Hierzulande wurden die Freiheitsrechte der Menschen, die sogenannten Bürgerechte, in der Folge der Anschläge vom 11.
September 20011 mit einem Gesetzespaket, ironisch auch als "Otto-Katalog" etikettiert, vom derzeitigen
Innenminister so sehr verstümmelt wie unter keinem anderen Innenminister der Nachkriegszeit. In der USA - ironisch auch
als "land of the free" firmierend - sieht es nicht besser aus.
Einer der Gründerväter der US-amerikanischen Demokratie, Benjamin Franklin hatte schon gewußt: "They that can
give up essential liberty to obtain a little temporary safety deserve neither liberty nor safety." (Historical Review of
Pennsylvania, 1759). Ob die US-AmerikanerInnen nun ein wenig Sicherheit, wenn auch befristet, verdient hätten oder
auch nicht, sei einmal dahingestellt. Erhalten haben sie statt mehr Sicherheit nur eine Illusion derselben. Die Probe
aufs Exempel - uramerikanische journalistische Tradition - unternahm der TV-Sender ABC.
In Österreich liehen sich Reporter von ABC von einer Umwelt- Organisation ein Paket mit 15 Pfund (rund 7 Kilogramm)
abgereichertem Uran. Dieses schwach strahlende Paket, das von einer mit Blei-Ummantelung geschützten gefährlichen
Fracht ohne genauere Untersuchung nicht zu unterscheiden ist, schickten sie nun mit Umweg über Istambul und
eine Reihe weiterer Zwischenstationen nach New York. Vielleicht hatten sie ebenso wie wohl sicherlich über 90 Prozent
der US-AmerikanerInnen gehofft, dieses Paket werde bei einer der vielen Kontrollen bemerkt und untersucht werden.
Nun mußten sie anläßlich des zweiten Jahrestages von "Nine-Eleven" einen eklatanten Mangel an Sicherheit vermelden.
Die US-Zollbehörde protestierte unterdessen heftig gegen dieses Experiment auf ihre Qualifikation. Die Aktion habe
unnötig Kapazitäten gebunden, warf sie dem TV-Sender vor. Paul Friedman, Vize-Präsident von ABC-News konterte:
"Die Behörden haben überhaupt nichts gefunden." Welche ihrer nicht vorgenommenen Untersuchungen also hätte
Kapazitäten der US-Zollbehörde zu binden vermocht ? Korrespondent Brian Ross, der den Uran-Koffer transportierte,
wunderte sich über die fehlende Wachsamkeit aller Behörden in den bereisten Ländern: "Sieben Länder, 25 Tage, 15 Pfund
Uran - und keine einzige Frage".
Die äußerst schwache Strahlung habe zwar keinerlei gesundheitliche Gefahr dargestellt, betont der US-Sender.
Und beim Transport seien alle rechtlichen Bestimmungen eingehalten worden. Auch sei die Aktion nicht als "Nachhilfe"
für Terroristen zu mißverstehen, da sich die Planung lediglich an öffentlich zugängliche Fakten gehalten habe. Die
Route und die Art des Transports orientierte sich an Dokumenten, die bei einem mutmaßlichen Komplizen Osama
Bin Ladens gefunden worden waren, gegen den wegen geplanten Schmuggels von Nuklear-Material ermittelt wird.
In Istambul wird das Material in einem Container zwischen Ton-Vasen verpackt und verschifft. Der Adressat in New York
hat noch nie zuvor eine Sendung aus Übersee erhalten. Von 1.139 Paketen, die sich auf dem Schiff befinden, werden
nur wenige einer genaueren Inspektion unterzogen - darunter auch zufällig der Container mit dem Uran. Die Zollbehörden
messen die Strahlung und stellen fest, daß von dem Inhalt keine Bedrohung ausgehe.
Dem wird von ABC folgendes Szenario entgegengehalten: Terroristen könnten radioaktives Material zum Bau einer
"schmutzigen Bombe" derart abschirmen, daß die von außen meßbare Strahlung nur mehr jener des abgereicherten
Urans entspreche. Zudem hätte der US-Zoll angesichts der eigenartigen Umstände des Transports das Paket öffnen müssen.
Mehr Sicherheit in Deutschland? Greenpeace versucht zur Zeit mit dem Sicherheitsargument die
Abschaltung zweier deutscher AKWs einzuklagen. Dabei sind sämtliche 19 deutschen AKWs und ebenso die
UAA Gronau nicht gegen den gezielten Absturz von Großraum- flugzeugen gesichert.2
Die aktuelle Klage richtet sich gegen die Bundesländer Hessen und Schleswig-Holstein, um die Stilllegung der
laut Greenpeace besonders dünnwandigen AKWs Biblis und Brunsbüttel zu erzwingen. Selbstverständlich waren
auch in Deutschland nur Einschränkungen der Freiheitsrechte, aber keine realen Konsequenzen zur Verbesserung der
Sicherheit zustande gekommen. Und obwohl es in den Massenmedien hieß, es handele sich um eine in der Folge des
11. September 2001 völlig neue Erkenntnis, daß auch AKWs durch gezielte Flügzeugabstürze gefährdet seien, ist diese
Problematik von Seiten der Anti-Atom-Bewegung schon vor Jahren publiziert worden.
Stefan Schurig von Greenpeace weist völlig zu recht darauf hin, daß von "Rot-Grün" die "Profitinteressen der
Stromkonzerne über den Schutz der Bevölkerung gestellt" werden und daß "im Falle eines Anschlages (...) eine
Kernschmelze und damit ein nuklearer GAU" zu erwarten sei. Trittin verwies in einer ersten Reaktion auf "laufende
Überprüfungen" der AKWs wegen möglicher Terrorgefahren. Im Jahre 2006 wird er alsdann - so wir denn so lange
noch Glück haben - verkünden, daß er wiedergewählt werden müsse, weil nunmehr bei den "laufenden Überprüfungen"
Sicherheitsdefizite bei deutschen AKWs entdeckt worden seien, die er umgehend zu beseitigen verspricht - nach
erfolgter Wiederwahl.
Klaus Schramm
Anmerkungen:
1 Siehe auch unseren Artikel:
Der 11. September vor 30 Jahren
2 Siehe auch unseren Artikel:
AKWs ungeschützt gegen Terror-Angriffe v. 4.07.03