14.02.2004

Interviews

"Die Zeit der Atomkraftwerke
ist eigentlich vorbei"

UNFALL IM AKW FESSENHEIM
Reaktionen von AnwohnerInnen

Interviews von Klaus Schramm (Text und Fotos)

Hannelore Schäfer (47), Naturkost-Kauffrau
aus Norsingen:
"Wir sind hier in der 30-Kilometer-Zone. Wenn Fessenheim hochgeht, werden wir sowieso nicht rechtzeitig evakuiert. Da glaube ich nicht dran. Eher wird alles abgeriegelt. Da muß man sich mal den ganzen logistischen Aufwand überlegen: Essen, Trinken, Zeltcamps für all die Menschen. Im Übrigen glaube ich auch nicht daran, daß die deutschen Atomkraftwerke sicherer wären. Die sind grundsätzlich gefährlich. Die Zeit der Atomkraftwerke ist eigentlich abgelaufen."

 

Elisabeth Redhaber (38), Frisörin
aus Bollschweil:
"Es war eine miserable Informationspolitik - vier Tage nach dem Unfall! Ich erinnere mich noch daran, daß einmal Notfall-Pläne veröffentlicht wurden: In Rimsingen und Hausen bekam man die Infos, in Munzingen nicht. Aber das hat sowieso keinen Sinn.
Es gibt so viele Möglichkeiten Strom zu erzeugen. Wenn nur jeder bereit wäre, ein bißchen zurückzustecken. Ich selber wäre gern bereit, fünf Stunden am Tag auf Strom zu verzichten, wenn dann alle Atomkraftwerke abgeschaltet würden."

 

Johanna Pfahler (52), Selbständige
aus Schallstadt:
"Im Laufe der Jahre stumpft man doch ab. Ich bin sicher, daß die Informationen aus Fessenheim sowieso nicht stimmen. Ich erinnere mich noch gut an die Bilder aus Tschernobyl. Unser Sohn war damals gerade ein Jahr alt. Er war in einer Krabbelgruppe. Und als er mit einem anderen Einjährigen im Gras spielen wollte, hab ich die beiden da rausgezogen. Hier in Schallstadt haben wir ja für den Fall eines GAU einen Bunker. Aber ich halte das genau so für Quatsch wie die Sache mit den Jodtabletten."

 

Frank Weber (21), Elektroinstallateur
aus Bollschweil:
"Unabhängig von dem Störfall denke ich, daß das Atomkraftwerk Fessenheim durch sein hohes Alter von 27 Jahren immer unsicherer wird. Ich hatte während meiner Ausbildung einmal damit zu tun. Wir haben festgestellt, daß im deutschen Stromnetz Spannungsschwankungen vorkommen, die auf das AKW Fessenheim zurückzuführen sind. Daran sieht man, daß es nicht mehr so sauber arbeitet, wie es eigentlich sollte. Aber aus Deutschland haben wir hier wenig Einfluß."

 

Anita Pelzl (43), Fachhauswirtschafterin
aus Schallstadt:
"Vertrauen hatte ich schon vor dieser Sache keines mehr. Risse im Atomkraftwerk Fessenheim wurden schon vor Jahren festgestellt und nichts ist passiert. Gegen Flugzeuge ist es auch nicht gesichert - und wie ich gehört habe - die in Deutschland genau so wenig. Dabei gäbe es Alternativen genug: Wind, Wasser, Sonnenenergie . . . Wir haben wenigstens jetzt die Windräder auf der Holzschlägermatte. Sicherer sind die allemal. Und das Erdöl geht schließlich auch bald zur Neige."

 

Thomas Wortmann (38), Musiker
aus Norsingen:
"Ich fürchte, das Atomkraftwerk Fessenheim ist das unsicherste in Frankreich. Die mangelhafte Information halte ich für sehr bedenklich. Der Nutzen der Jodtabletten hängt von der Informationspolitik ab. Wenn wir im Fall des Falles so spät wie jetzt informiert werden, dann ist's zu spät. Dabei ist die Zeit der AKWs eigentlich vorbei. Wir haben genug andere Möglichkeiten, am Oberrhein - etwa die Geothermie, die riesige Möglichkeiten bietet. Das müßte politisch in die Richtung gelenkt werden."

 

Anmerkung
Siehe auch unsere Artikel:

      Verbrecher in Fessenheim
      Arbeiter im AKW verstrahlt - Versuch der Vertuschung (29.01.04)

      AtomkraftgegnerInnen warnen
      vor neuem Tschernobyl in Frankreich (10.01.04)

 

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