29.06.2004

Gift in Schwimmringen
und Badelatschen

In ihrer aktuellen Juli-Ausgabe outet die Zeitschrift 'Öko-Test' eine ganze Reihe von Badebegleitern als Giftdeponien. 'Öko-Test' fand in der aktuellen Untersuchung teilweise extrem hohe Konzentrationen von Weichmachern1 in 14 von 18 Schwimmspielzeugen und 17 von 25 Flip-Flops. Sie lagen damit bei weitem über den von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen Grenzwerten.

Neben Weichmachern wurden auch bedenkliche Mengen an zinnorganischen Verbindungen gefunden, Stoffe, die bereits in geringen Konzentrationen hormonelle Wirkungen entfalten. So war in den letzten Jahren beispielsweise TBT (Tributylzinn) in Bootslacken in die Kritik geraten, weil es zur Geschlechtsumwandlung bei Muscheln und dem Verlust ganzer Populationen führt. TBT wurde in den T-Shirts der deutschen National-Fußballer entdeckt und später auch in den neuen Zehn-Euro-Scheinen. Zeichen eines völlig bedenkenlosen Umgangs mit Chemikalien, für die es längst Ersatzstoffe gibt.

So weist auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) aktuell zum Beginn der Badesaison darauf hin, daß Schwimmspielzeug und Badelatschen die Fortpflanzungsfähigkeit gefährden können. Eine Vielzahl der am Markt befindlichen Schwimmringe, Beachbälle und Badelatschen gehörten nicht ins Schwimmbad oder an den Strand, sondern direkt auf den Sondermüll, fordert Patricia Cameron, Chemikalienexpertin beim BUND. Zinnorganischen Verbindungen können sich im Körper anreichern und schon in winzigen Mengen das Immun- und Hormonsystem schwer schädigen. Sie können zu Veränderungen der männlichen Geschlechtsorgane und zum Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit führen. Cameron empfiehlt, sich vor dem Einkauf zur Badesaison gut zu informieren: "Nur bei knapp einem Viertel der getesteten Badeprodukte wurde kein Gift entdeckt."

Die geplante Reform der europäischen Chemikalienpolitik müsse laut BUND dafür sorgen, daß gefährliche Substanzen endlich vollständig aus dem Verkehr gezogen werden. Der BUND sieht die Ergenbisse als Signal dafür, wie wichtig die geplante Reform des europäischen Chemikalienrechts (REACH) sei. Zur Zeit lägen für 99 Prozent der auf dem Markt befindlichen Stoffe und Chemikalien keine ausreichenden Informationen über ihre gesundheits- und umweltschädigende Wirkung vor. Der BUND fordert eine zukünftige Registrierung aller Chemikalien. Gefährliche Stoffe dürften keine Zulassung erhalten. "Rot-Grün" wird aufgefordert, den Gesundheits- und Umweltschutz in der Chemikalienreform endlich mit dem erforderlichen Nachdruck zu sichern.

"Wir wollen eine Zukunft ohne Gift", sagte BUND-Bundesgeschäftsführer Gerhard Timm angesichts der aktuellen Untersuchungsergebnisse. Die Politik drohe dieses Ziel hinter die kurzfristigen Interessen einiger weniger Chemiekonzerne zurück zu stellen: "Der REACH-Entwurf der EU-Kommission wurde bereits verwässert."

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen:

1 Zum Thema Weichmacher siehe auch unseren Artikel
    'Weiche Babys Dank Phthalat' (23.06.04)

Mehr Informationen zum Thema Schadstoffbelastung und zu Aktionsmöglichkeiten sind auf der Website http://www.bundgegengift.de zu finden.

Stichwort REACH
Das Chemikaliengesetz REACH wird auf EU-Ebene z.Z. diskutiert. REACH steht für die Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien und soll die Chemikalien herstellende und verwendende Industrie dazu verpflichten, alle auf dem Markt befindlichen Substanzen auf ihre gesundheitsschädigende und umweltbelastende Wirkung hin zu untersuchen. Denn für 99 Prozent dieser Chemikalien liegen derzeit keine Sicherheitsinformationen vor. Besonders gefährliche Chemikalien müssen endlich aus dem Verkehr gezogen werden! Der Verbraucher würde von der größeren Transparenz und besseren Information profitieren. Doch die Industrie läuft dagegen Sturm.

 

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