Eine bislang geheim gehaltene Anzahl britischer Soldaten ist angesichts der bestialischen Kriegsführung und aus
Protest gegen die wachsende Zahl getöteter ZivilistInnen während des Einsatzes beim Angiffs-Krieg auf den Irak desertiert.
Bekannt geworden sind zwei Soldaten, die bereits im März nach England zurückgeflogen wurden. Selbst Abgeordnete
der regierenden Labour Party verteidigten die beiden Deserteure, da sie sich gegen einen völkerrechtswidrigen Angriffs-Krieg
entschieden hätten.
Nach dem deutschen Soldatengesetz ist eine Befehlsverweigerung bei unrechtmäßigen Befehlen nicht nur erlaubt, sondern
ausdrücklich gefordert ( § 10 Abs. 4 und § 11 Abs. 2). Deutsche Soldatinnen und Soldaten in AWACS-Flugzeugen
MÜSSEN demnach ihren Einsatz über der Türkei verweigern, wollen sie eine zukünftige Anklage wegen Kriegsverbrechen
vermeiden. Nach wie vor ist der Passus des Grundgesetzes (Artikel 26 Abs. 1) gültig, der eine Beteiligung an einem
Angriffs-Krieg verbietet.
Hingewiesen sei hier nochmals auf unsere Aktion, sich öffentlich der Aufforderung von Tobias Pflüger anzuschließen:
"Ich rufe die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die (bei einem Angriffskrieg auf den Irak) Dienst in
Awacs-Flugzeugen tun sollen, dazu auf, diesen Kriegsdienst zu verweigern
oder zu desertieren." Zum Aufruf-Text
hier klicken.
Bisher wurde noch keine einzige Person, die sich diesem Aufruf angeschlossen hat, von der Staatsanwaltschaft
angeschrieben oder gar - wie Tobias Pflüger - festgenommen...
Den beiden im März nach England zurückgekehrten Soldaten droht der Prozeß, ihnen wird "Fahnenflucht" vorgeworfen.
Ihre Identität wird zwar streng geheim gehalten; bekannt wurde dennoch, daß sie in ihre Heimatkaserene in Colchester in
Essex gebracht worden sind. "Fahnenflucht" kann in England mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden.
Bedroht ist auch ein weiterer Soldat, der sich bereits vor der Entsendung in den Irak den zudem noch völkerrechtswidrigen
Befehlen verweigerte. Er hat sich jedoch rechtzeitig an Anwälte gewandt. Diese haben inzwischen in der Öffentlichkeit erklärt,
daß es sich in diesem Fall von Desertion um "extrem ernste Fragen des Gewissens" handele. Sein Mandant werde sich
zur Verteidigung auch auf die Europäische Menschenrechtskonvention berufen können. "Mehrere andere Soldaten" hätten
bereits Rat eingeholt wie sie aus ihrer Ablehnung des Irak-Kriegs Konsequenzen ziehen könnten.
Unklar ist bisher, ob es überhaupt zu einer Anklage kommen wird. Das britische Verteidigungsministerium, dem die
Sache zumindest zur Zeit ungelegen kommt, versucht zu verzögern. Von der Rückkehr der beiden Soldaten habe das
Ministerium Kenntnis, hieß es. Davon aber, daß die beiden desertierten, sei "nichts bekannt".
Wenn andererseits - zunächst war von ganzen Kompanien die Rede - irakische Soldaten die Waffen niederwerfen, wird
dies für die Propaganda gern verwendet.
Auch all diejenigen, die Krieg zwar einerseits nicht grundsätzlich ausschließen möchten und als "ultima ratio" befürworten,
die aber andererseits Krieg als unrecht erkennen, wen dabei mehr Zivilisten als Soldaten sterben, sind in der Praxis
Pazifisten. Denn: Bereits bei den Kriegen des letzten Jahrhunderts stieg der Anteil der getöteten Zivilisten von über 50
Prozent von mal zu mal auf über 90 Prozent bei den jüngsten Kriegen.
Der Kriegsverlauf der letzten Wochen hat eindeutig gezeigt, daß die Propaganda von "chirurgischen Präzisionsschlägen"
eine Lüge war. Es gibt keine "Schonung" der Zivilbevölkerung, sondern massenhaft Tote und Verletzte. Es geht auch nicht
um die angeblichen Massenvernichtungsmittel Saddam Husseins. Und es wird keine "Befreiung" der Iraker durch den Krieg
geben, sondern genau wie in
Ex-Jugoslawien, Afghanistan und anderswo nur die Auswechslung eines Warlord- und Mafia-Regimes durch ein anderes,
willfährigeres.
Ute Daniels