22.02.2004

Gehirnschäden
durch Handy und Föhn

Neue US-Studie belegt signifikante Schädigung
von Gehirnzellen

Tierversuche sind zurecht umstritten und entsprechende Studien an Zellkulturen1 deuteten bereits in dieselbe Richtung wie die jetzt veröffentlichte US-Studie. Im Gegensatz zu Tierversuchen für Kosmetika oder Arzneimittel ist zumindest die Frage der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen bei der vorliegenden Studie mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bejahen.

US-Wissenschaftler haben in Versuchen mit Ratten herausgefunden, daß niederfrequente elektromagnetische Felder, wie sie von Handys, aber auch vielen gewöhnlichen Haushaltsgeräten abgestrahlt werden, irreparable Schäden an Gehirnzellen verursachen. Bei älteren Untersuchungen wurden die speziell bei Handys und schnurlosen Telefonen auftretenden gepulsten elektromagnetischen Wellen untersucht. Die vorliegende US-amerikanische Studie hingegen experimentierte mit einem Strahlen-Spektrum, das nicht nur bei Handys, sondern auch bei gewöhnlichen Haushaltsgeräten wie Föhn, Rasierapparat oder Heizdecke auftritt.

Henry Lai, Wissenschaftler am Department of Bioengineering der University of Washington, ist bekannt für seine Forschung über gepulste elektromagnetische Strahlung, wie sie von Handys ausgeht. Schon vor Jahren hatten auch seine Experimente an Ratten ergeben, daß gepulste elektromagnetische Strahlung die DNA-Moleküle im Gehirn aufbrechen können. In anderen Versuchen mit Ratten hatte er herausgefunden, daß Gehirnzellen, die diesem Strahlen-Spektrum ausgesetzt sind, mehr Endorphine und Stresshormone produzieren. Letztere beeinflussen den Neurotransmitter Acetylcholin, der unter anderem an Gedächtnisfunktionen beteiligt ist.

In der aktuellen Studie mit dem Titel "Magnetic Field-Induced DNA Strand Breaks in Brain Cells of the Rat", die in der Zeitschrift 'Environmental Health Perspectives' vorab veröffentlicht wurde, haben Henry Lai und Narendra Singh nun Hinweise dafür finden können, daß zumindest bei Ratten auch elektromagnetische Felder niederer Frequenz Schäden an der DNA in Gehirnzellen verursachen können. Bei Ratten, die einem elektromagnetischen Feld von 60 Hz mit einer Stärke 0,01 Milli-Tesla 24 Stunden lang ausgesetzt waren, fanden sich in deren Gehirnen eine signifikante Zunahme an beschädigter DNA, aber auch viele tote Zellen. Nach 48 Stunden waren die beobachteten Schäden noch größer. Schwache elektromagnetische Felder mit 50 oder 60 Hertz werden von vielen Haushaltsgeräten im normalen Betriebszustand produziert.

Wurden die Ratten mit Trolox (einem Präparat, da ähnlich wie Vitamin E wirkt) oder einer anderen Substanz behandelt, die freie Radikale bindet, so traten deutlich weniger Schädigungen am Erbgut der Zellen auf. Auch eine Behandlung mit Deferipron, das Eisen bindet, verhinderten die schädlichen Auswirkung der etromagnetischen Felder. Beides deutet darauf hin, daß die niederfrequenten elektromagnetischen Felder auf die Eisen-Teilchen in den Zellen einwirken. Die dadurch bewirkte Reaktion könnte zur Entstehung von freien Radikalen beitragen. Freie Radikale wiederum sind für DNA-Schädigungen verantwortlich. Im Zellkern finden sich mehr Eisenatome als in der übrigen Zelle.

Schon in früheren Versuchen konnte etwa die Zuführung von Melatonin vor der Exposition der Ratten mit den elektromagnetischen Feldern die Schäden verhindern. Melatonin bindet ebenfalls freie Radikale. Bemerkenswert ist zudem, daß die experimentell gefundenen Schädigungen immer erst nach 24 Stunden auftraten, während bei Ratten, die dem elektromagnetischen Feld zwei Stunden lang ausgesetzt waren, keine Veränderungen bemerkt werden konnten. Das weist für die Wissenschaftler darauf hin, daß die Schädigung von der Intensität abhängt und kumulativ ist. Freie Radikale schädigen nicht nur die DNA, sondern können auch andere biologische Moleküle wie Proteine beeinträchtigen. Oxidativer Stress bei erhöhter Konzentration von freien Radikalen ist für Alterungsprozesse sowie Krankheiten wie Krebs, Alzheimer, Immunschwächen oder Arteriosklerose verantwortlich.

Die Stärke des elektromagnetischen Feldes, dem die Ratten ausgesetzt wurden, ist zwar durchaus vergleichbar mit den Feldern, die von Haushaltsgeräten ausgehen. Dennoch lassen die Ergebnisse der US-Studie noch keinen definitiven Schluß darüber zu, ob elektrische Haushaltsgeräte mit niederfrequenten elektromagnetischen Feldern für den Menschen gefährlich sind. Entscheidend könnte sein, wie nahe und wie lange die Geräte in der Nähe des Kopfes benutzt werden, wie lange das Föhnen oder das Rasieren mit dem Elektrorasierer dauert. Entscheidend für dauerhafte Zellschäden könnte sein, wie nahe der Radiowecker beim Kopfkissen steht und ob die elektrische Heizdecke auf Bauchhöhe oder unter dem Kopfkissen liegt.

"Unser wichtigstes Ergebnis ist", so Lai gegenüber dem britischen Rundfunk- und TV-Sender BBC, "daß sich der schädigende Effekt in Ratten mit der Zeit akkumuliert. Die große Frage ist, ob sich der schädigende Effekt in Menschen akkumuliert, wenn wir einen Föhn täglich fünf Minuten lang benutzen. Wir wissen es nicht. Aber unsere Ergebnisse weisen auf die Möglichkeit hin, daß dies der Fall sein könnte." Und in Hinblick auf Handys meinte Lai: "Die Menschen sollten alles in ihrer Macht stehende tun, um ihre Beeinträchtigung so klein wie möglich zu halten. Das betrifft besonders elektrische Geräte, die sehr nahe am Körper benutzt werden."

Da bereits eine Vielzahl anderer Studien in der Vergangenheit auf gesundheitliche Risiken durch die elektromagnetische Abstrahlung von Handys hinwiesen, haben deutsche Versicherungen in ihren Verträgen bereits Schäden durch Elektrosmog ausgeschlossen.

 

Frank Bayer

 

Anmerkung:

1Siehe auch unseren Artikel
    'Krebs durch Mobilfunk ?' v. 7.08.03

 

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