18.06.2009

Desinformation
in der 'Badischen Zeitung'

Die Schweizer Endlager-Suche

Am 16. Juni erschien unter der Überschrift "Dem Ton auf der Spur" ein Artikel in der 'Badischen Zeitung' auf Seite 3, der sicherlich von Vielen auf den ersten Blick als einigermaßen kritisch wahrgenommen wurde. Der Autor, Franz Schmider, galt bisher als in Umwelt-Themen kritischer Journalist. Außer der für AKW-GegnerInnen ins Auge springenden verharmlosenden Angabe von 200.000 Jahren, die ein Endlager für hochradioaktiven Müll diesen von der Biosphäre zurückhalten müßte, enthielt der Artikel drei weitere eklatante Fehldarstellungen. Bei einer journalistisch einwandfreien Arbeit dürfte zumindest erwartet werden, daß die Fakten nicht einseitig, sondern auch aus der Sicht der Endlager-GegnerInnen präsentiert werden.

1. "Vor allem sind von Anfang an klare Kriterien festgehalten, nach denen die Suche erfolgt,..."

Die Anti-AKW-Bewegung weist bereits seit vielen Jahren darauf hin, daß die ursprünglich in der Schweiz vorgesehenen Kriterien für ein atomares Endlager immer wieder aufgeweicht wurden. Sie wies zudem darauf hin, daß die physikalischen Anforderungen an ein Endlager für hochradioaktiven Müll von der NAGRA immer wieder gerade dann heruntergeschraubt wurden, wenn die Ergebnisse der Erkundungen ansonsten eine Aufgabe der Endlager-Pläne erzwungen hätten. Und in ganz Europa wies die Anti-AKW-Bewegung darauf hin, daß es wohl kein Zufall sein könne, daß "geeignete" Endlager-Standorte ausgerechnet in Grenznähe zu Nachbarstaaten entdeckt wurden: Gorleben an der damaligen Grenze zur DDR, das französische Bure an der Grenze zu Deutschland und das schweizerische Benken ebenfalls an der Grenze zu Deutschland.

Da die im Artikel getroffene Aussage vom deutschen Öko-Institut bestätigt wurde, muß darauf hingewiesen werden, daß sich das Öko- Institut bereits im Januar 2004 mit einer nachlässigen Arbeit, für die Schweizer AtomkraftgegenerInnen 30.000 Franken bezahlen mußten, in der Frage der Endlager-Problematik als inkompetent erwiesen hat. Etliche weitere Fauxpas im Laufe der vergangenen Jahre, über die sich unter anderen auch der Präsident von Eurosolar, Hermann Scheer, öffentlich geäußert hat, lassen zumindest Zweifel daran aufkommen, ob das Öko-Institut noch als Anwalt des Umweltschutzes gelten kann.

2. "In einem zweiten Schritt hat die NAGRA alle Opalinustonschichten ermittelt und dann jene ausgeschlossen, die in einer Erdbebenzone oder nicht tief genug liegen und die nicht groß genug sind."

In Fachkreisen ist bekannt, daß unter den Anforderung an homogene geologische Schichten, die in der Lage wären, hochradioaktiven Müll als Endlager aufzunehmen, in anderen Ländern und zu anderen Zeiten unter anderem eine vertikale Stärke von nicht weniger als 200 Meter aufgelistet war. Daher hätten NAGRA-Direktor Markus Fritschi und der "obersten Steinforscher" Paul Bossart von einem kritischen Journalisten mit der Frage konfrontiert werden müssen, was sie denn dazu sagen, daß die Stärke der von der NAGRA untersuchten Opalinuston- Schichten in keinem der "möglichen Standorte" mehr als 120 Meter beträgt.

3. "Nichts ist so fest wie ein Opalinuston. Weil die dünnen Sedimentschichten aufquellen, sobald sie feucht werden. Dadurch werden die Zwischenräume abgedichtet, das Gestein verschließt sich vom Rand her selbt. Was einmal drin ist, kommt nicht mehr raus. Einen solchen Tresor..."

Ein informierter Journalist, der sich vor dem Zusammentreffen mit ausgefuchsten Vertretern der Schweizer Atomlobby wie Markus Fritschi und Paul Bossart sachkundig gemacht hätte, wäre in diesem Zusammenhang über eine im November 2007 in der Verantwortung von Geologieprofessor Simon Löw an der Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich publizierten Studie informiert gewesen. Er hätte so am Ende der Ausführungen der beiden Herren fragen können, wie es kommt, daß sie zu den Ergebnissen jener Sudie, wonach sich unter bestimmten Bedingungen, die bei der Einlagerung radioaktiver und stark Wärme abstrahlender Stoffe angenommen werden müssen, im Opalinuston beträchtliche Risse bilden, bisher kein Wort verloren haben.

Selbst über informierte Kreise von AtomkraftgegenerInnen hinaus ist bekannt, daß beispielsweise die Region um den Rheinfall bei Schaffhausen keineswegs als "erdbebensicher" gelten kann. Dennoch wird in diesem Artikel in Bezug auf Benken das Gegenteil suggeriert.

Über den Skandal, daß der unter Gorleben gelegene Salzstock über viele Jahre hinweg illegal für 1,5 Milliarden Euro zu einem Endlager ausgebaut wurde, brachte die 'Badische Zeitung' am 29. Mai lediglich einen verharmlosenden Einspalter. Darin wurde Ministeriums- Sprecher Michael Schroeren mit den Worten zitiert: "Das Thema ist ein alter Hut." Dem Artikel "Dem Ton auf der Spur" räumte die 'Badische Zeitung' hingegen fast die gesamte dritte Seite ein. Diese Veröffentlichungspolitik der 'Badischen Zeitung' kann nur noch als gezielte Desinformation der Öffentlichkeit gewertet werden.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen

Hier eine Dokumentation der Artikels aus der 'Badischen Zeitung':

      Dem Ton auf der Spur
      Desinformation zur Schweizer Endlager-Suche v. 16.06.09

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      Badische Zeitung schaut weg bei Völkermord
      Botswana wird als "Musterländle" dargestellt (3.06.05)

      Skeptiker oder Verschwörungstheoretiker?
      Zur offiziellen Begründung des Irak-Kriegs (6.02.03)

 

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