26.12.2003

Unisex-Richtlinie
von "Rot-Grün" blockiert

Kommt von der EU-Bürokratie ausnahmsweise mal etwas Vernünftiges, wird es von "Rot-Grün" blockiert. Kommen hingegen Verordnungen, die nur der Industrie und den großen Konzernen nutzen, die die Rechte und die Lebensqualität der Mehrheit der Menschen aber weiter einschränken (Beispiel Gentechnik), werden diese mit dem Verweis auf "höhere Gewalt" in nationales Recht umgesetzt.

Die von der europäischen Sozialkommissarin Anna Diamantopoulou entwickelten Richtlinien gegen Frauendiskriminierung im Zivilrecht sorgten schon im Juli dieses Jahres bei dem Mächtigen in Europa für Unmut und infolge dessen für unsachliche Kritik und Häme gegen Diamantopoulou in den Massenmedien. Bereits 2000 beim EU-Gipfel in Nizza waren Diskriminierungsverbote in den Bereichen Soziales, Bildung, Medien und Steuern angekündigt worden. Doch gedacht war dabei offenkundig wieder einmal nur an unverbindliche Proklamationen, die sich für Sonntagspredigten eignen. Diamantopoulou hatte dies alles anscheinend naiver Weise ernst genommen und die wolkigen Ankündigungen in realitätsnahe Richtlinien mit Biß verwandelt. Dabei sind beispielsweise entsprechende EU-Richtlinien gegen Rassismus im Zivilrecht längst verwirklicht.

Konkret könnten anti-sexistische Richtlinien zur Folge haben, daß Versicherungskundinnen nicht länger gegenüber Männern mit höheren Tarifen belastet werden dürfen, nur weil sie schwanger werden können und im Durchschnitt länger leben. Heute zahlt eine 30-jährige Frau für eine private Krankenversicherung durchschnittlich rund 100 Euro mehr als ein gleichaltriger Mann. Und um bei einer privaten Renten- versicherung mit 65 Jahren auf 1.000 Euro Altersrente zu kommen, zahlt eine Frau ab 35 monatlich 426 Euro, ein gleichaltriger Mann hingegen nur 375 Euro. In 30 Jahren sind das 18.360 Euro mehr für die Frau. Auch bei Frisöse oder Frisör wäre es nicht länger zulässig, daß Frauen für die selbe Frisur mehr Geld als Männern abverlangt wird. Und Banken wäre nicht mehr länger gestattet, Frauen einen Kredit allein mit der Begründung zu verweigern, sie arbeiteten nur Teilzeit oder weil sie gerade ein Kind bekommen. Auch bei der Berechnung von Prämien und Leistungen in der Privatwirtschaft müßte der Faktor Geschlecht endlich verschwinden.

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie dürften dann auch vom Autohandel keine höheren Rabatte an männliche Käufer mehr gewährt werden (so dies denn überprüfbar wäre) und andererseits würden die Tarife der Autoversicherungen angeglichen, wo Frauen heute davon profitieren, daß die Durchschnittsfahrerin weniger Unfälle baut.

Zudem hatte der erste Entwurf von Anna Diamantopoulou weit mehr enthalten als die Pflicht zu Unisex-Tarifen bei Waren und Dienstleistungen. Bislang können EuropäerInnen das eigene Land wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung nur dann in Straßbourg verklagen, wenn es Arbeitsrecht betrifft. In Zukunft muß dies in allen Bereichen möglich sein.

Doch wann dies realisiert wird, steht in den Sternen. Denn nach monatelangem Gezerre blieb vom Entwurf von Diamantopoulou eben nur der Teil zu Unisex-Tarifen bei Waren und Dienstleistungen. Dieser wurde nun von der EU-Kommission in Brüssel Anfang November gebilligt. Aber das heiß noch nicht viel: Bevor die Rest-Richtlinie in Deutschland und anderen EU-Staaten umgesetzt wird, müssen im Ministerrat alle 15 EU-Regierungen zustimmen. Anfang Dezember nun hat Diamantopoulou den Text dem Ministerrat vorgestellt und erfahrungsgemäß kann es mehrere Jahre dauern, bis dieser darüber entscheidet.

Noch schlimmer: Wie durch die Veröffentlichung eines internen Papiers bekannt wurde, versucht die "rot-grüne" Bundesregierung selbst diese Schneckenpost noch zu blockieren. Sogar in Brüsseler Kreisen löste die geheime "Lageeinschätzung" Empörung aus. Aus ihr geht hervor, daß die deutsche Bundesregierung gegen die Richtlinie verdeckten Widerstand leisten wird. Als entscheidender Punkt ist auf die zu erwartenden Prämienerhöhungen abgehoben. Ziel von "Rot-Grün" ist eine Ausschlußklausel für die Versicherungsbranche und für die Banken. Unverfroren wird in diesem internen Papier vorgegeben, daß dieses Ziel unbedingt "kaschiert" werden müsse, um die deutsche Wählerin für die Bundestagswahl 2006 nicht zu verprellen. Wie dies zu bewerkstelligen ist, kann ebenfalls nachgelesen werden. Deutschland solle im EU-Ministerrat Nein-Stimmen nur im Verbund mit anderen Ländern einbringen, damit sie von den Medien nicht einem einzelnen Land zugeordnet werden müssen. Offenbar wird eine gedeihliche Zusammenarbeit mit den Massenmedien als fraglos vorausgesetzt.

 

Ute Daniels

 

Siehe auch unseren Artikel
Unisex in der deutschen Medizin (19.01.01)

 

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