9.09.2004

EU kneift bei Gen-Saatgut

Erwartungsgemäß hat die EU-Kommission den vorliegenden Entwurf zur gentechnischen Verunreinigung von Saatgut zurückgezogen. Mit dieser Entscheidung hätte sie die deutsche "rot-grüne" Bundesregierung gezwungen, die Karten auf den Tisch zu legen. Entsprechend der nach außen hin vertretenen ablehnenden Haltung zur Grünen Gentechnik, wäre "Rot-Grün" zur Wahrung der Fassade1 gezwungen gewesen, auf Konfrontationskurs zur EU-Bürokratie zu gehen. Zu groß ist inzwischen der öffentliche Widerstand in sämtlichen Ländern der Europäischen Union gegen "Frankenfood" (so die FranzÖsInnen) und insbesondere gegen die zielgerichtete Verunreinigung von Saatgut mit einem Anteil an gentechnisch manipuliertem Saatgut - sei dieser Anteil nun 0,1 Prozent oder 0,3 Prozent.

So jedoch kann das Spiel mit gezinkten Karten jetzt noch ein Weilchen fortgesetzt werden. Und in naher Zukunft wird sich die Bundesregierung mit der sich demnächst neukonstituierenden EU-Kommission auf einen "Kompromiß" einigen. Wer tippen mag, dem sei empfohlen auf 0,2 Prozent zu setzen. Und so wie die großen Umweltorganisationen in Deutschland bisher laviert haben - Greenpeace ausgenommen - darf gleich noch mit darauf gewettet werden, daß 0,2 Prozent dann als "Teilerfolg" gepriesen wird.

Mit der Vokabel "Teilerfolg" war die "grüne" Europa-Abgeordnete Hiltrud Breyer, die sich als Gentechnik-Gegnerin zu profilieren versucht, bei der gestrigen Entscheidung der EU-Kommission denn ebenfalls gleich bei der Hand. Gewonnen ist tatsächlich noch nichts und das Übel ist nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Schlimmer noch: Nebenbei und ohne daß es von den Massenmedien überhaupt zur Kenntnis genommen worden wäre, wurde eine Entscheidung über 17 genmanipulierte Mais-Sorten des US-amerikanischen Agro-Multis Monsanto getroffen: MON 810 wird in den "europäischen Sortenkatalog" aufgenommen. Dies bedeutet, daß genmanipuliertes Saatgut nun EU-weit verkauft werden darf. Auf diesem Wege soll erreicht werden, daß durch "zufällige" und "technisch bedingte" Vermischungen über kurz oder lang gar kein gentechnikfreies Saatgut mehr angeboten wird. Beim Tierfutter ist dieses Spielchen bereits seit Anfang dieses Jahres zu beobachten.2 Selbst vorhandenes gentechnikfreies Tierfutter wird umdeklariert und als Gen-Futter verkauft, um die Landwirte zur Aufgabe ihres Widerstandes zu zwingen.

Immerhin jedoch bedeutet dies, daß das europäische Gen-Moratorium in seinem Kern bislang nicht angetastet wurde. Denn - spitzfindig wie Bürokraten nun einmal sind - zum Anbau zugelassen ist bisher noch keine genmanipulierte Pflanze. Und so mußte Brett Begemann, Vizepräsident bei Monsanto und für den internationalen Handel zuständig, kürzlich ebenfalls Langmut beweisen: "Wir hoffen, daß dies ein Signal ist, daß die EU und ihre Mitgliedsstaaten das Gen-Moratorium nun ernsthaft beenden."

 

Ute Daniels

 

Anmerkungen:

1 Siehe auch unseren Artikel
    Künast versucht vollendete Gen-Tatsachen zu schaffen (25.02.04)

2 Siehe auch unseren Artikel
    EU erteilt Zulassung für Gen-Mais als Tierfutter (21.07.04)

 

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