Nach Hessens Roland Koch und Hamburgs Ole von Beust ist mit dem heute angekündigten Rücktritt des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller nunmehr die Riege der "sieben Sensibelchen" komplett, die zudem vorab mit dem Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler im vergangenen Mai gekrönt wurde. Ähnlich wie Köhler charakterisierten Müller gelegentliche Ausbrüche unerwarteter Ehrlichkeit im Amt.
Der 55-jährige Peter Müller, ebenso alt wie Ole von Beust bei seinem Rücktritt im Juli vergangenen Jahres, und nur unterboten vom drei Jahre jüngeren Roland Koch, der im Mai 2011 den - aus seiner Sicht vermutlich schlecht bezahlen - Job ohne Aufstiegs-Chancen im Alter von 52 Jahren hinschmiß, ist der mittlerweile siebte Ministerpräsident, der Kanzlerin Angela Merkel abhanden kommt. Zunächst war im Herbst 2009 der nach einem Ski-Unfall mit Todesfolge angeschlagene thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus nach einer verlorenen Landtagswahl abgetreten. Im Februar wechselte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger in die EU-Kommission, Roland Koch (Hessen) erklärte im Mai seinen Rücktritt, Christian Wulff (Niedersachsen) wurde Bundespräsident und Jürgen Rüttgers (Nordrhein-Westfalen) wurde abgewählt. Alle vereinte die enttäuschte Hoffnung auf einen Ministersessel im Kabinett Merkels oder gar eine Option auf die Nachfolge der mit nunmehr 56 Jahren noch relativ jungen Kanzlerin.
Peter Müller konnte sich vor der Bundestagswahl 2005 Hoffnungen auf einen Platz am Berliner Kabinettstisch machen, da ihn die damalige CDU-Kanzlerkandidatin in ihrem "Schattenkabinett" für das Wirtschaftsressort vorgesehen hatte. Daraus wurde jedoch nichts und auch bei der Bundestagswahl 2009 kam der saarländische Ministerpräsident nicht zum Zuge. Zwischenzeitlich galt Müller als möglicher Anwärter für das Amt eines Bundesverfassungsrichters, für das er aber außer einem "schwarzen" Parteibuch als Kurzzeit-Amtsrichter im Saarland nicht gerade vorzeigbare Qualifikationen bieten kann.
Entgegen der häufig verbreiteten Fama, die ihm ökologische Sensibilität andichtete, konnte Peter Müller bei ökologisch orientierten Menschen wenig Pluspunkte sammeln. Sein Ruf war spätestens zu dem Zeitpunkt auch überregional ruiniert, als im Februar 2010 zu Tage kam, daß Müllers Dienstwagen, ein Mercedes Benz S320 CDI L, durchschnittlich 228 Gramm Kohlendioxid in die Atmosphäre emittiert.
Positiv ist dem saarländischen Ministerpräsidenten anzurechnen, daß er einmal in einem Anfall von Ehrlichkeit ausplauderte, welche Schmierenkomödie am 22. März 2002 im Bundesrat geboten wurde: Inklusive Tränen und Gebrüll war der gesamte Eklat bei der Stimmabgabe Brandenburgs zuvor abgesprochen und inszeniert. Da er jedoch bei diese Schmierenkomödie selbst seinen Part gespielt hatte, ist zumindest fraglich, ob er nun gerade für den Job als Bundesverfassungsrichter prädestiniert ist.
Als Kandidatin für seine Nachfolge in Regierung und Landespartei spricht sich Müller für die derzeitige saarländische Arbeits- und Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer aus. Sie solle auf einem Parteitag nach Ostern zur Landeschefin befördert werden und möglichst im Sommer das Amt als Ministerpräsidentin übernehmen. Kramp-Karrenbauer ist seit 2000 Ministerin im Saar-Kabinett. Die 48-Jährige gilt als Vertraute und Wunschnachfolgerin Müllers.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Merkels Mannen meutern
Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust geht in Frühpension
(18.07.10)
Afghanistan-Krieg
Der deutsche Bundespräsident sagt die Wahrheit...
und bezieht Prügel von Schwarz-Rot-Grün-Gelb (27.05.10)
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Roland Koch tritt zurück (25.05.10)
Dienstwagen-Studie der DUH:
Die Klima-Heuchler von Koch bis Platzeck (25.02.10)