attac Deutschland wird fünf
Am Wochenende feierte attac bei einem "Ratschlag" in Mannheim das fünfjährige Jubiläum der Gründung in Deutschland. Nach den Massenprotesten gegen provokative Gipfeltreffen politischer Erfüllungsgehilfen der Globalisierung in Seattle (1999), in Göteborg, Prag oder Genua (2001) nahm eine diffuse Globalisierungskritik ihren Aufschwung. Als Auffangbecken zur Verhinderung einer weiteren Radikalisierung übernahm attac eine wichtige Funktion und wurde daher mit der Aufmerksamkeit der Mainstream-Medien verwöhnt.
Doch die Bedeutung, die dem Projekt beigemessen wurde und die mediale Aufmerksamkeit stand von Beginn an in krassem Gegensatz zur Zahl der Mitglieder oder gar zum Kreis der Aktiven, der sich zu einem großen Teil aus bezahlten gewerkschaftlichen Kräften zusammensetze. Die offizielle Mitglieder-Zahl von 16.000 ist beispielsweise bei einem Vergleich mit den 600.000 Mitgliedern der SPD, die gerade ihr 50-Jahres-Tief1 unterschritten hat, nicht sehr beeindruckend. Die anfängliche Euphorie vieler Jugendlicher, aber auch mancher Altlinker, die von der SPD in die innere Emigration getrieben worden waren, ist längst verflogen.
Merkwürdig mutet an, daß in den vergangenen fünf Jahren keine Antwort auf die Frage gefunden wurde, ob der Kapitalismus reformierbar sei und die "Auswüchse" der Globalisierung etwa mit dem Zaubermittel einer Tobin-Steuer geheilt werden könnte, oder ob die "andere Welt" jenseits von Kapitalismus zu suchen sei. Ebenfalls merkwürdig weit außerhalb des Horizonts von attac liegen politische Themen wie Atomenergie, Gentechnik und europäische Militarisierung...
Um das Ende von attac zu prophezeien, dürfte es allerdings noch zu früh sein. Möglicherweise wird die Organisation auch benötigt, um bei einem Regierungswechsel nach "Schwarz-Gelb" in 18 Monaten die Oppostitionstauglichkeit von "Rot-Grün" zu beglaubigen und die Wiederherstellung der "richtigen Fronten" zu begleiten. Aus gewissen Kreisen ist jedenfalls schon zu vernehmen, daß es dann darum gehen müsse, den "Atom-Ausstieg" gegen eine Merkel-Regierung zu verteidigen.
Harry Weber
Anmerkungen
1 Siehe auch unseren Artikel
'SPD benötigt Minderheitenschutz' (9.04.05)