14.07.2003

Berlins Tierleben
Kapitel 2:
Das Sozialverhalten der Raubtiere

Schon sprichwörtlich ist das innerspezifische Sozialverhalten mancher Vogelarten: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus:" Daß es auch unter Berliner Raubtieren keineswegs nach dem Motto "Kampf aller gegen alle" zugeht, sondern ein zuweilen ein geradezu liebevolles und zärtliches Sozialverhalten zu beobachten ist, enthüllt - man lese und staune - die 'Welt' in ihrer heutigen Ausgabe:

Wie die 'Welt' aus gewöhnlich gut unterrichteter Quelle von einer nicht-öffentlichen Sitzung des Berliner Untersuchungs-Ausschusses zum Skandal um die Berliner Bankgesellschaft (BBG)1 zu berichten weiß, hat ein ehemaliger Mitarbeiter der 'BerlinHyp' geplaudert. Dieser Ausschuß, bereits vor eineinhalb Jahren eingerichtet, war seit Monaten nur noch durch gepflegte Langeweile aufgefallen. Niemand hatte mehr so richtig zu fürchten oder zu hoffen gewagt, daß bei diesem Ausschuß etwas anderes als herauskäme als was üblicherweise bei Ausschüssen herauskommt: nämlich nichts. Die reihenweise abgefragten Bankenmanager hatten alle das reinste Gewissen im Sinne von Nichtwissen über die dubiosen Geschäftspraktiken mit Briefkastenfirmen auf den Cayman-Inseln, Reptilien-Fonds und Verlusten, die sich zum Ende auf rund 22 Milliarden Euro summiert hatten.

Dieser Zeuge, Jurist und in die damaligen Geschäftspraktiken eingeweiht, sagte offenbar aus, der Vorstand der BBG habe Einfluß auf Kreditgeschäfte genommen und die Kreditentscheidungen seien umso undurchsichtiger geworden, je höher die Kreditbeträge ausfielen. Die Zärtlichkeit der Vorstände sei in manchen Fällen so weit gegangen, daß Firmen ohne jegliches Eigenkapital Kredite in dreistelliger Millionenhöhe gewährt wurden. Klaus Uwe Benneter, der frühere Juso-Chef (Vorgänger von Gerhard Schröder) und damalige Anhänger der StaMoKap-Theorie, heute SPD-Bundestagsabgeordneter und zeitweilige Vorsitzender des Berliner Untersuchungsausschusses hat für solch liebevolles Sozialverhalten anscheinend auch heute noch kein Verständnis und schimpfte laut 'Welt': "Sollte es so sein, dann hat das strafrechtliche Brisanz."

Doch damit nicht genug, legte der Zeuge noch nach, indem er verriet, daß der Vorstand der BBG mit Hilfe der Briefkasten- firmen und mit "Phantasiekrediten" Verlustgeschäfte im Immobilienbereich "schöngerechnet" habe. Auch bei der Millionenpleite des Immobilienmaklers Jürgen Schneider habe die BerlinHyp eine bemerkenswerte Rolle gespielt: Schneider hatte von der BerlinHyp und der BBG einen Kredit in Höhe von 200 Millionen für das Gebäude der französischen Botschaft, Unter den Linden 40, erhalten. Der tatsächliche Wert lag jedoch weit darunter. Auch diese Diskrepanz sei nach Angaben des Zeugen von Anfang an klar gewesen. Wenn es für die Vergabe von Immobilien-Krediten 20 Punkte gebe, die zu beachten seien, so sei gegen 20 verstoßen worden, gab der Zeuge zum Besten.

Wenn das nicht aus lauter Liebe geschah - honi soit qui mal y pense!

 

Harry Weber

 

Anmerkung:
1 Siehe auch unser Artikel
'Volksbegehren "Berliner Bankenskandal"' v. 4.07.03

 

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