2.09.2003

Diskussionsbeitrag

Solarkraftwerke
auf Freiflächen?

Bernhard Beck, Geschäftsführer der beck-energy GmbH, nimmt in diesem offenen Brief an den Solarenergie- Förderverein e.V., Aachen, Stellung zu dessen Ablehnung von Solarstromanlagen auf Freiflächen und der Forderung, die Förderung von Freiland-Anlagen zu beschränken. Weitere Stellungnahmen zur Freiflächen-Diskussion sind erwünscht.

Eine Antwort des SFV ist bereits als darauffolgender Beitrag hier dokumentiert.

Sehr geehrte Mitglieder des SFV,
sehr geehrter Herr von Fabeck,

mit Ihrer Haltung gegenüber den Freiflächen-Solarkraftwerken stimme ich nicht überein. Wie Sie wissen, bin ich ein langjähriger Verfechter der Photovoltaik und seit Jahren Mitglied im SFV. Mein Wohnort Dimbach hat die höchste Photovoltaikleistung pro Einwohner in Deutschland mit über 1,1 kWp je Einwohner. Unser Energieversorger, die Unterfränkische Überlandzentrale Lülsfeld, hat die höchste Photovoltaikleistung pro Kunde und ist somit in der Energieproduktion mit Sachen Photovoltaik die Nummer 1 in Deutschland. Gegen dachgebundene Photovoltaikanlagen zu sein und nur für Freiflächen-Solarkraftwerke kann uns wohl niemand vorwerfen.

Hier in der Region ist die eigene Photovoltaikanlage fast so selbstverständlich wie der Zweitwagen oder der eigene Computer. Sehr viele Landwirte haben bereits alle zur Verfügung stehenden Dachflächen genutzt und wollen nun weiter in diese saubere und zukunftweisende Technologie investieren. Dies ist für jedermann umweltverträglich auf den genügend vorhandenen Landwirtschaftsflächen möglich. So sehr ich Ihre Verdienste um die Förderung von dachgebundenen Photovoltaikanlagen zu schätzen weiß, so unverständlich ist mir Ihre Haltung zu den Freiflächenkraftwerken.

Große Solarkraftwerke auf Freiflächen für die Steigerung des Betriebswirkungsgrades unerlässlich

Schon immer war ich bemüht, den Wirkungsgrad und die Effizienz vom Photovoltaikanlagen zu verbessern. Ein Meilenstein hierbei war die Entwicklung des Team-Wechselrichterkonzeptes, welches auf einen Schlag einen Jahresmehrertrag von 3-4% ermöglicht. Dieser Mehrertrag entspricht bei genauer Rechnung in etwa dem 3-fachen Wert der Zinsverbilligung im ehemaligen 100.000 Dächer-Solarstrom-Programm.

Bei solchen Summen liegt die Frage nahe, ob es überhaupt Sinn macht, Förderprogramme aufzulegen oder ob es nicht vielleicht noch besser wäre, den Betriebswirkungsgrad (PR) der Anlagen zu verbessern und diesen beim Anlagenverkauf als Pflichtangabe vorauszusetzen. Doch genau bei der Steigerung des Betriebswirkungsgrades stoßen zwei Welten aufeinander: hierzu braucht es sehr große Solarkraftwerke und diese lassen sich nur auf Freiflächen entsprechend installieren, da das Gewicht für fast alle Dächer zu hoch wäre.

Von Bodenversiegelung kann keine Rede sein

Die Diskussion zum Thema Photovoltaik in der Freifläche ist so alt wie die Photovoltaik selbst. Früher wurde oft mit einer enorm hohen Bodenversiegelung gegen Freilandanlagen argumentiert. Tatsache ist jedoch, dass 100 kWp auf Siliziumbasis bei modernen Aufständerungssystemen lediglich 0,15 Quadratmeter Boden versiegeln. Dies ist weniger als drei Seiten Papier (DinA4). Kein Mensch kann hierbei ernsthaft behaupten, dies würde einen für die Natur problematischen Wert darstellen. Um im Bereich der Versiegelung zu bleiben. In einigen Argumentationen wird angeführt, Pflanzenwachstum sei unter den Aufständerungen nicht möglich. Hier möchte ich genau das Gegenteil behaupten: Bei richtiger Installation ist unter der Aufständerung die selbe oder eine bessere Vegetation möglich. In Tests waren bis zu 200% des sonst üblichen Biomassewachstums unter der Aufständerung erreichbar.

Unterschiedlicher Wirkungsgrad bei kleinen und großen PV-Anlagen

Sie weisen wiederholt darauf hin, eine Photovoltaikanlage sei modular aufgebaut und somit in beliebiger Leistung mit identischen Betriebswirkungsgraden installierbar. Eine kleine Anlage habe den gleichen Wirkungsgrad wie eine große Photovoltaikanlage. Dies ist leider grundlegend falsch. Nur wenn man eine große Photovoltaikanlage aus mehreren kleinen Photovoltaikanlagen zusammenbaut wird keine Verbesserung des Betriebswirkungsgrades erreicht. Je größer die Photovoltaikanlage ist, desto mehr Spielraum hat man in der Technik, um den Betriebswirkungsgrad zu optimieren und die Erträge zu steigern. So hat eine normale durchschnittliche dachgebundene Photovoltaikanlage einen Betriebswirkungsgrad von circa 73 bis 78 Prozent. Dies ist kein wirklich guter Wert. Mit neuester Technologie und entsprechenden Größen lässt sich leicht ein Betriebswirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent erreichen. Entsprechende Referenzanlagen habe ich seit zirka einem Jahr stehen. Die Steigerung der Effizienz und die Steigerung der Produktionsmengen ist der Schlüssel für ein sicheres und stetiges Wachstum und für eine breite und intensive Markteinführung der Photovoltaik. Vergleicht man die Effektivität von Pflanzen, zum Beispiel von Raps mit der Effizienz von Solarzellen, so ersetzt 1 Hektar Solarkraftwerk rund 100 Hektar Raps in der Energieproduktion. Photovoltaik sei nicht effektiv, kann somit nicht behauptet werden.

"Flächenverbrauch" ist nur eine Frage des ästhetischen Empfindens

Eines der Hauptthemen der Freiflächengegner ist nach wie vor der "Flächenverbrauch". Hier stellt sich die Frage, was mit Flächenverbrauch gemeint ist. Sieht man es aus den Gesichtspunkten der Bodenversiegelung, ist die Gegenargumentation kaum haltbar, sieht man es unter rein emotionalen Gesichtspunkten, dann ist ein Freiflächen-Solarkraftwerk Geschmackssache. Doch Geschmäcker sind verschieden. Ich zum Beispiel erfreue mich an jeder Windkraftanlage und ebenso an Photovoltaikanlagen - sie sind deutliche Wegweiser in eine neue regenerative Zukunft und zeigen den Weg, weg von den fossilen Brennstoffen und von der riskanten Atomkraft, hin zu den regenerativen Energien: Das ist für jedermann ersichtlich und nicht so abstrakt wie der angeblich saubere Strom aus der Steckdose. Andere finden Windkraftanlagen scheußlich und sehen Photovoltaikanlagen, sogar auf dem Dach, als Verschandlung des Ortsbildes an. Doch auch letztere wollen und brauchen täglich Energie.

Unverständlich ist mir daher die Einstellung des SFV und einiger Naturschutzverbände gegen die Freiflächenkraftwerke, die ja keinen Lebensraum vernichten, sondern ehemals durch Landwirtschaft der Natur entzogenen Lebensraum wieder der Natur zur Verfügung stellen. Stört es ein Wildgras etwa, dass es einmal am Tag von Modulen teilweise verschattet wird? Wenn ja, was ist dann für die Pflanze der Unterschied zwischen einem Modul und einem Baum? Keiner! Und genau dies ist der Punkt. Die Vegetation unter Freiflächenanlagen ist auf Grund der Schattenwürfe sehr artenreich und daher wertvoll. Wenn sich die ganze Diskussion um Freiflächen Solarkraftwerke mittlerweile nur auf eine Geschmacksfrage reduziert, ist die Zeit gekommen alte Vorurteile endgültig über den Haufen zu werfen und sich zu überlegen, welche Vorteile in einer aktiven Förderung dieser Technik liegen.

Technische und ökologische Vorzüge einer Freiflächenanlage

Gegenüber den Dachanlagen bringen Freiflächenanlagen enorme technische und ökologische Vorteile. Unter technischen Gesichtspunkten kann man die Möglichkeit nennen, quasi unbegrenzte Anlagengrößen realisieren zu können, was Effizienz und Ertragssteigerung bringt. Weiter die Energieerzeugungspotenziale, die durch eine optimale Ausrichtung und sehr gute Hinterlüftung der Anlagen geschaffen werden sowie die entfallenden Dichtigkeitsprobleme, speziell auf Flachdächern, und letztlich eine industrielle, systematisierte Bauweise, wie sie sich auf Dächern nicht realisieren lässt, da diese bekanntermaßen sehr unterschiedlich und individuell sind. Die industrielle systematisierte Bauweise ist aber der ganz entscheidende Schlüssel zur Zukunft der Photovoltaik. Hier kann man Kostensenkungen in den nächsten Jahren erreichen und gleichzeitig hochqualitativ herstellen. Ganz zu schweigen von den Aufwendungen für Wartung, die zwar bei der Photovoltaik erst nach einigen Jahren notwendig werden, aber auf Dächern weitaus komplizierter und aufwendiger durchzuführen sind als in der Freifläche.

Freiflächenanlagen sind kein Widerspruch zum Naturschutz

Ich entwickle und baue seit einigen Jahren Freiflächen- Solarkraftwerke. Viele Naturschützer waren bei mir bereits vorstellig. Noch nie ist ein negatives Wort über Freifächen- Solarkraftwerke gefallen. Den Naturschützer der ernsthaft und sachlich gegen eine solche Anlage argumentiert, gibt es meines Wissens nicht. Sollte es ihn geben, möge er bitte auf mich zukommen - ich werde mich der Diskussion stellen.

Wer argumentiert, eine Freiflächenanlage müsse sich, wenn überhaupt, auf einer Sekundärfläche befinden, wie beispielsweise Mülldeponien oder verseuchtem Gelände, der begeht bewußten Umweltfrevel. Eine Sekundärfläche ist immer in einem naturnahen, meist verwilderten Zustand, da eine andere Nutzung logischerweise unmöglich ist. Weshalb sollte man also mit Baumaschinen in einem solchem Gebiet einrücken, Sträucher und Bäume abholzen und die bestehende Pflanzenwelt plattfahren? Ein solcher Vorschlag kann von keinem Naturschützer kommen.

Wer die Natur schützen will, der muss Naturflächen erhalten - und er muss neue Naturflächen schaffen. Genau dies ist der Fall, wenn mitten in einer monotonen Agrarlandschaft ein Solarkraftwerk errichtet wird. Auf einer intensiv genutzten Ackerfläche, auf der bekanntermaßen außer der angebauten Monokultur so gut wie nichts an anderen Pflanzen und Tieren vorkommt und die so genutzte Fläche der Natur Lebensraum hinzufügt. Da ein Pflanzenwachstum unter den Konstruktionen uneingeschränkt möglich ist und sich durch die Teilschatten der Photovoltaikmodule mehr Feuchtigkeit im Aufständerungsbereich hält, ergibt sich eine beachtliche Artenvielfalt unter einem solchen Solarkraftwerk. Weit mehr, als dies auf einer intensiv genutzten Grünfläche oder ungenutzten Stilllegungsfläche der Fall wäre. Man schafft ein Biotop. Die Investition in Freiflächen-Solarkraftwerke schafft, neben den CO2-Einsparungen, neuen, aus privater Hand finanzierten Lebensraum für die Natur.

Bei allen von mir realisierten Projekten ist eine solche Anlage seitens der Naturschutzbehörden sehr begrüßt worden. Überhaupt sind alle Überlegungen, sowohl des BSI, der UVS und der DGS, Freiflächen-Solarkraftwerke nur unter gewissen Regeln zuzulassen, vollkommen unangebracht und meiner Ansicht nach in der aktuell vorliegenden Form unüberlegt. Denn dann ist weder der Bau von Nachführanlagen möglich, die ja technisch bedingt nicht auf dem Dach montiert werden können, noch ist der Bau von Dünnschichtanlagen berücksichtigt. Regelungen zur Ortsansicht, die zulässige Bodenversiegelung, optischer Landschaftsschutz, Lärmschutz, Belange der Landwirtschaft, Blendwirkungen, Belange des Naturschutz und vieles mehr werden kompetent und ausführlich sowohl in den Gemeinderäten, Landratsämtern, Bezirksbehörden und Landesbehörden diskutiert, geprüft und geregelt. Es bedarf daher keiner zusätzlichen Regelung, da alle in einem Genehmigungsversfahren beteiligten Stellen den normalen Vorschriften des Baugesetztes unterliegen und diese vollkommen ausreichen.

Photovoltaik im großen Stil ist anspruchsvolle Kraftwerkstechnik

Oft wird seitens des SFV das Argument vorgebracht, Freiflächen-Solarkraftwerke seien pro Kilowatt Leistung günstiger als Dachanlagen. Dies ist grundlegend falsch: Ein Freiflächen-Solarkraftwerk kostet im Durchschnitt zirka 3-4% mehr als eine technisch vergleichbare Dachanlage. Dennoch rechnet sich eine solche Anlage für die Natur und für den Betreiber: Freiflächenkraftwerke profitieren von der guten Hinterlüftung (kühlere Module bringen mehr Ertrag), der optimalen Ausrichtung, den niedrigen Wartungskosten und der effektiven Großkraftwerkstechnik. Freiflächenkraftwerke haben hierdurch deutlich höhere Erträge als die meisten Dachanlagen und sind deshalb eine gute Investition. Zudem werden die Photovoltaischen Ressourcen optimal genutzt. Ein Kilowatt Modulleistung liefert auf der Freifläche deutlich mehr Ertrag als auf dem Dach und reduziert somit mehr CO2. Bei einer im Moment sehr begrenzten Anzahl an Modulen ist es wichtig, diese nicht in uneffektive Kraftwerke zu verbauen, und damit Photovoltaikgegnern gute und stichhaltige Argumente zu liefern, sondern die zur Verfügung stehenden Module bestmöglich einzusetzen und die Professionalität der photovoltaischen Stromerzeugung aufzuzeigen. Photovoltaik ist keine Spielerei, sondern höchst anspruchsvolle Kraftwerkstechnik.

Solarkraftwerke auf und an Gebäuden - und auf Freiflächen

Dem SFV sollte es nahe liegen, die Solarenergie zu fördern und wirklich alle Potenziale zu nutzen, die uns die Solarenergie bietet. Doch er tut es nicht! Der SFV hat Angst davor, die Zustimmung Bevölkerung hinsichtlich der Solarenergie als favorisierte Energieerzeugungsform zu verlieren. Droht dies wirklich bei Freiflächenanlagen? Durch die Schaffung von Naturlebensräumen, die Senkung der CO2-Emissionen, die Verbesserung der Photovoltaik-Technik, die Steigerung der Wirkungsgrade und Erträge, die Steigerung von Medieninteresse und Öffentlichkeitswirksamkeit, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Nutzung der Solarenergie auf der Grünen Wiese? Das höchste Akzeptanzproblem bei der Photovoltaik ist nach wie vor der Preis. Durch eine Blockade der Freiflächen für die Solarenergienutzung werden Preisreduktionen und Effizienzsteigerungen aktiv durch den SFV verhindert. Dieses Verhalten wiederspricht der Satzung und den Grundsätzen des Vereins. Der SFV sollte sich besinnen, was als vorrangiges Ziel anzusehen ist: Die Versorgung der Bevölkerung mit regenerativer Energie, vorzugsweise gewonnen aus Sonnenlicht.

Ich hoffe, dass der "Solarenergie-Förderverein" den Weg vom momentanen Verhinderungsverein hin zum echten Förderverein schafft, durch eine sachliche Betrachtung der Freiflächenkraftwerke und nicht durch gefühlsgeleitete Argumentationen.

Mit sonnigen Grüßen

Bernhard Beck

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