Geplante "Entsorgung" verzögert sich weiter
Die geplante Verglasung der hochradioaktiven flüssigen Altlast des Kernforschungszentrums Karlsruhe konnte ein weiteres Mal nicht im zuvor bekanntgegebenen Zeitplan realisiert werden.1
Laut ursprünglicher Planung sollte mit der Verglasung der "Atomsuppe" in Glas-Kokillen im Jahr 2003 begonnen werden. Bereits 20051 hätten die Glaskokillen verschweißt und mit Castor-Transporten in ein Zwischenlager bei Rubenow (Mecklenburg-Vorpommern) transportiert werden sollen. Doch der Beginn der Verglasung verzögert sich weiter und weiter. Für jene, die eine "Entsorgung" des radioaktiven Mülls des Atomzeitalters immer als unproblematisch propagiert hatten, kommt dies einen Offenbarungseid gleich.
Zwischenzeitlich wurde als Start-Termin für die Verglasung offiziell das Jahr 2006 genannt. Dieser Tage nannte Peter Schira, Pressesprecher der für die Verglasung zuständigen WAK GmbH, nun die erste Jahreshälfte 2008 als voraussichtlichen Starttermin für die heiße Betriebsphase.
Mit den Jahren wachsen auch die Kosten, die von den SteuerzahlerInnen aufzubringen sind. Die Atom-Mafia handelte bereits 1991 Vertragsklauseln aus, nach denen sie mit der Zahlung eines Festbetrags von lediglich 511 Millionen Euro aus der Verantwortung entlassen wurde. So bleiben die Kostensteigerungen, woran wiederum Firmen profitieren, die mit der Atom-Mafia verfilzt sind, am "Betreiber" des Kernforschungszentrums Karlsruhe, also an Bund und Ländern, hängen. Wie im Kapitalismus nicht unüblich, werden die Profite privatisiert, Risiken und Folgekosten jedoch sozialisiert.
Rund 80.000 Liter hochradioaktive Abfall-Lösung, eine "Atomsuppe" mit 504 Kilogramm Uran und 16,5 Kilogramm hochgiftigem Plutonium als Einlage, dümpelt hinter drei Meter dicken Stahlbetonwänden vor sich hin. Sie muß permanent gekühlt werden, da sie sich durch radioaktive Spaltprozesse selbst erhitzt und hoch explosiv ist. Kühlung und Bewachung kosten Tag für Tag immense Summen und treiben die Kosten um so höher, je länger sich die geplante Verglasung hinauszögert. Wie bereits 2005 von der Landesregierung eingestanden werden mußte, hatten sich bis dato die Kosten bereits innerhalb von 14 Jahren auf 1,9 Milliarden Euro verdoppelt. Innerhalb von zwei Jahren sind sie nun um 12 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro angestiegen. Dennoch heißt es von Seiten der baden-württembergischen Landesregierung: Durch die Verzögerung seien keine Mehrkosten zu erwarten.
Doch nicht nur bei der Kostensteigerung nimmt die Hinterlassenschaft des Kernforschungszentrums Karlsruhe eine Spitzenposition ein - auch in der Statistik über "meldepflichtigen Ereignisse" des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) rangiert sie an erster Stelle - und das seit Jahren. Die Jahresberichte des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) verzeichnen seit Berichtsbeginn im Jahre 1999 205 "meldepflichtige Ereignisse". Im Jahr 2000 mußte gar der Diebstahl von Plutonium gemeldet werden. Und bereits nach einem Unfall am 23. März 1999, bei dem mehrere WAK-Mitarbeiter radioaktive Strahlung "inkorporierten", mußte festgestellt werden: Es lagen erhebliche Mängel in der Sicherheitskultur vor, daß eine Häufung menschlicher Fehler durch alle beteiligten hierarchischen Organisationsebenen nachgewiesen werden konnte.
Dennoch wurde am 28. Juli 2000 ein weiterer erschreckender Fall bekannt. Bei einer Bestandsprüfung wurde festgestellt, daß 37 unbestrahlte Brennelemente fehlten. Als Erklärung wurde angegeben, diese Brennelemente seien mehrheitlich schon zehn Jahre zuvor "versehentlich als Schrott entsorgt" worden. Mehrheitlich sollte dabei heißen: Für drei der 37 Brennelemente konnte keinerlei Erklärung für deren Verbleib beigebracht werden.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe hierzu unseren Artikel:
Kosten Atomausstieg Karlsruhe verdoppelt:
1,9 Milliarden Euro (17.05.05)