8.06.2008

Sozialabbau
und fehlende Lehrstellen

Laut regierungsamtlichem "Bildungsbericht" haben sechs Monate nach Schulende rund 60 Prozent der HauptschülerInnen keine irgendwie geartete weitere qualifizierende Ausbildung gefunden. Sie drehen "Warteschleifen" oder machen Zusatzkurse. Doch auch danach sind die Aussichten düster: Auch nach mehr als einem Jahr - die Erhebung bezieht sich auf 13 Monate - haben 50 Prozent der HauptschülerInnen noch keinen beruflichen Ausbildungsplatz. Und auch zweieinhalb Jahre nach Schulende sind immer noch 40 Prozent nicht in eine qualifizierte Ausbildung vermittelt.

Wenn wir dazu noch berücksichtigen, daß viele Lehrstellen real alles andere als eine qualifizierte Ausbildung bieten, offenbart sich die ganze Dimension eines gesellschaftlichen Desasters. Dabei ist Deutschland Exportweltmeister, die Profite wachsen in vielen Branchen gigantisch und mehr als 30 Milliarden Euro wurden 2007 von der Bundesregierung unter dem Haushaltstitel "Verteidigung" und versteckt in anderen Haushaltstiteln für Krieg, Waffen und Militär ausgegeben.

Einer großen Zahl von Jugendlichen - besonders jenen aus der Unterschicht und aus Familien mit - aus welchen Gründen auch immer - schlechten Deutschkenntnissen - wird das Gefühl vermittelt, sie seien Abfall. Sie werden wie auf einem Verschiebebahnhof hin- und her bugsiert. Eine Mehrzahl der HauptschülerInnen - ob mit oder ohne Abschluß - muß nach Ende der Pflichtschulzeit eine Odyssee diverser Nachqualifizierungsmaßnahmen durchlaufen. Daß diese "Maßnahmen" sinnlos sind, ist kaum mehr zu verschleiern. Auf dem Selbstwertgefühl der Jugendlichen wird dabei herumgetrampelt. Selbst WissenschaftlerInnen zweifeln inzwischen mehrheitlich die Effizienz solcher "Maßnahmen" an.

Auch ein Blick in die "neuen Bundesländer" offenbart Katastrophales: Im Februar legte der DGB Brandenburg einen Ausbildungsreport vor, wonach nur noch jeder dritte Jugendliche in der Region einen betrieblichen Ausbildungsplatz erhält. Alle übrigen würden mit überbetrieblichen Lehrstellen oder "Maßnahmen" abgespeist. Die Zahl betrieblicher Ausbildungsstellen stagniert unter 2.000. Lediglich die Zahl der staatlich finanzierten Ausbildungsstellen stieg 2007 an.

Die Warteschleifen werden mittlerweile immer länger. Und gleichzeitig bilden nur noch rund 25 Prozent der Unternehmen aus. Statt mit einer Ausbildungsabgabe soll nun mit einem Ausbildungsbonus die Wirtschaft dazu motiviert werden soll, genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen.

Nach einer Analyse der IG Metall hat die Wirtschaft 2007 weit weniger zusätzliche Lehrstellen geschaffen, als von ihr behauptet. Der Zuwachs bei den Lehrverträgen sei in Wahrheit überwiegend durch die Ausweitung der von den Arbeitsagenturen finanzierten "Maßnahmen" zustande gekommen. Diese haben ihre Angebote - die meist auf Warteschleifen hinauslaufen - in 2007 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. So sind nach Angaben der IG Metall von den 48.600 zusätzlichen Ausbildungsverträgen im Westen weniger als die Hälfte der betrieblichen Seite zuzurechnen. Die IG Metall stützt sich dabei auf Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Bundeskanzlerin Merkel hat ja nun angekündigt - oder: angedroht - , daß sie die Bildungspolitik zur "Chefsache" machen will. Was dabei herauskommen wird, kann uns nicht mehr überraschen: Merkel hatte bereits einmal ein Thema zur "Chefsache" erklärt. Das war die Klimapolitik.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unseren Artikel:

      Kabinettsklausur in Schloß Meseberg
      Ein Gipfel an Klima-Heuchelei (25.08.07)

 

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