Jahren die Schmieren-Komödie einer vermeintlich demokratischen und transparenten nationalen "Endlager-Suche" auf. Und der heutige baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann bestätigte dies schon vor Beginn seiner Amtszeit in einem Interview mit der 'Badischen Zeitung' am 20. November 2010 als vorbildlich: "Wir brauchen ein transparentes Verfahren mit Bürgerbeteiligung nach Schweizer Muster."

Statt dessen wäre es sinnvoll, nach der Stilllegung sämtlicher Atomkraftwerke weltweit eine von unabhängigen WissenschaftlerInnen begleitete Suche nach einem globalen "Endlager"-Standort zu organisieren - einem Standort, der am wenigsten unsicher ist. Denn erst nach dem definitiven Ende des "Atomzeitalters" wird es keinen finanziellen Anreiz mehr geben, einen völlig untauglichen Standort zum Atommüll-"Endlager" zu deklarieren.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Explosionen in Atommüll-Deponie
      im US-Staat Nevada (26.10.15)

      Wendland steht zusammen
      Kotting-Uhl erlebt Fiasko als "Botschafterin" (1.10.15)

      Atommüll-Konferenz contra
      contra "simulierte Bürgerbeteiligung" (21.06.15)

      Bundeskabinett setzt weiter auf Gorleben
      BI hofft auf Justiz (26.03.15)

      Kein Feigenblatt für Atommüll-Endlager-Kommission
      Verbände lehnen Anhörung ab (29.10.14)

      Atommüll-Endlager-Kommission steht
      Schlag gegen die Anti-AKW-Bewegung (19.05.14)

      BUND fällt um
      Teilnahme an Atommüll-Endlager-Kommission (13.04.14)

      "Das geht gar nicht"?
      Eine Antwort auf Kotting-Uhls "Einladung" (4.02.14)

      Greenpeace, BUND und Robin Wood nehmen
      an Endlager-Kommission nicht teil (19.08.13)

      "Schwarz-Rot-Gelb-Grün" einigt sich
      auf Endlager-Such-Gesetz
      Ziel bleibt Gorleben (14.06.13)

      "Nein Danke" zu Altmaiers Einladung
      Anti-AKW-Gruppen lehnen Perversion der Bürgerbeteiligung ab
      (29.05.13)

      BI Lüchow Dannenberg warnt
      vor neuem Endlagersuchgesetz (29.07.12)

      Das ungelöste Problem der Endlagerung
      Info-Serie Atomenergie - Folge 12

 

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