In Deutschland tauchen immer häufiger Tropenhölzer1 auf und immer ungenierter wird mit irgendwelchen
"Ökosiegeln" für eine zertifizierte, nachhaltige Regenwaldnutzung geworben. Der Gipfel der Frechheit: Nur durch eine
solche Nutzung seien die Urwälder zu retten. Die UreinwohnerInnen in den letzten intakten Waldgebieten sind da ganz
anderer Ansicht. Seit Monaten beispielsweise blockieren die Penan in Malaysia gegen die weitere Zerstörung ihres
Lebensraums.
In den letzten Monaten waren Agenten der malaysischen Holzindustrie in Deutschland unterwegs und versuchten
KundInnen zu gewinnen. Europäische Städte und Gemeinden werden bedrängt und auch der zuständige malaysische
Minister Dr. Lim Keng Yaik kam eigens nach Europa, um das MTCC (Malaysian Timber Certification Council) bei
seiner Kampagne zu unterstützen. Europäische Kommunen sollen vom "Unsinn des Tropenholzboykotts" überzeugt werden.
Allzu leichtfertig gehen finanzschwache europäische Kommunen auf die Billigangebote mit Tropenhölzern ein, weil sie
wissen, daß sie angesichts des Wirrarrs an Ökosiegeln auf Nicht-Wissen berufen können. Und nur wenig bekannt ist
in Europa, daß sich die malaysischen Umweltorganisationen und unabhängigen Dachverbände der UreinwohnerInnen
weit überwiegend gegen das MTCC-Siegel ausgesprochen haben. Wider besseres Wissen lassen sich auch deutsche
"Experten" von Holzimporteueren nach Malaysia einladen und für die Werbung einspannen, indem sie dem MTCC
"beste Forstwirtschaft" bestätigen.
Mit den UreinwohnerInnen reden diese PR-Reisenden nicht. Dennoch sind die UreinwohnerInnen auch nach weltweit
mittlerweile immer häufig akzeptierter Auffassung die rechtmäßigen Besitzer dieser Waldgebiete. Ihre Beteiligung und
Mitsprachemöglichkeit beschränkt sich bislang auf Blockaden. Und manchmal erweisen sich diese als wirksam, solange
sie nur lange genug durchgehalten werden und genügend internationale Beachtung und ideelle Unterstützung finden.
Ein kurzer Situationsbericht zum konkreten Fall Long Lunyim
von lokalen Berichterstattern und der Organisation Keruan:
12. September 2003
Long Lunyim ist ein abgelegenes Dorf in der Mittleren
Baram Region in der Miri Division. Die nächstgelegene Ortschaft von Long Lunyim
ist Long Lama, welche ungefähr 100 km östlich der Siedlung liegt. In Long Lama
gibt es einige öffentliche Einrichtungen wie eine Sekundarschule, eine
Polizeistation und ein Krankenhaus. Long Lunyim dagegen ist nur eine kleine
Siedlung ungefähr eine 5-stündige Bootsfahrt von der Stadt Marudi entfernt,
welche wiederum eine 3-stündige Bootsfahrt von Miri entfernt liegt.
Holzeinschlag ist der Hauptgrund für die Probleme im Gebiet
Die aktuellen Probleme in der Region, die zu den Blockaden der letzten Tage und
Wochen geführt haben, sind überhaupt nicht neu. Seit den 90iger Jahren wird in
dem Gebiet Holz eingeschlagen, und seither gibt es die Probleme. Die Einwohner
Long Lunyims kommen ursprünglich aus Long Tepen. Als die Holzfirma in dem
Gebiet Long Tepen tätig werden wollte, waren die Bewohner der Region in ihrer
Meinung gespalten. Sie waren bald zerstritten in der Frage, ob sie den
Holzeinschlag in ihrem Gebiet akzeptieren oder ablehnen sollten.
Diejenigen die seinerzeit den Holzeinschlag unterstützt haben, sind in Long Tepen
geblieben. Die anderen dagegen, die den Wald schützen wollten, sind in ein
ungefähr 3 Kilometer vom ursprünglichen Dorf entferntes Gebiet im Inneren von
Sg. Pelutan gewandert und haben dort die Long Lunyim Community gegründet.
Die aktuellen Probleme entstanden jetzt, Jahre nach der Spaltung der
Dorfgemeinschaft in zwei Gruppen, als diejenigen die den Holzeinschlag
unterstützten, in ein Gebiet der neuen Gemeinde Long Lunyim eindrangen. Die
Long Lunyim Community versuchten dann umgehend ihr Gebiet zu verteidigen.
Sie suchten den District Officer, die Polizei und den Manager der Holzfirma
mehrere Male vergeblich auf, um zu verhandeln.
Die Situation wurde durch die Einmischung der Einwohner von Long Tepen noch
schwieriger. Die Unterstützer des Holzeinschlags aus Long Tepen wollten den
gesamten Wald forstwirtschaftlich nutzen - jetzt auch den Wald, den die
Einwohner Long Lunyims für sich beanspruchen, wie der ehemalige Headman
(Dorfhäuptling) Sakai Ding berichtet. Die Einwohner Long Lunyims versuchten auf
die genannten Probleme akzeptable Lösungen zu finden, aber die Holzfirma und
die Bewohner Long Tepens haben sie gar nicht erst angehört.
Die Einwohner Long Lunyims waren darüber, daß ihre Gesuche nicht angehört
worden waren, sehr unzufrieden und frustriert. Mit der Unterstützung von nahe
gelegenen Gemeinden errichteten sie am 9. August 2003 eine Blockade.
Im Moment nehmen ungefähr 80 Personen an der Blockade teil. Als sie die
Blockade errichteten, brachte die Holzfirma mehrere Polizisten, um die an der
Blockade beteiligten Penan, zu verhaften. Letztendlich wurde dann doch niemand
verhaftet.
Nach mehreren Verhandlungsrunden, rief der Manager der Holzfirma 5 Penan aus
Long Lunyim für weitere Verhandlungen nach Miri. Am 15. August 2003 wurden
sie nach Miri gebracht, jedoch wurden die Verhandlungen von Seiten der Long
Lunyim-Abgesandten abgebrochen, da wider Erwarten Leuten aus Long Tepen
zugegen waren. Dabei wäre der Geschäftsführer der Holzfirma bereit gewesen,
einen Bereich des geforderten Gebietes den Einwohnern Long Lunyims in einer
informellen Vereinbarung zu überlassen.
3 Tage nachdem Malaysia seinen 46. Unabhängigkeitstag feierte, wurde ein
Einwohner Long Lunyims dann doch von der Polizei verhaftet. Er war unterwegs
um mit dem Manager der Holzfirma zu verhandeln, welche in das strittige Gebiet
eingedrungen war. Zu dieser Zeit gab es keine Blockade, wie der ehemalige
Headman (Dorfhäuptling) Sakai Ding berichtete.
Nachdem der ungefähr 30 Jahre alte Semali Sait festgenommen und nach Marudi
gebracht und dort inhaftiert wurde, machte sich Sakai Ding auch auf den Weg
nach Marudi um Semali Sait im Gefängnis zu besuchen. Am 5. September 2003
war die Verfassung von Semali Sait gut, er wurde von der Polizei weder gefoltert
noch verprügelt. Der Gefangene wurde den Umständen entsprechend gut
behandelt. Sakai Ding fragte den zuständigen Polizisten warum Semali Sait
festgenommen wurde, der Polizist antwortete: 'Semali wurde verhaftet, weil der
Manager sich darüber beschwert hat daß die Einwohner der Community zu den
Verhandlungen Waffen mitgebracht hatten.'
Am 12. September berichtete die Tageszeitung "The Star", dass Semalis 60 Jahre
alter Vater ebenfalls festgenommen worden war. Der Leiter des "Sarawak Criminal
Investigation Department" (CID) in Kuching soll gesagt haben, daß die Polizei
einzugreifen hatte, nachdem die Holzfirma Anzeige erstattet hat "um möglichen
ungünstigen Zwischenfällen vorzubeugen". Weiter hat die Zeitung noch Jok Jau
Evong von der Organiastion SAM (Sahabat Alam Malaysia - Friends of the Earth)
zitiert, der die umgehende Freilassung der beiden Penan gefordert und die
Malaysian Human Rights Commission (SUHAKAM) sowie die Staatsregierung
aufgefordert hat, die schwierige Lage der betroffenen Menschen angemessen zu
berücksichtigen.
Ute Daniels
Anmerkung:
1 Siehe auch unsere Artikel:
'Afrikanische Urwälder im deutschen Sägewerk' v. 4.06.03
und
'Tropenholz in Deutschland -
diesmal aus Indonesien' v. 26.06.03