8.07.2003

Artikel

Deutsche Kinder
werden immer fetter

Rund 20 Prozent aller Kinder (über 30 Prozent aller Jugendlichen) in Deutschland ist übergewichtig. Die USA ist Deutschland auch in Hinsicht Fettleibigkeit - die Statistiken bestätigen in diesem Fall die bekannten Klischees - um Jahre voraus, aber der massive Sozialabbau bewirkt hierzulande eine bizarren Aufholjagd.

Dort, wo billig eingekauft wird - beispielsweise bei Aldi, wo auch die hehre Umwelt- und Verbraucherministerin Künast gesichtet wurde - und wo schnell sättigende, stärkehaltige Nahrungsmittel (Kartoffelprodukte), Fettlastiges, stark gezuckerte Limonaden und am Fließband vor der Kasse "unwiderstehliche" und "preisgünstige" Süßigkeiten locken, kaufen überwiegend die unteren sozialen Schichten ein. Auch wenn Frau Künast morgen als treusorgende Gesundheitsfee auf einem Kongress auftritt und meint, den Kindern mit erhobenem Zeigefinger "beibringen" zu müssen, "nicht mehr so viel und vor allem das Richtige zu essen" - glaubwürdig wäre dies erst, wenn sie selbst mit gutem Beispiel voranginge. Doch trotz mehrerer Versuche der Restaurantbetriebe gibt es in den ParlamentarierInnen-Restaurants des Bundestages keine biologischen Gerichte (Siehe unser Artikel:
'Den ParlamentarierInnen aus Maul geschaut').

Und die auch von Künast mitgetragene "rot-grüne" Agenda 2010 wird noch mehr Kindern ein verarmtes Elternhaus bescheren, wo der Spruch "Geiz ist geil" nicht nur aus purem Übermut zum Lebensmotto wird. Aus einer kürzlich veröffentlichten Berliner Studie geht klar hervor: Je weiter unten die soziale Schicht, aus der die Kinder stammen, desto höher die Rate der Übergewichtigen. Und unter den türkischen Kindern zeigt sich dies besonders extrem wie die Studie mit Zahlen eindeutig belegt.

Übergewicht führt für die betroffenen fetten Kinder oft genug neben der körperlichen Behinderung zu großen psychischen Problemen. Sie werden ausgestoßen und gehänselt und können in Mitten der allgegenwärtigen "fit for fun"-Mentalität kaum ein gefestigtes Selbstvertrauen entwickeln. Hinzu kommen gesteigerte Krankheitsrisiken. Bluthochdruck, Herzinfarkt, Diabetes und Überbelasung der Knochen korrelieren in hohem Maß mit Übergewicht. Immer mehr Kinder leiden beispielsweise an Krankheiten, die noch vor Jahren nur bei alten Menschen bekannt waren: Eine Studie der Berliner Charité brachte zu Tage, daß auffallend viele Kinder an Diabetes Typ 2 erkranken. Die heutigen Kürzungen im Sozialsystem können bereits in wenigen Jahren dazu führen, daß die Kosten des Gesundheitssystems tatsächlich - nicht lediglich wie häufig propagandistisch behauptet - über das Maß der durchschnittlichen Preissteigerung hinaus ansteigen und ein Vielfaches der gekürzten Finanzmittel verschlingen werden.

Solange die sozialen Ursachen nicht angegangen, sondern im Gegenteil verschärft werden und nicht ernsthafte flächendeckende und kostenlose Gesundheitsberatung mit ambulanten Diensten und wochenlanger Betreuung Adipositas-gefährdeter Familien begonnen wird, sind die von Ministerin Künast ins Land gesendeten Wanderausstellungen und Appelle gegen Bewegungsmangel wegen TV und Coputerspielen nur zynische Ablenkungsmanöver. Völlig durchsichtig wird das Ganze, wenn Künast dann auch noch ausgerechnet McDonalds wegen deren Alibi-Veranstaltung mit Bio-Milch zu kostenloser (?) Publicity verhilft.

 

Harry Weber

 

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