18.09.2009

Verstärkter Laugeneinbruch
im "Versuchs-Endlager" Asse II

Laut offiziellen Angaben droht ein unbeherrschbarer Zustand

Atommüll in unterirdischem Salzbergwerk In dem seit November Stufe um Stufe eskalierenden Skandal um das "Versuchs-Endlager" Asse II in Niedersachsen, ist noch kein Ende absehbar. Alle paar Wochen dringen neue Ungeheuerlichkeiten an die Öffentlichkeit1. Nach wie vor verzögert Bundes-Atom- Minister Siegmar Gabriel entgegen allen wohltönenden Ankündigungen die Bergung des radioaktiven Mülls aus der Anlage. Nun meldet das Magazin 'focus' heute (Freitag), daß es in Asse II zu einer dramatischen Steigerung des Laugenzuflusses gekommen ist. Das Landes-Umweltministerium in Hannover bestätigte den Bericht. Heute morgen um 7 Uhr hatten Mitarbeiter in Asse II festgestellt, daß deutlich mehr Lauge in das Salzbergwerk eintritt als bisher. Die Zeit drängt, denn mit dem Absaufen und Einstürzen des Bergwerks muß bereits in wenigen Jahren gerechnet werden.

Schon Anfang der 1980er Jahre war dem Betreiber und den zuständigen Behörden bekannt, daß die beiden benachbarten Schächte Asse I und Asse III bereits abgesoffen waren. Von dem weniger als zehn Kilometer entfernten Salzbergwerk Hedwigsburg war nach einem Wassereinbruch nur noch ein wassergefüllter Krater übrig geblieben. Und einer der Gründe, warum der Vorbesitzer des Bergwerks Asse II 1964 die Salzförderung aufgegeben hatte, war das Fehlen eines Fluchtwegs "im Falle eines größeren Wassereinbruchs."

Heute morgen wurden das das Landesbergamt und das Umweltministerium in Hannover vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das zu Beginn dieses Jahres wegen des Skandals als neuer Betreiber die Nachfolge des Helmholtz-Zentrums München angetreten hatte, alarmiert. Nach Angaben von 'focus' liegt die Hauptlaugenzutrittsstelle in 658 Metern Tiefe. Der Zutritt sei "über Nacht und völlig unerwartet" um zehn Prozent auf 11.370 Liter am Tag angestiegen. Diese Angabe ist nun allerdings - insbesondere in ihrer Präzision - recht merkwürdig, da bislang von offizieller Seite von einem Zutritt von täglich 12,5 Kubikmeter Lauge die Rede war.

Weiter heißt es in dem Bericht, aus "bergaufsichtlicher Sicht" werde diese Steigerung sehr ernst genommen. Da es über wenige Stunden zu einer so plötzlichen Steigerung gekommen sei, sah sich das Landesbergamt zu dieser Stellungnahme veranlaßt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß es im "schlimmsten Fall zu einem unbeherrschten Zustand" in der Anlage komme.

Nicht auszuschließen ist allerdings, daß mit Hilfe einer künstlichen Dramatisierung der Lage die von der Atom-Lobby präferierte "Lösung" des Problems Asse II durchgesetzt und das Bergwerk mit Magnesiumchloridlauge verfüllt werden soll. Ein solches Vorgehen birgt allerdings die Gefahr, daß bei einem Zusammensacken der unterirdischen Schächte und Kammern Flüssigkeit und damit Radioaktivität in den Bereich gerundwasserführender Schichten gelangt.

Die Großen Vier, RWE, E.on, Vattenfall und EnBW, die in Deutschland Atomkraftwerke betreiben, haben in den Konsens-Vertrag zum vermeintlichen deutschen Atom-Ausstieg vor 9 Jahren genutzt, um die Folgekosten für Asse II mit der Novellierung des Atomgesetzes auf die SteuerzahlerInnen abzuwälzen. Um dies vergessen zu machen, fordert Gabriel nun lautstark ein Beteiligung der Strom-Konzerne an den Sanierungskosten. Bei einem Teil der Wäherschaft scheint dies laut Umfragen dazu zu führen, daß sie am 27. September doch wieder der SPD ihre Stimme geben wollen.

Makaber ist zudem, daß das Endlager offenbar auch die letzte Ruhestätte von zwei Arbeitern ist. Die Asche von zwei Arbeitern, die 1975 bei einem Unfall im Atomkraftwerk Gundremmingen in Bayern ums Leben kamen, wurden offenbar auch im "Versuchs-Endlager" Asse II beseitigt, berichtet das Wochen-Magazin 'stern'.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      Skandal-Serie Asse II: Noch mehr Plutonium
      im "Versuchs-Endlager" (29.08.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Hochradioaktiver Müll im "Versuchs-Endlager"?
      MONITOR veröffentlicht Siemens-Unterlagen (24.07.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Erneuter Fund radioaktiver Lauge (15.07.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Nun auch noch Sprengstoff (26.06.09)

      Asse II: Strom-Konzerne drückten
      die Sicherheits-Standards (3.06.09)

      Asse II: Mehr radioaktiver Müll als vermutet
      Greenpeace findet Hinweise auf zu niedrige Angaben
      in den Inventar-Listen (7.05.09)

      Asse II: Einsturzgefahr in Kammer 7 akut
      (29.04.09)

      Asse II diente auch der Bundeswehr als Atomklo
      Endlager-Skandal nimmt immer neue Dimensionen an (24.04.09)

      Asse II: Auch Fässer mit Pestiziden,
      Arsen und Blei im "Versuchs-Endlager" Asse II (15.04.09)

      Versuchslager Asse II
      Wer hat den radioaktiven Müll produziert? (23.02.09)

      Lauge aus Atommüll-Lager Asse erneut nach 'Mariaglück'
      Dringend nötige Rückholung weiter verzögert (7.02.09)

      Einsturzgefahr im Atommüll-Lager Asse
      Seit Dezember nicht veröffentlicht (15.01.09)

      Asse II: Der Wechsel zum BfS ist nur Pop
      Rückholung des radioaktiven Mülls bislang nicht geplant (5.09.08)

      Gefahr durch atomares Versuchslager Asse II nicht länger geleugnet
      Atom-Minister Gabriel: "Zustände in Asse sind unhaltbar"
      Wird das Bergwerk geräumt? (2.09.08)

      Verdacht auf hochradioaktiven Müll im Versuchslager Asse II
      "Brennstäbe in Blechdosen" (29.07.08)

      Skandal-Grube Asse II
      Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert (12.06.08)

      Drohende Umweltkatastrophe durch Atom-Lagerstätte Asse
      Gabriel räumt Gefahren ein (21.11.07)

      Die BI Schacht Konrad weitet den Kampf aus
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      Niederlage im Kampf gegen Schacht Konrad
      Gericht gibt Atom-Mafia recht (3.04.07)

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      ItalienerInnen erfolgreich -
      kein Endlager weltweit (2.12.03)

      Zwischenlager +++ Salz +++ Ende
      Die Legende vom Salzstock (25.11.03)

      Endlager-Wahnsinn (28.02.01)

      Der deutsche "Atom-Ausstieg"
      Info-Serie 'Atomenergie' - Folge 2

      Atom-Ausstieg selber machen!

      Das ungelöste Problem der Endlagerung
      Info-Serie 'Atomenergie' - Folge 12

 

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