Bei einer Anhörung am 3. Februar vor dem Rat der wendländischen Stadt Dannenberg zeigten sich Vertreter des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) ausgesprochen dickfellig. Sie mußten zwar einräumen, daß mit den heute im Gebrauch befindlichen CASTOR-Behältern nie und mit Vorgängermodellen zuletzt in den 80er Jahren Falltests durchgeführt wurden. Dennoch beharrten sie darauf, daß diese ausreichend sicher seien.
Die BfS-Vertreter Nitsche und Emrich waren zu der Ratssitzung eingeladen worden, um Fragen zu klären, nachdem von Seiten der Anti-Atom-Bürgerinitiativen die mangelnde Sicherheit von CASTOR-Behältern aufgedeckt worden war. In Dannenberg, Kreis Lüchow-Dannenberg, werden die CASTOR-Behälter beim Transport ins Zwischenlager Gorleben mit einem Kran von der Schiene auf den Straßentransport umgeladen. Insbesondere ging es um die Frage, ob und warum bislang niemals Falltests mit den Original-Atommüll- Behältern vorgenommen wurden.
Wirkliche Tests, so stellten die BfS-Experten auf bunten Folien dar, seien gemäß ihrer Interpretation der Vorschriften der Internationalen Atomenergiekommission (IAEA) nicht erforderlich. Für die Zulassung reichten auch Berechnungen aus, die sich auf Tests mit ähnlichen Behältern oder Modellen beziehen. Und diese seien in den 70er und 80er Jahren vorgenommen worden. Die derzeit verwendeten Behälter seien in einer Baureihe zu betrachten, "ähnlich wie beim Golf und Lupo".
Rechnerisch sei jedenfalls basierend auf den Fallversuchen mit den CASTOR-Behältern Ia und dem sogenannten "Japan-Castor" der Nachweis erbracht worden, daß auch bei einem Fall des Behälters aus neun Meter Höhe auf ein unnachgiebiges Fundament, einem anschließenden 30minütigen Feuer bei 800 Grad Celsius und folgenden zweistündigen Wassertest in 20 Meter Tiefe nicht so weit beschädigt würde, daß Radioaktivität in einer für die Menschen kritischen Menge austrete. Garantiert seien jedenfalls weite Sicherheitsreserven, beispielsweise auch für einen Brand über drei bis vier Stunden. Auch wenn sich die getesteten und die berechneten Behälter in der Konstruktion unterscheiden, könne basierend auf "Ähnlichkeiten" eine Sicherheitsbeurteilung vorgenommen werden.
Udo Jentzsch von der 'Fachgruppe Radioaktivität' der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg wies in der Zuhörer-Fragerunde darauf hin, daß die vom BfS behauptete "Ähnlichkeit" der Behälter im wissenschaflichen Sinne von unabhängigen Wissenschaftlern begründet bestritten wird. ("Schwarzbuch CASTOR", Prof. Elmar Schlich, ehemals Mitarbeiter der GNS).
Die BfS-Vertreter Nitsche und Emrich erklärten weiter, das Amt habe diese Berechnungen nicht selbst durchgeführt oder überprüft. Das sei Aufgabe der von den Strahlenschützern beauftragten 'Bundesanstalt für Materialprüfung' (BAM). Welche Berechnungen diese im Einzelnen vornahm, und wie weit diese sich auf Daten der Behälter-Hersteller berufen, könnten sie nicht beurteilen, zu diesen Detailfragen müßte man die BAM einladen. Die Herren ließen deutlich erkennen, daß sie diese Fragen nicht im Geringsten interessierten.
Im weiteren Verlauf der Befragung stritten die beiden Vertreter des BfS ab, daß mit realen Fallversuchen weitere Erkenntnisse zu gewinnen seien - außerdem würden hohe Kosten für das BfS entstehen. Auf den Vergleich mit den Kosten von mehr als 30 Millionen Euro für einen Polizeieinsatz beim jährlichen Transport von CASTOR-Behältern durchs Wendland angesprochen, erklärte Emrich schlichtweg, seine Behörde hätte nicht das Geld dazu und fragte zurück:"Sollen wir sammeln, um die Versuche zu machen?"
Immerhin eine konkrete Zusage machten die BfS-Vertreter doch noch: Ein Gutachten der Materialprüfungsanstalt Stuttgart (MPA) werde das BfS den AtomkraftgegnerInnen zur Verfügung stellen, um diesen eine Überprüfung durch unabhängige WissenschaftlerInnen zu ermöglichen. Dieses Gutachten war vom BfS in Auftrag gegeben worden, nachdem in einem spektakulären Bericht des TV-Magazins 'PlusMinus' im Sommer 2002 Fehlberechnungen aufgedeckt wurden, gemäß derer ein Absturz eines Behälters vom Hallenkran beim Umladen im Zwischenlager Gorleben möglicherweise zu massiven Schäden und Undichtigkeiten führen könnte. Mehr als eineinhalb Jahre hatte die "Abstimmung" zwischen BfS und MPA Stuttgart bezüglich dieses Gutachtens gedauert. Nun soll es tatsächlich fertig sein, die aufgedeckten Fehlberechnungen entkräften und mit neuen mathematischen Ansätzen bei der Berechnung die CASTOR-Sicherheit nachweisen.
Ute Daniels
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel
Castor-Gutachten offenlegen (28.04.04)
Offenbarungseid der Castor-Technologie (28.04.01)