"Ich bringe sie bei Freunden unter und in versteckten kleinen Orten im europäischen Ausland", sagt Karl ter Horst
ganz offen. Bisher hat der Pfarrer im emsländischen Schütdorf noch keinen Ärger mit der Staatsanwaltschaft
bekommen, obwohl er sich ganz direkt auch an die US-amerikanischen SoldatInnen wendet, die in Deutschland
stationiert sind. Er rechnet mit einer großen Zahl von Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern bei den für den
Irak-Krieg eingeteilten US-amerikanischen und britischen Soldatinnen und Soldaten. Denn viele von ihnen sind ebenso
wie ein Großteil der britischen und US-amerikanischen Bevölkerung auf die Propaganda vom "sauberen Krieg", der
die irakische Zivilbevölkerung verschone, hereingefallen.
Offiziell ist von US-amerikanischer und britischer Seite zu diesem Thema nichts zu hören. Dennoch ist bekannt, daß
trotz äußerst rigider Verfahren beim ersten Golf-Krieg 111 Soldaten (Soldatinnen gab es damals noch nicht) aus
Gewissensgründen vom Dienst freigestellt werden mußten. Kriegsdienstverweigerung ist möglich; doch die Hürden
sind extrem hoch. Die Anerkennungs-Ausschüsse sind mit je einem Geistlichen, einem Psychiater und einem Offizier
besetzt. Das Verfahren kann bis zu einem Jahr dauern und die Entscheidung liegt bei einer übergeordneten Militärstelle.
Stephen Funk, 20 Jahre alt, ist ein solcher Kriegsdienstverweigerer. Vor vier Wochen bekam er als Reservist die
Einberufung zum Einsatz im Irak-Krieg. Er versteckte sich zunächst und wurde von der Militäpolizei gesucht. Doch
als er Hilfe aus der Friedensbewegung bekam, stellte er sich und ist seither unter Arrest.
"Ich habe mir die Armee wie ein Pfadfinderlager vorgestellt", gibt er sich freimütig als naiv zu erkennen. Doch bereits
bei der Grundausbildung sei ihm klargeworden, "daß das Militär aus jedem Menschen eine Tötungsmaschine macht".
Entscheidend für seinen Entschluß sei eine Übung gewesen, bei der sie sich mit dem Ruf "Kill! Kill! Kill!" gegenseitig
anfeuern sollten. Doch auch politische Gedanken hat er sich inzwischen gemacht: Er hält den Irak-Krieg für einen
großen Fehler und die Begründungen der Regierung für "reine Heuchelei".
Während des Vietnam-Kriegs hatten 200.000 US-Amerikaner den Kriegsdienst verweigert. Auch durch den Irak-Krieg ist die
Zahl derer, die den Kriegsdienst verweigern, wieder angestiegen, soviel ist bekannt. "Wir hatten allein im Februar über
3000 Anrufe von
Soldaten, die sich erkundigt haben, wie sie den Einsatz im Irak vermeiden können", ist von Teresa Panepinto zu
erfahren, die in San Francisco SoldatInnen bei der Kriegsdiensverweigerung berät. Vielen werde erst jetzt klar, worauf
sie sich eingelassen hätten. Bei der hohen Arbeitslosigkeit in den USA sind die gut bezahlten Jobs beim Militär eine
große Versuchung. Und in den Werbespots der US Army werden keine blutigen Schlachten, keine Leichen und keine
verstümmelten Kinder gezeigt.
Auch die UnterzeichnerInnen unseres Aufrufs, sich der Aufforderung von Tobias Pflüger anzuschließen: "Ich rufe die
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die (bei einem Angriffskrieg auf den Irak) Dienst in Awacs-Flugzeugen
tun sollen, dazu auf, diesen Kriegsdienst zu verweigern
oder zu desertieren" sind bisher nicht von der Staatsanwaltschaft behelligt worden. Bisher setzt die "rot-grüne"
Bundesregierung offenbar darauf, daß sie von der Mehrheit der Deutschen als ein Teil der Friedensbewegung
wahrgenommen wird. Bei einer Reaktion auf diesen Aufruf könnte dieser allzuviel öffentliche Aufmerksamkeit erlangen -
und: Es würde vielen Menschen bewußt werden, daß diese Regierung den Irak-Krieg passiv und aktiv unterstützt.
Zum Aufruf-Text:
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Adriana Ascoli