25.01.2007

Wald-AIDS im Jahr 2006

Haupverursacher des seit den 80er Jahren anhaltend elenden Zustands der deutschen Wälder ist inzwischen die Landwirtschaft.

Entwicklung der Waldschäden 1983 - 2006

Schauen wir uns die Berichterstattung der deutschen Mainstream-Medien über den aktuell vorgelegten Waldschadensbericht der Bundesregierung an: In den vorangegangenen Jahren war zwar in Fachkreisen längst bekannt, daß die Landwirtschaft inzwischen den Hauptanteil am Chemikalien-Cocktail liefert, der den deutschen Wald seit den 80er Jahren in einen anhaltenden Zustand von Immunschwäche versetzt. In der Berichterstattung war bisher kein Wort darüber oder über Stickoxide zu finden. Inzwischen kann zwar das Stichwort Landwirtschaft nicht mehr übergangen werden, doch bei der Durchsicht von über 15 Artikeln ist lediglich bei n-tv die Information zu finden, daß es sich bei der Landwirtschaft um den Hauptverursacher handelt.

Eine typische und in Variationen immer wiederkehrende Formulierung klingt beispielsweise so: "Als Hauptursachen für Schäden gelten Luftverschmutzung, Schadstoffe in der Landwirtschaft und der Klimawandel." - Schadstoffe in der Landwirtschaft - kaum jemand, die oder der sich ausschließlich auf die Information aus den Mainstream-Medien verläßt, wird ahnen, daß sich hinter dieser kryptischen Formulierung die Ammonikausdüstungen aus Massentierhaltung und Überdüngung der Felder mit Gülle verbergen. Wird - wie heute in der Massenfleischproduktion üblich - zu viel Vieh pro Hektar gehalten, wird beim Ausbringen der Gülle nicht nur das Grundwasser, sondern in zunehmendem Maße durch die Verdunstung auch der Wald geschädigt. Stickoxide werden an weit entfernten Orten durch Wind und Regen zu einer Gefahr für das Wurzelgeflecht der Bäume und die dort lebenden Mikroorganismen, die für das Überleben der Bäume unabdingbar sind.

Die Umweltorganisation Robin Wood hat bereits vor Jahren davor gewarnt, daß die Emissionen aus der Landwirtschaft längst die Schadstoffe aus dem Straßenverkehr und Flugverkehr übertreffen. Doch auch unter der "rot-grünen" Bundesregierung wurde dies ignoriert. Die damals zuständige Ministerin Renate Künast beschränkte sich auf Scheingefechte mit dem Bauernverband. Hinter den Kulissen herrschte Einvernehmen, daß weder eine Agrarwende noch eine Verbesserung der Situation für die Ökolandwirtschaft von "Rot-Grün" drohte.

Was hat Ökolandbau mit dem Thema Wald-AIDS zu tun? Landwirte, die nach Bioland- oder Demeter-Richtlinien arbeiten, verpflichten sich, eine Obergrenze von Rind oder Schweinen pro Hektar einzuhalten. Eine Zahl der Tierbestände, die der Boden auch verkraften kann. Doch die - auch von Deutschland immer aktiv unterstützte, da Deutschlands Großbetriebe und Chemiekonzerne die Hauptnutznießer sind - unterstützte Subventionspolitik der EU, fördert die weitere Konzentration der Landwirtschaft. Obwohl die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln in den letzten Jahren trotz dieser Politik jährlich mit über 10-prozentigen Raten wuchs, stagnierte die Zahl der deutschen Biolandwirte. Es heißt zwar immer, die Biolandwirtschaft sei besonders gefördert worden, doch unterm Strich übertraf die Subventionierung der mit Pestiziden und Chemiedüngemitteln arbeitenden Höfe pro Hektar eindeutig die der Ökohöfe.

Wenn nun in der Berichterstattung das Wort Stickoxide zu finden ist, dann in der Regel so, daß kein Zusammenhang mit der Landwirtschaft zu erkennen ist. Hinzu kommt, daß in fast allen Berichten mehrfach vom Klimawandel die Rede ist, und so der Eindruck erweckt wird, dieser stehe ursächlich mit dem elenden Zustand der Wälder im Zusammenhang. Fakt ist jedoch, daß für einen gesunden Wald extreme Wetterlagen wie der Dürresommer 2003 oder auch Schädlinge wie der Borkenkäfer kein ernsthaftes Problem darstellen. Erst die anhaltende Immunschwäche der deutschen Wälder läßt sie anfällig werden. Forstwissenschaftler unterscheiden in der Regel sehr wohl zwischen Anlaß und Ursache. Über Jahre hin wird dies in den Mainstream-Medien "zufällig" verwechselt. Warum wohl?

Noch ein Wort zur Situation in Baden-Württemberg: Obwohl die Schadenszahlen im Rahmen der jährlichen Schwankungen um ein bis zwei Prozent zurückgegangen sind, hat sich die Lage in Baden-Württemberg - und ebenso den anderen landwirtschaftlich geprägten Bundesländern deutlich verschlechtert. Nach Angaben der Landesforstkammer gab es im Land im Jahr 2006 die schlimmsten jemals seit den 80er Jahren gemeldeten Schäden. Fast jeder zweite Baum ist krank. Besonders betroffen waren die im Land wichtigsten Nutzbaumarten Fichte und Buche. Der Anteil der deutlich geschädigten Waldfläche war bei Buchen mit mehr als 61 Prozent am größten. Bei dieser hitzeempfindlichen Baumart hat sich die geschädigte Fläche seit 2001 nahezu verdoppelt. Mit 44 Prozent geschädigter Fläche wurde der schlechteste Wert bei Fichten überhaupt gemessen. Dagegen hat sich der Zustand von Kiefer und Eiche verbessert. Zu erinnern ist allerdings daran, daß im Vorjahr - 2005 - bereits 75 Prozent aller Eichen in Baden-Württemberg geschädigt waren. Keinerlei Informationen waren über die Pläne von Bundesminister Seehofer zu erhalten, die Waldschadensberichte nicht mehr jährlich herausgeben zu wollen. Gegen diese Ankündigung hatte es Ende letzten Jahres heftige Proteste gegeben. Wir hatten am 14.07.06 darüber berichtet.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel

      'Seehofer will die jährlichen
      "Waldschadensberichte" canceln' (14.07.06)

      'Wald-AIDS' (22.01.06)

 

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