19.09.2003

Artikel

CBL in Frankfurt geplatzt

U-Bahn bleibt in kommunalem Besitz

Gestern beschloß der Frankfurter Stadtrat von einem heftig umstrittenen CBL(cross-border-leasing)-Geschäft1 mit der U-Bahn, die an einen US-Investor verleast und im selben Zuge zurückgemietet werden sollte, Abstand zu nehmen. Ein Bürgerentscheid konnte damit die risikofreudige Stadtverwaltung unter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) zur Umkehr zwingen. Der Stadtrat beschloß eine vollständige Umsetzung der Forderungen und darüberhinaus, auch "in Zukunft keine deratigen Verträge mehr abzuschließen, soweit sie kommunales Eigentum der Stadt Frankfurt betreffen".

Gegen die Pläne der Stadtverwaltung, die Frankfurter U-Bahn inclusive Schienen-Netz für 99 Jahre an einen US-Konzern zu verleasen, hatte ein Bürgerbegehren rund 48.000 Unterschriften gesammelt. Hintergrund der dubiosen CBL-Geschäfte ist einerseits, durch Steuervorteile einen größeren Betrag in die klamme Stadtkasse zu spülen, andererseits das Interesse ausländischer Investoren, Zugriff auf neue Märkte wie kommunale Eigenversorgung, Wasser, Bildungs- und Dienstleistungseinrichtungen zu bekommen und dann innerhalb weniger Jahre durch drastische Preiserhöhungen die Investitionen um ein Vielfaches einzuspielen. Hinzu kommt das hohe Risiko, daß bei Verstößen gegen einzelne Klauseln des CBL-Vertrags enorme Entschädigungssummen auf Frankfurt zugekommen wären. Außerdem hätten Änderungen bei der Bonität der beteiligten Banken oder beim Kreditrating des Landes Hessen hätten dazu führen können, daß die US-Investoren die komplette Verfügungsgewalt über die U-Bahn erhalten.

Auch in Essen und Dortmund sind geplante CBL-Geschäfte nach kontroverser Diskussion in der Öffentlichkeit gestoppt worden. Und in Köln und anderen deutschen Städten wächst der Protest gegen laufende Verhandlungen über CBL-Geschäfte. In Bergisch-Gladbach findet am Sonntag bei enormen Behinderungen durch die dortige Stadtverwaltung ein Bürgerentscheid statt. Erstmals entscheiden die Bürger einer Stadt in Nordrhein-Westfalen über ein geplantes CBL-Geschäft. Hier geht es um das Abwasserwerk und ums Kanalnetz. Die Initiative 'Mehr Demokratie' kritisierte, die Teilnahme an der Abstimmung werde den Bürgern unnötig erschwert. Es habe keine Benachrichtigung durch die Stadt gegeben, sondern lediglich durch die Initiatoren. Und durch die geringe Zahl an Abstimmungslokalen seien Fahrtzeiten von bis zu zweieinhalb Stunden für die Abgabe der Stimme nötig.

Das Beispiel Frankfurt beweist, daß CBL-Verträge das Licht der Öffentlichkeit scheuen müssen, weil sie bei einer öffentlichen Diskussion keine mehrheitliche Unterstützung in der Bevölkerung erfahren.

 

Harry Weber

 

Anmerkung:
1 siehe auch unseren Artikel:
    'Stuttgart wird verramscht -
    Cross-border-leasing-Geschäfte laufen im Verborgenen' vom 16.06.03

 

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