29.12.2004

Auch SPD-Abgeordnete
lassen sich von Konzernen bezahlen

...die heute übliche politische "Landschaftspflege"

Offensichtlich gehören nicht nur CDU-Bundestagsabgeordnete wie Hermann-Josef Arentz und Laurenz Meyer* zu den Armen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, die nicht mehr allein von einem einzigen Job ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Nach Informationen des Nachrichten-Magazins 'Focus' müssen auch die niedersächsischen Landtagsabgeordneten Hans-Hermann Wendhausen (SPD) und Ingolf Viereck (SPD) mit einem Nebenjob ihre kargen Diäten aufbessern.

So bekommt laut 'Focus' Hans-Hermann Wendhausen neben seinen Diäten in Höhe von monatlich 5.403 Euro (plus steuerfreier Aufwands-Entschädigung von 1.027 Euro) ein volles Gehalt in Höhe von monatlich 3.000 Euro von der Volkswagen AG. Wendhausen hatte bis zu seiner Wahl in den Landtag 1994 bei VW gearbeitet. Und Ingolf Viereck muß gar im Dreieck springen, denn neben seinem zeitaufwendigen Landtagsmandat und seinem Job als Wolfsburger Bürgermeister muß er zusätzlich für VW jobben. Auch er bekommt 3.000 Euro monatlich (plus Dienstwagen) vom Wolfsburger Auto-Konzern.

In drei Schichten müssen unsere Abgeordneten dennoch nicht arbeiten. VW zeigt sich generös. "Ich bin zwei bis drei Mal in der Woche bei VW", erklärte Wendhausen auf Anfrage von 'Focus'. In der Forschungsabteilung müsse er sich ein Büro gar mit anderen MitarbeiterInnen teilen. Zudem habe er im vergangenen Jahr einen Vertrag auf Altersteilzeit unterschrieben. Und der jugendlich- dynamische 42-jährige Viereck erklärt, er habe einen Tele-Arbeitsplatz und müsse deshalb nicht bei VW antanzen. Nach dem Bereich seiner Tätigkeit für VW befragt, erklärt Viereck treuherzig: "Für mich ist die Abteilung Regierungsbeziehungen zuständig." Außerdem - als viertes! - bekennt Viereck, habe er VW im Bereich Sportförderung beraten.

In manchen Zeitungen wird da naiv gerätselt: "Wofür VW einen Politiker, der weder einen Arbeitsplatz noch eine Telefonnummer im Unternehmen hat, in zehn Jahren mehr als 300.000 Euro zahlt, wird wohl ein Geheimnis bleiben." Denselben Kommentatoren dürfte allerdings klar sein, daß kein Konzern einen Günter Wallraff für seine politische Arbeit jemals unterstützen würde.

Und wenn die öffentliche Diskussion auf die vermeintlich entscheidende Frage gelenkt wird, ob für das Zusatz-Salär aus der Konzern-Kasse auch tatsächlich Arbeit geleistet wurde, stellt dies eine groteske Irreführung dar. Konzerne betonen nicht umsonst immer wieder, daß sie kein Geld zu verschenken haben. Sie wissen allzu gut wie sie sich mit stetigen "kleinen Gaben" diese "hohen Herren" zu Diensten zu machen können. Notfalls wirkt ein Abdrehen des Stroms an Zuwendungen bei gelegentlichen Unbotmäßigkeiten viel effektiver als eine Bestechung mit penibler Zuordnung von Leistung und Gegenleistung wie zu Zeiten des Flick-Buchhalters Rudolf Diehl und des Flick-Managers Eberhard von Brauchitsch ("FKF wg FJS"). Und nebenbei ist das Ganze heute legal - zumindest solange nicht bei einzelnen konkreten politischen Entscheidungen ein Zusammenhang zu den Zahlungen nachgewiesen werden kann.

Doch auch bei den jüngst aufgedeckten Zahlungen dürfte es sich wie beim Flick-Skandal in den 80er-Jahren lediglich um die Spitze des Eisberges handeln. Viele PolitikerInnen müssen gar nicht erst bestochen werden, da in entsprechenden "Giftschränken" Dossiers über frühere Verfehlungen gesammelt werden, deren Veröffentlichung eine Karriere abrupt beenden kann. Und für die große Mehrheit gilt: "Die legale Korruption, besonders auch die intellektuelle, der Reiz und die Befriedigung, Teil einer besonderen Herrschaftselite zu sein - was sich auch in materiellen und immateriellen Statussymbolen ausdrückt -, reicht in der Regel zur Einbindung in die Interessen eines Mensch und Natur verachtenden Herrschaftssystems". (Jutta Ditfurth, 'Das waren die Grünen', 2000, S. 182)

 

Harry Weber

 

Anmerkung

* Siehe hierzu auch unseren Artikel
      Auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer... (10.12.04)

      Laurenz Meyer scheibchenweise (22.12.04)

 

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