Bei dem Volksentscheid in Irland zur Änderung der Verfassung zeichnet sich ein klarer Sieg für die Einführung der Ehe Homosexueller ab. Die Wahlbeteiligung lag deutlich über der bei vergangenen Parlamentswahlen.
Der staatliche irische Rundfunk meldete auf Grund vorläufiger Auszählungs-Ergebnisse einen deutlichen Sieg der "Yes"-Kampagne. "Das ist ein großer Tag für Irland," sagte Gesundheits-Minister Leo Varadkar. Er hatte sich erst im Januar öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt. "Für mich persönlich ist das nicht nur ein Volksentscheid, sondern eine soziale Revolution." Bis 1993 waren gleichgeschlechtliche Beziehungen in Irland noch strafbar.
Gegen die Zulassung der Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare hatte sich vor allem die traditionell in Irland sehr einflußreiche katholische Kirche eingesetzt. Nun wird Irland der erste Staat weltweit sein, der die Möglichkeit von Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare per Volksentscheid einführt.
In Irland waren am Freitag 3,2 Millionen BürgerInnen abstimmungsberechtigt. Die hohe Wahlbeteiligung resultierte offenbar nicht zuletzt daher, daß viele junge WählerInnen aus dem Ausland in ihre irische Heimat zurückgeflogen waren, um über die vorgelegte Änderung der 77 Jahre alten Verfassung mitentscheiden zu können. Die Altersgruppe, die am wahrscheinlichsten mit "Yes" abstimmt, sind die 25- bis 34-Jährigen. Bei ihnen liegt die Zustimmungs-Rate laut Umfragen bei 86 Prozent. Aber selbst bei den Über-65-Jährigen wollen offenbar 55 Prozent für die Verfassungs-Änderung stimmen. Als eine der prominentesten Befürworterinnen der "Homo-Ehe" trat die ehemalige Präsidentin Mary McAleese auf, deren Sohn Justin schwul ist. Auch Hollywood-Star Colin Farrell sprach sich für ein "Yes" aus.
Seit 2011 konnten lesbische und schwule Paare in Irland eine zivile Partnerschaft - ähnlich der in Deutschland im Jahr 2001 eingeführten - eintragen lassen. Eine echte Gleichstellung mit heterosexuellen Ehepaaren blieb ihnen aber verwehrt. Die Verfassungs-Änderung hat zugleich eine starke symbolische Bedeutung.
Umfragen sagten bereits eine große Zustimmung für die Verfassungs-Änderung voraus. Alle politischen Parteien unterstützen die gleichgeschlechtliche Ehe. Die katholische Kirche stellte hingegen sich an die Spitze der GegnerInnen und rief ihre Mitglieder dazu auf, mit "Nein" zu stimmen. Rund 80 Prozent der IrInnen bezeichnen sich als katholisch. Allerdings haben in den vergangenen Jahren mehrere Skandale um Kindesmißbrauch den Einfluß der katholischen Kirche schwinden lassen. Mittlerweile gratulierte David Quinn vom katholischen Iona-Institut den Lesben und Schwulen in Irland zu ihrem Erfolg.
Nach dem nun per Referendum erfolgten Votum wird Artikel 41 der irischen Verfassung um den Satz ergänzt: "Marriage may be contracted in accordance with law by two persons without distinction as to their sex." (deutsch: Eine Hochzeit kann zwischen zwei Personen, ohne einen Unterschied bei den Geschlechtern zu machen, im Einklang mit den Gesetzen geschlossen werden.) Umgesetzt werden soll dies in einem neuen Gesetz mit der Bezeichnung "Marriage Bill 2015". Demnach könnten noch in diesem Jahr die ersten homosexuellen Paare in Irland heiraten.
Der deutsche Lesben- und Schwulenverband (LSVD) gratulierte Irland "zu diesem großen Erfolg für gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt". Zugleich war wohl unvermeidlich, daß deutsche Parteien-VertreterInnen versuchten, diesen Erfolg auf ihre Mühlen umzulenken.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
"Homo-Ehe"
Aufstand der Konservativen
gegen das Bundesverfassungsgericht (3.03.13)
Witz der Woche
Tausendmal berührt (25.04.12)
Witz der Woche
Berlusconi will nicht schwul sein (3.11.10)
"Homo-Ehe" jetzt auch in Portugal
Weitergehend als deutsches Modell (8.01.10)
Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte
gleichgeschlechtlicher Partnerschaften (22.10.09)