UNFALL IM AKW FESSENHEIM
Reaktionen von AnwohnerInnen
Interviews von Klaus Schramm (Text und Fotos)
Hannelore Schäfer (47), Naturkost-Kauffrau
aus Norsingen:
"Wir sind hier in der 30-Kilometer-Zone.
Wenn Fessenheim hochgeht,
werden wir sowieso nicht rechtzeitig evakuiert.
Da glaube ich nicht dran. Eher wird
alles abgeriegelt. Da muß man sich mal den
ganzen logistischen Aufwand überlegen: Essen,
Trinken, Zeltcamps für all die Menschen.
Im Übrigen glaube ich auch nicht daran, daß
die deutschen Atomkraftwerke sicherer wären.
Die sind grundsätzlich gefährlich. Die Zeit
der Atomkraftwerke ist eigentlich abgelaufen."
Elisabeth Redhaber (38), Frisörin
aus Bollschweil:
"Es war eine miserable Informationspolitik
- vier Tage nach dem Unfall! Ich
erinnere mich noch daran, daß einmal
Notfall-Pläne veröffentlicht wurden: In Rimsingen
und Hausen bekam man die Infos, in Munzingen
nicht. Aber das hat sowieso keinen
Sinn.
Es gibt so viele Möglichkeiten Strom
zu erzeugen. Wenn nur jeder bereit wäre,
ein bißchen zurückzustecken. Ich selber
wäre gern bereit, fünf Stunden am Tag auf
Strom zu verzichten, wenn dann alle Atomkraftwerke
abgeschaltet würden."
Johanna Pfahler (52), Selbständige
aus Schallstadt:
"Im Laufe der Jahre stumpft
man doch ab. Ich bin sicher, daß die Informationen
aus Fessenheim sowieso nicht
stimmen. Ich erinnere mich noch gut an die
Bilder aus Tschernobyl. Unser Sohn war
damals gerade ein Jahr alt. Er war in einer
Krabbelgruppe. Und als er mit einem anderen
Einjährigen im Gras spielen wollte, hab ich
die beiden da rausgezogen. Hier in Schallstadt
haben wir ja für den Fall eines GAU einen
Bunker. Aber ich halte das genau so für
Quatsch wie die Sache mit den Jodtabletten."
Frank Weber (21), Elektroinstallateur
aus Bollschweil:
"Unabhängig von dem Störfall
denke ich, daß das Atomkraftwerk Fessenheim durch
sein hohes Alter von 27 Jahren
immer unsicherer wird. Ich hatte während
meiner Ausbildung einmal damit zu tun. Wir
haben festgestellt, daß im deutschen Stromnetz
Spannungsschwankungen vorkommen,
die auf das AKW Fessenheim zurückzuführen
sind. Daran sieht man, daß es nicht mehr
so sauber arbeitet, wie es eigentlich sollte.
Aber aus Deutschland haben wir hier wenig
Einfluß."
Anita Pelzl (43), Fachhauswirtschafterin
aus Schallstadt:
"Vertrauen hatte ich schon
vor dieser Sache keines mehr. Risse im Atomkraftwerk
Fessenheim wurden schon vor
Jahren festgestellt und nichts ist passiert.
Gegen Flugzeuge ist es auch nicht gesichert
- und wie ich gehört habe - die in Deutschland
genau so wenig. Dabei gäbe es Alternativen
genug: Wind, Wasser, Sonnenenergie . . . Wir
haben wenigstens jetzt die Windräder auf
der Holzschlägermatte. Sicherer sind die
allemal. Und das Erdöl geht schließlich auch
bald zur Neige."
Thomas Wortmann (38), Musiker
aus Norsingen:
"Ich fürchte, das Atomkraftwerk
Fessenheim ist das unsicherste in Frankreich.
Die mangelhafte Information halte ich für
sehr bedenklich. Der Nutzen der Jodtabletten
hängt von der Informationspolitik ab. Wenn
wir im Fall des Falles so spät wie jetzt
informiert werden, dann ist's zu spät. Dabei
ist die Zeit der AKWs eigentlich vorbei. Wir
haben genug andere Möglichkeiten, am Oberrhein
- etwa die Geothermie, die riesige Möglichkeiten
bietet. Das müßte politisch in
die Richtung gelenkt werden."
Anmerkung
Siehe auch unsere Artikel:
Verbrecher in Fessenheim
Arbeiter im AKW verstrahlt - Versuch der Vertuschung (29.01.04)
AtomkraftgegnerInnen warnen
vor neuem Tschernobyl in Frankreich (10.01.04)