Energie-Multi 'Vattenfall' versucht vollendete Tatsachen zu schaffen
Nicht nur in Lacoma1, sondern auch im kleinen Ort Horno in der Lausitz, geht der Energie-Multi 'Vattenfall' weiter mit brachialer Rücksichts- losigkeit gegen Menschen und Natur vor. Am Pfingstsamstag, 30. Mai, fand in Horno eine Protestkundgebung gegen die fortschreitende Zerstörung und Abbaggerung des Dorfes statt. Die drei letzten, noch nicht umgesiedelten Bewohner - das Ehepaar Domain und ihr Mieter Michael Gromm - hatten dazu aufgerufen.
Dennoch war bis Anfang vergangener Woche noch unklar, ob Demonstration und Straßenfest genehmigt werden würde, denn der Energie-Multi 'Vattenfall', dem inzwischen fast das ganze Dorf gehört, versuchte sie zu verhindern. Der Einspruch wurde damit begründet, daß durch die Demonstration die im Ort stattfindenden "archäologischen Grabungen" beeinträchtigen würden.
Um einen Kompromiß zu finden, luden Ordnungsamt und Polizei die Kontrahenten am 24. Mai in die nahegelegene Kleinstadt Peitz ein. Als Michael Gromm aus Berlin kommend dort erschien, mußte er feststellen, daß das "klärende Gespräch" bereits stattgefunden hatte. Das ebenfalls beantragte Straßenfest wurde verboten, die Protestkundgebung jedoch mit Auflagen genehmigt.
Obwohl sich auch andere Gruppen wie der 'Freundeskreis Lacoma' an der Vorbereitung der Kundgebung beteiligten, kamen nur etwa 120 Personen am Samstag nach Horno. Dennoch waren alle mit dem Verlauf der Veranstaltung zufrieden, sieht man vom Wurst- und Getränkeverkäufer aus Berlin ab. Werner Domain führte in seiner Rede noch einmal aus, warum er und seine Frau sich nach dem Scheitern der Schlichtungsverhandlungen vor dem Landesbergamt auf einen langen Klageweg gegen ihre Enteignung einstellen: "Ich will kein Geld und auch keinen Neubau, sondern meinen Garten behalten. Wenn Vattenfall neue Bäume anbietet, nützt uns das gar nichts. Die brauchen mindestens zehn Jahre, um zu tragen und Schatten zu spenden; das erleben wir doch gar nicht mehr. Meine Frau und ich sind über 60."
Nach den Reden formierten sich die Teilnehmer zu einer Demonstration durch das verwüstete Dorf. Dabei war zu erfahren, daß inzwischen das Wasser in den Teichen abgelassen wird, was die Frösche und - mit gewisser zweitlicher Verzögerung - auch die laut Gesetz geschützten, äußerst seltenen Rotbauchunken zum Sterben verurteilt. Und daß die nach Horno zurückgekehrten Schwalben völlig verwirrt sind: Ein Großteil hat durch den Abriß der Scheunen seine Nester verloren. Und in Anbetracht der wenigen noch stehengebliebenen Gebäuden ahnen die Vögel vermutlich, daß dem Frieden nicht zu trauen ist.
Hinzu kommt, daß Horno nächtens von Plünderern heimgesucht wird, die sich aus den Trümmern Brauchbares heraussuchen. Es wurden aber auch schon Werkzeuge, Blumenschalen und Wasserkanister vom Grundstück des Ehepaares Domain gestohlen. So wird das Ausharren der letzten drei Hornoer noch trostloser und unangenehmer. Doch zugleich zeigt sich ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Die 'Grüne Liga' will gegen die anhaltenden Beeinträchtigungen der Lacomaer Teichlandschaft durch Tagebauvorbereitungen (also das Schaffen von Tatsachen) Klage einreichen. Der entsprechende Beschluß des LandessprecherInnenrates ist jedoch an die gesicherte Finanzierung gebunden. Für den schlimmsten Fall müssen insgesamt 5.500 Euro bereitgestellt werden. Derzeit fehlen noch etwa 2.000 Euro, die kurzfristig aufgebracht werden müssen. Die 'Grüne Liga' ruft zu Spenden auf. (Konto: 1000 55 000 bei der NL Bank -BLZ 180 626 78)
Im Amtsblatt der Stadt Cottbus wurde inzwischen bekanntgegeben, daß eine Erörterung des Landesbergamtes am 29. Juni stattfinden wird. Bei dieser nicht-öffentlichen Veranstaltung werden die zum wassserrechtlichen Planfeststellungsverfahren rechtzeitig eingegangenen Stellungnahmen behandelt.
Dienstag, 29.Juni 2004 in der Zeit von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr in der Messehalle Cottbus, Großer Saal, Vorparkstrasse 3, 03042 Cottbus.
Im Anschreiben heißt es:
"Für den Fall, daß die Erörterung an diesem Tage nicht abgeschlossen werden kann, wird sie an den folgenden Tagen fortgesetzt. Es wird darauf hingewiesen, daß die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben der Antragsstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden. Weiterhin wird darauf hingewiesen, daß von allen Einwendern und Betroffenen der Personalausweis bzw. von Behördenvertretern der Dienstausweis für die Einlaßkontrolle mitzubringen ist, da der Termin nicht öffentlich ist."
Um zu versuchen, immer mehr öffentliche Aufmerksamkeit auf den Skandal in der Lausitz zu lenken, veranstaltet der 'Freundeskreis Lacoma' wieder ein Fest.
Dieses findet von Freitag, 18. Juni, bis Sonntag, 20. Juni, statt und bietet folgendes Programm:
Freitag, 18. Juni
20:00 Uhr Galerie Haus 23, Marienstraße Cottbus
Film "Abschied von Horno"
Vorabversion des Dokumentarfilms von Gottfried Schwemmer
(Die Ausstellung "lacoma-kw" mit Malerei und Fotografie von K.Langheinrich, M.Körner, A.Walter und K.Schötz ist noch bis zum 26.Juni in der Galerie Haus 23 zu sehen.)
21:00 Uhr Lacoma: Lagerfeuer, open stage, Grandloom
Samstag, 19.Juni
10:00 bis 19:00 Uhr: mitmachen und anfassen:
Baumklettern, Wettkämpfe, Infostände, Kunstwerke, Lacoma-Café, slowakische Hirtenflöte
10:00 Uhr: Zweiter Lacoma-Lauf
1000 und 5000 m durch die Teichlandschaft, dabeisein ist alles !
11:00 Uhr Workshops - Praxiserfahrung Neue Energien
- Djembe bespannen, nur mit Voranmeldung (Ringe und Körper müssen vorhanden sein, Strick, Fell und Werkzeug wird gestellt, Materialkosten ca. 20-40 Euro)
11:30 Uhr Kino Quasimodo zeigt "Spaltprozesse" (D 1987, 100 min)
Dokumentarfilm über Bürgerproteste in der Oberpfalz. Im Mittelpunkt stehen die Menschen der Region mit ihren persönlichen und politischen Veränderungsprozessen.
14:00 Uhr Protestwanderung
für den Erhalt der Lacomaer Teichlandschaft
ab 16:00 Uhr
- internationale Mitmachtänze
- Kabarett "Die Ehrlichen" zeigt Ausschnitte aus seinem Programm "Einsame Herzen"
- Workshop traditionelles westafrikanisches Trommeln
19:00 Uhr Holzkunst-Versteigerung
zu erwerben sind die Ergebnisse des diesjährigen Holzbildhauersymposiums "Grenzenlos für die Lausitz" vom 17.-22.Mai 2004
21:00 Uhr Lex Barker Experience
Feiern mit der Kultband aus Potsdam
Sonntag, 20.Juni
12:00 Uhr Lacoma-Kino: Chill-Out mit filmischen Lacoma-Dokumenten
14:00 Uhr Informationsveranstaltung
Was ist ein Erörterungstermin? Wie sollte ein Bürger dort auftreten ?
Übernachtung in Zelten möglich
Adriana Ascoli
Anmerkung:
1 Siehe auch unseren Artikel
'Hungerstreik für Lacoma' v. 19.03.04