Der Ausverkauf von Indonesiens Papageien
Erst vor 6 Tagen, am 8. Juli, meinte Atom-Minister Trittin die Rolle des AKW-Schützers (19 Reaktoren in 5 Jahren) mal
mit der des Arten-Schützers vertauschen zu müssen. Er lud die Redaktionen von Presse, Hörfunk und TV zum Presse-
und Fototermin, um drohend den Finger gegen die Einfuhr von "exotischen Souvenirs" zu erheben. Viele Reisende wüßten
nicht, daß "die Einfuhr solcher Erinnerungsstücke strengen Einfuhrregelungen unterliegt". Zur Haupturlaubszeit habe er
nunmehr eine "Fibel zum Artenschutz" anzubieten, die er zudem allen Interessierte kostenlos zur Verfügung stelle.
Heute nun vermasselt die Tierschutz-Organisation PRO WILDLIFE die schöne Show des A-Ministers. Ohne Rücksicht
darauf, einen veritablen Minister bloß zu stellen, deckt PRO WILDLIFE auf, daß ausgerechnet Deutschland einer der
wichtigsten Absatzmärkte für vom Aussterben bedrohte Tierarten ist. Am Beispiel seltener Papageien-Arten, die in
Indonesien geplündert und in Deutschland verkauften werden, zeigt sich wie "zahnlos" sowohl deutsche Gesetze als
auch das erst im Oktober 2001 von der EU verhängte Importverbot tatsächlich sind. Denn wie es Gesetze im
Kapitalismus so an sich haben, enthält auch das Importverbot ein eingebautes Schlupfloch: "Nachzüchtungen"
gefährdeter Arten dürfen importiert werden.
Und selbstverständlich exportiert Indonesien ausschließlich Papageien, denen mit Brief und Siegel bestätigt wird, daß
es sich nicht um Fänge aus der freien Wildbahn handelt, sondern um Tiere, die aus Nachzuchtstationen stammen. "Dabei
handelt es sich um illegale Wildfänge, die einfach zu angeblichen Nachzuchten umdeklariert werden", erläutert PRO
WILDLIFE Expertin Daniela Freyer. Sie fordert von der EU, den totalen Import-Stop aller indonesischen Papageienarten:
"Deutschland als wichtiger Abnehmer trägt hierbei eine besondere Verantwortung."
In Indonesien ist der Fang von Papageien (ebenso wie das Abholzen der letzten Urwälder1) streng
geregelt - allerdings
nur auf dem Papier: Für einige Arten gibt es niedrige Fangquoten, für bedrohte Arten wie Gelbwangen- oder
Molukken-Kakadu gilt gar ein totales Fang- und Handelsverbot. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Der
Vogelhandel in Indonesien ist völlig außer Kontrolle:
Die auf den Vogelmärkten Indonesiens angebotenen Papageien stammen nahezu ausnahmslos aus freier Wildbahn.
Zu den begehrtesten Papageienarten aus Indonesien zählen Gelbwangen-, Weißhauben- und Molukken-Kakadu, Edel-
und Rotsteiß-Papageien sowie Loris. Existierende Fangquoten werden massiv überschritten, Fang- und Handelsverbote
ignoriert. Allein über 8.000 der vom Aussterben bedrohten Gelbwangen-Kakadus gelangten seit 1990 in den internationalen
Handel, entweder direkt aus Indonesien oder über den Umweg aus Drittstaaten.
Auf die zunehmende internationale Kritik an der Plünderung seiner Papageienbestände (von der A-Minister Trittin
sicherlich noch niemals hörte) reagierte Indonesien inzwischen mit einem Exportverbot für Wildfänge. "Eine Farce,
denn die Exporteure kaufen die wildgefangenen Papageien und deklarieren diese Tiere anschließend im internationalen
Handel zu "Nachzuchten" um. So wird auch das EU-Importverbot für wildgefangene Gelbwangen-Kakadus aus Indonesien
unterlaufen", berichtet PRO WILDLIFE.
Gegen einen Teil der gutverdienenden Importeure ermittelt Interpol wegen Artenschmuggels. Trotzdem liefern diese Händler
weiterhin ungehindert Papageien auch nach Deutschland. Die indonesischen Artenschutzbehörden bestätigen die
Schwierigkeiten, den Vogelhandel zu kontrollieren und die angeblichen Nachzuchten zu überprüfen. Trotzdem stellen
sie regelmäßig die erforderlichen Papiere aus und legalisieren damit die Tiere für den internationalen Handel. Und so
werden Indonesiens letzte Papageienbestände weiter rücksichtslos geplündert.
Daß Appelle an die deutsche Regierung oder auch die EU zwecklos sind, erweist sich bereits seit Jahren. Wie der
wenigstens teilweise erfolgreiche Schutz afrikanischer Elefanten oder arktischer Robben zeigt, besteht die einzige
Chance, das Aussterben zumindest vorläufig hinauszuzögern, darin, großangelegte, öffentlichkeitswirksame
Kampagnen zu organisieren.
Petra Willaredt
Anmerkung:
1 Siehe auch unser Artikel
Tropenholz in Deutschland diesmal aus Indonesien"
v. 26.06.03