U-Bahn bleibt in kommunalem Besitz
Gestern beschloß der Frankfurter Stadtrat von einem heftig umstrittenen CBL(cross-border-leasing)-Geschäft1
mit der U-Bahn, die an einen US-Investor verleast und im selben Zuge zurückgemietet werden sollte, Abstand zu nehmen.
Ein Bürgerentscheid konnte damit die risikofreudige Stadtverwaltung unter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) zur
Umkehr zwingen. Der Stadtrat beschloß eine vollständige Umsetzung der Forderungen und darüberhinaus, auch "in
Zukunft keine deratigen Verträge mehr abzuschließen, soweit sie kommunales Eigentum der Stadt Frankfurt betreffen".
Gegen die Pläne der Stadtverwaltung, die Frankfurter U-Bahn inclusive Schienen-Netz für 99 Jahre an einen US-Konzern
zu verleasen, hatte ein Bürgerbegehren rund 48.000 Unterschriften gesammelt. Hintergrund der dubiosen CBL-Geschäfte
ist einerseits, durch Steuervorteile einen größeren Betrag in die klamme Stadtkasse zu spülen, andererseits das
Interesse ausländischer Investoren, Zugriff auf neue Märkte wie kommunale Eigenversorgung, Wasser, Bildungs- und
Dienstleistungseinrichtungen zu bekommen und dann innerhalb weniger Jahre durch drastische Preiserhöhungen die
Investitionen um ein Vielfaches einzuspielen. Hinzu kommt das hohe Risiko, daß bei Verstößen gegen einzelne Klauseln
des CBL-Vertrags enorme Entschädigungssummen auf Frankfurt zugekommen wären. Außerdem hätten Änderungen bei
der Bonität der beteiligten Banken oder beim Kreditrating des Landes Hessen hätten dazu führen können, daß die
US-Investoren die komplette Verfügungsgewalt über die U-Bahn erhalten.
Auch in Essen und Dortmund sind geplante CBL-Geschäfte nach kontroverser Diskussion in der Öffentlichkeit gestoppt
worden. Und in Köln und anderen deutschen Städten wächst der Protest gegen laufende Verhandlungen über
CBL-Geschäfte. In Bergisch-Gladbach findet am Sonntag bei enormen Behinderungen durch die dortige Stadtverwaltung
ein Bürgerentscheid statt. Erstmals entscheiden die Bürger einer Stadt in Nordrhein-Westfalen über ein geplantes
CBL-Geschäft. Hier geht es um das Abwasserwerk und ums Kanalnetz. Die Initiative 'Mehr Demokratie' kritisierte,
die Teilnahme an der Abstimmung werde den Bürgern unnötig erschwert. Es habe keine Benachrichtigung durch die
Stadt gegeben, sondern lediglich durch die Initiatoren. Und durch die geringe Zahl an Abstimmungslokalen seien
Fahrtzeiten von bis zu zweieinhalb Stunden für die Abgabe der Stimme nötig.
Das Beispiel Frankfurt beweist, daß CBL-Verträge das Licht der Öffentlichkeit scheuen müssen, weil sie bei einer
öffentlichen Diskussion keine mehrheitliche Unterstützung in der Bevölkerung erfahren.
Harry Weber
Anmerkung:
1 siehe auch unseren Artikel:
'Stuttgart wird verramscht -
Cross-border-leasing-Geschäfte laufen im Verborgenen' vom 16.06.03