In den Mainstream-Medien wird derzeit verbreitet, nach der Abschaltung von 8 der 17 deutschen Atom-Reaktoren seien die Strom-Importe gestiegen. Damit wird suggeriert, die seit vielen Jahren von LobbyistInnen der Atom-Branche verbreitete Legende, wonach bei einem deutschen Atom-Ausstieg nichts gewonnen sei, weil dann entsprechend mehr Atom-Strom aus dem Ausland importiert werden müsse, träfe zu. Entscheidend ist jedoch die Bilanz von Strom-Importen und Strom-Exporten.
In dem Münchner Magazin 'focus' ("Fakten! Fakten! Fakten!") hieß es etwa unter der Überschrift: "Nach AKW-Abschaltung steigen Strom-Importe": "Allein aus aus Frankreich wurden 10,4 Milliarden Kilowattstunden Strom und damit 51 Prozent mehr elektrische Energie als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs bezogen." Dies wurde ungeprüft von etlichen Zeitungen und Internet-Medien weiterverbreitet. Laut 'focus' wurde in erster Linie Atom-Strom importiert. Das Magazin berief sich dabei auf Zahlen des als zuverlässig geltenden Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
Nun ist zunächst einmal festzuhalten, daß es sich bei dem von Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündeten "Atom-Ausstieg" - ebenso wie bei dem, der vor elf Jahren von "Rot-Grün" verkündet wurde - lediglich um ein Versprechen handelt. Und was von solchen Versprechen zu halten ist, war in den vergangenen elf Jahren zu beobachten: Es wurden - in den Jahren 2003 und 2005 - lediglich zwei von insgesamt 19 Atom-Reaktoren stillgelegt. In diesem Jahr wurden nun auf einen Schlag acht weitere Atom-Reaktoren stillgelegt - doch neun bleiben in Betrieb. Auf irgendwelche Versprechen, wann diese neun nach der kommenden Bundestagswahl im Jahr 2013 stillgelegt werden sollen, ist bekanntlich kein Verlaß.
Bereits im Juni vergangenen Jahr wurde ersichtlich, daß im ersten Quartal 2010 in der Bilanz aus Strom-Importen und -Exporten insgesamt ein Export-Überschuß von mehr als 9 Milliarden Kilowattstunden zu verzeichnen war (Siehe unseren Artikel v. 17.06.2010). Dies bedeutet, daß acht von 17 Atom-Reaktoren in diesem Zeitraum überflüssig waren. Insgesamt jedoch ist der deutsche Kraftwerkspark derart überdimensioniert - viele Kraftwerke werden nur kurzfristig hochgefahren -, daß auch die Stilllegung sämtlicher Atom-Reaktoren von heute auf morgen möglich wäre, ohne daß Deutschland von Strom-Importen abhängig würde (Siehe unseren Artikel v. 10.05.2011).
Wer sich nicht auf die Nachrichten der Mainstream-Medien verlassen wollte, konnte vom BDEW die nötigen Zahlen erfahren, um sich einen Überblick zu verschaffen: Der Strom-Export betrug im ersten Halbjahr 2011 rund 29 Milliarden Kilowattstunden, der Import lag bei rund 25 Milliarden Kilowattstunden. Daraus ergibt sich laut BDEW ein Export-Überschuß von 4,2 Milliarden Kilowattstunden.
Statt "Fakten! Fakten! Fakten!" - Lügen! Lügen! Lügen! Damit hat sich wieder einmal gezeigt, was von der Mär zu halten ist, Deutschland werde im Falle eines Atom-Ausstiegs von Strom-Importen abhängig.
Nebenbei erklärt der BDEW die auf den ersten Blick erstaunlich hohen Mengen an Strom-Importen und Exporten: "Deutschland ist mit seiner zentralen Lage in Europa Drehscheibe des europäischen Stromflusses und tauscht Elektrizität unmittelbar mit neun benachbarten Staaten aus. Bei einem großen Teil dieser grenzüberschreitenden Flüsse handelt es sich nicht um vertraglich vereinbarte Lieferungen, sondern um Transitmengen und Ringflüsse." Und wie bei der von Bundeskanzlerin Merkel so oft beschworenen schwäbischen Hausfrau zählen nicht allein die Ausgaben, sondern es zählt die Bilanz aus Einnahmen und Ausgaben.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Deutscher Stromexport beweist:
8 AKW überflüssig (17.06.10)
Atom-Ausstieg teuer?
Im Gegenteil: Ersparnis von jährlich
mehr als 8 Milliarden Euro (10.05.11)