21.11.2003

Trittin fährt Pfand
an die Wand

Auch wenn viele BefürworterInnen des Pfands auf Dosen und andere Einweg-Getränkeverpackungen aus Zweckoptimismus schweigen: Das bisher von Bundesminister Trittin Erreichte ist weder Fisch noch Fleisch. Nach wie vor existiert kein einheitliches Pfand-System - statt dessen eine Zersplitterung in verschiedene Rücknahme-Systeme und Insel-Lösungen.

Nachgiebig gegen die Umweltfeinde von Verpackungs-Industrie und Einweg-Lobby, hat sich Trittin in eine Patt-Situation manövriert. Schon 1998 bei der Regierungs-Übernahme durch "Rot-Grün" lag die Mehrweg-Quote unter dem noch von CDU-Umwelt- und Atomminister Töpfer gesetzlich festgelegten Mindestmaß. Doch obwohl sofortiges Eingreifen zwingend vorgeschrieben war, verlegte sich Trittin aufs Verhandeln - ein Gebiet, auf dem er sich offenbar für einen Meister hält. Zwar stieg in diesem Jahr erstmals die Mehrweg-Quote wieder - doch von einem Niveau aus, das nach jahrelangem Absturz kaum mehr zu unterbieten war (siehe Grafik in unserem Artikel 'Droht ein weiterer Akt...?'). Und für Europa ist die unübersichtliche deutsche Pfand-Situation alles andere als ein akzeptables Modell. Die "Vorreiter"-Rolle, in der sich Trittin auf anderen Politik-Feldern gerne feiern läßt, ist im Falle des deutschen Pfand-Chaos völlig unglaubwürdig.

Nachdem bereits mehrmals im Verlauf dieses Jahres - kräftig geschürt durch die europaweit koordiniert auftretende Einweg-Lobby - aus der EU-Bürokratie Warnungen kamen wegen der unklaren Pfand-Politik Trittins, scheint jetzt ein Hebel gefunden, um dem halbherzigen deutschen "Dosen-Pfand" ein schnelles Ende zu bereiten. EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein kündigte dieser Tage an, daß die gegenwärtige Situation in Deutschland klar gegen europäische Wettbewerbsregeln verstoße. Europäische Bierproduzenten seien durch die jetzige Ausgestaltung der Pfandregelung auf dem deutschen Markt benachteiligt. Selbstverständlich sei niemand gegen ökologische Zielsetzungen...

Klar ist auch, daß bei einer einheitlichen deutschen Pfand-Regelung keine Handhabe für einen EU-Vorstoß gegeben wäre. Um einer Legendenbildung vorzubeugen: Wird das Dosen-Pfand von EU-Seite gekippt, ist dies eindeutig Trittin zuzuschreiben, der die Chance für Mehrweg aus Dummheit oder willentlich verpfuscht. Die gegenwärtige Situation ist geradezu eine Einladung an die EU-Bürokratie, Mehrweg und Umweltschutz erneut eine Niederlage zu bereiten.

 

Harry Weber

 

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