Während hierzulande in den Medien eine Show inszeniert wird, um Ministerin Künast als Kämpferin gegen die
Gen-Konzerne erscheinen zu lassen, werden Meldungen aus anderen Teilen der Welt über den Kampf gegen den
Anbau genmanipulierter Pflanzen ignoriert. Während in der USA und Kanada Bäuerinnen und Bauern ums Überleben
kämpfen, weil die "Koexistenz" mit Nachbarn, die genmanipulierten Pflanzen, Gen-Raps, Gen-Soja oder Gen-Mais
anbauen, nicht funktioniert, wird den Deutschen mit vereinten Kräften und verteilten Rollen eingeredet, die "Koexistenz"
werde durch strenge Auflagen (die allerdings noch in den Sternen stehen) zu einer "Wahlfreiheit" der Verbraucherinnen
und Verbraucher führen. Und dann könne die "Grüne Gentechnik" ja wieder abgeschafft werden, weil ja niemand das
Zeug kaufen werde...
Was mit dem Fall des europäischen Gen-Moratoriums und der Einladung an die Gen-Konzerne, sich auf Europas Äckern
breit zu machen, zu erwarten ist, kann in Kanada1 zur Zeit bestaunt werden. Nicht etwa ein durch
Gen-Kontamination geschädigter Bauer ging vor Gericht - er wurde vom Gen-Konzern Monsanto verklagt, weil er sich
weigerte, Lizenzgebühren zu zahlen. Erst daraufhin erwiderte Percy Schmeiser seinerseits mit einer Klage gegen Monsanto.
Percy Schmeiser hatte seine eigene Raps-Saat verwendet. Ein kanadischer Journalist titelte seinen Bericht über den
Fall mit: "Ein Kriminalroman der Neuzeit". Landwirtschaftliche Betriebe in Schmeisers Nachbarschaft hatten auf ihren
Feldern Gen-Raps von Monsanto angebaut; er hatte gemeint, weiter seiner eigenen Wege gehen zu können. Angeblich
rein routinemäßig ließ Monsanto Percy Schmeisers Felder überprüfen, um festzustellen, ob auch alle, die Gen-Raps
anbauen, die Lizenzgebühren an Monsanto bezahlen. Monsanto behauptete, Gen-Raps auf Bauer Schmeisers Feldern
gefunden zu haben. Und nachdem sich dieser weigerte, für die Gen-Kontaminierung seiner Felder auch noch zu
bezahlen, wurde er von Monsanto verklagt. Bauer Schmeiser reagierte mit der Gegen-Klage. Monsanto wies die
Klage mit dem Hinweis auf die Herbizid-Resistenz des Gen-Rapses zurück. Zudem könne es gar keine Weiterverbreitung
des Gen-Rapses geben, behauptete Monsanto - und bekam vor Gericht in erster Instanz Recht. Der Gen-Konzern mußte
vor Gericht nicht einmal einen Beweis für seine Behauptung erbringen. Allein die Tatsache, daß der patentierte Gen-Raps
auf Bauer Schmeisers Äckern wachse, genüge völlig, um Lizenzgebühren verlangen zu können.
Stuart Wells von der Kanadischen National Farmers Union kennt genügend weitere Fälle: "Es gibt genug Bauern, die
eine Kontamination nicht melden, weil sie verhindern wollen, daß sie von Saatgutkonzernen kontrolliert werden".
Monsanto gibt sich in der Öffentlichkeit sehr kooperativ und behauptet inzwischen, ein zufälliges Ausbreiten des
Samens (das es ja laut Monsanto nicht geben kann) würde niemals zu Problemen führen - Monsanto müsse jedoch
seine Patentrechte wahren.
Vor dem höchsten Kanadischen Gericht haben sich Bauer Schmeisers Anwälte nun auf eine recht riskante
Argumentations-Schiene begeben: Das Gericht hatte nämlich im ähnlich gelagerten Fall der "Harvard-Maus"
entschieden, daß höhere Lebewesen nicht als Erfindung gelten könnten und daher nicht patentierbar seien.
Eine wie auch immer geartete genetische Veränderung reiche hierzu nicht aus. Für Bauer Schmeiser geht es
allein wegen den Kosten für die langwierige Prozessiererei um die Existenz. Aber inzwischen sieht er seinen
Fall nicht mehr nur als persönlichen Kampf, sondern als Kampf um das Recht auf Aussaat der eigenen Samen
für alle Bäuerinnen und Bauern weltweit. Er wurde damit zu einer Leitfigur der Anti-Gentech-Bewegung. Nur in
Deutschland ist darüber merkwürdigerweise kaum etwas zu erfahren.
Ute Daniels
Anmerkungen:
1 Siehe auch unser
Interview mit einem kanadischen Bauern
Hinweis:
In der Schweiz wurden bereits 110.000 Unterschriften für den Erhalt des dortigen Gen-Moratoriums
gesammelt. Nehmen wir uns die SchweizerInnen zum Vorbild -
Zur Unterschriften-Aktion
'Moratorium für Gen-Food'
hier klicken.