Zum Bienensterben (siehe auch unser
Artikel) kommt nun auch ein alarmierender Rückgang bei Hummeln,
Wildbienen und anderen
blütenbestäubenden Insekten hinzu wie aktuell u.a. vom Naturschutzbund NABU bestätigt wird. Das
Ausmaß der Bestandsrückgänge wird bei einigen Pflanzenarten bereits zu Verlusten führen, weil diese
nicht mehr bestäubt werden und damit Früchte und Samen ausfallen. Insbesondere ist neben einem Großteil
der einheimischen Pflanzenarten, die für ihre Fortpflanzung auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen
sind, auch der Obstanbau betroffen.
Richtiggehende Bestandseinbrüche wurden laut NABU vor allem bei den verschiedenen Hummelarten
festgestellt, die auf blütenreiche Wiesen und Feldsäumen angewiesen sind. Bereits seit Jahren gelten
diese Arten durch den Chemieeinsatz und von der Agrar-Industrie ausgeräumte Feldfluren als gefährdet.
Auch von den in Deutschland nachgewiesenen 547 Wildbienenarten stehen bereits mehr als die Hälfte
auf der Roten Liste.
Jedes Jahr verschwinden mehr Bäume aus der offenen Landschaft, Wiesen werden bereits vor der Blüte
gemäht und die Fläche, die jährlich zuasphaltiert und zubetoniert wird, stieg auch unter "Rot-Grün" von
Jahr zu Jahr: Lag die durchschnittliche Zerstörungsquote noch in den Jahren zwischen 1993 und 1997
bei 120 ha pro Tag (dies entsprach rund 100 Fußballplätzen) , stieg sie bis 2001 auf 129 ha pro Tag
und war 2002 bei 140 ha pro Tag angelangt.
Beim Bienensterben ist insbesondere das vom Chemie-Konzern vertriebene Pestizid Imidacloprid
(Handelsname u.a. "Gaucho"), das sowohl als Insektizid als auch zur Behandlung ("Beizen") des
Saatguts verwendet wird, in Verdacht geraten. Nachdem es in Frankreich bereits 1994 zu einem
massiven Bienensterben gekommen war, verhängte das französische Umweltministerium immerhin
ein Verbot dieser Chemikalie im Sonnenblumenanbau. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Imkerei
überwiegend hobbymäßig betrieben wird, verfügen die französischen Berufsimker über eine starke Lobby.
Und deren Bienenvölker sind in nicht geringem Umfang auf die riesigen französischen Sonnenblumenfelder
angewiesen. Französische Studien hatten zudem ergeben, daß das Insektizid Imidacloprid aus dem
Samen der Pflanzen aufsteigt und später in der gesamten Pflanze nachzuweisen ist. Ebenso ist
nachgewiesen, daß der Stoff schwer abbaubar ist und sich auch nach langer Zeit im Boden findet.
Jedenfalls erholten sich die französischen Bienenvölker nach dem Verbot von Imidacloprid merklich.
Ob allerdings auch das seit diesem Jahr in Deutschland zu beobachtende Bienensterben so monokausal
zu erklären ist, erscheint noch fraglich.
Von Seiten des NABU wird wiederum recht einseitig auf das Verschwinden der Wildblüten als Ursache
hingewiesen. Das Phänomen der blütenarmen Landschaft trete besonders ab Juni zutage, wenn nach der
Wiesenmahd keine blühenden Wiesen und Weiden sowie Feld- und Wegsäume und wildkrautreichen
Äcker mehr zur Verfügung stünden. Auch durch die mehrmalige Mahd von Straßen- und Wegeböschungen
gingen wichtige Blütenstandorte und Wildbienen-Nistplätze verloren.
Viel wäre bereits gewonnen, wenn die allzu häufig hoch spezialisierten Naturschutzexperten ein wenig über
den Tellerrand ihres jeweiligen Fachgebiets hinausschauen würden und bereit wären, wahrzunehmen, daß die
Naturvernichtung mit wachsender Geschwindigkeit an allen Fronten zugleich voranschreitet - trotz aller
Bekundungen von "...-Wende" hier und "...-Wende" dort.
Petra Willaredt