28.12.2014

Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer rät
zu Entspannungspolitik im Ukraine-Konflikt

Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer
Anzunehmen, daß im Zuge des Ukraine-Konflikts nur Fehler auf Seiten der russischen Regierung gemacht wurden, sei "unhistorisch und auch kurzsichtig" - so Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer. Er sieht die Ukraine in einer "Zerreiß­probe", warnt vor weiteren Sank­tionen gegen Rußland und rät zu einer west-östlichen Entspannungspolitik.

Mit dem Angebot eines "Assoziierungs-Abkommens" habe die EU ihre eigene Attraktivität überschätzt Einen weiteren "Fehler" des "Westens" sieht Fischer in den Osterweiterungen der NATO. Obwohl sie nicht gegen geschriebenes Recht verstießen - sei es "evident", daß bei den Verhandlungen nach dem Fall der Berliner Mauer mit dem damaligen sowjetischen Staats-Chef Michail Gorbatschow Einvernehmen darüber bestand, daß NATO-Einheiten nicht bis an die Grenzen Rußlands vorrücken (Siehe auch unseren Artikel v. 8.11.14).

Als großen Fehler beider Seiten analysiert Fischer, daß der Ukraine nicht die Option zugestanden wurde, sowohl mit Europa als auch mit Rußland in partnerschaftlicher Weise zusammenzuarbeiten. Fischer erinnert daran, daß die Brüsseler Verhandlungsdelegation eine Zeit lang sogar über das vorliegende europäische Angebot für ein "Assoziierungs-Abkommen" hinaus zusätzliche Forderungen an die Regierung in Kiew richtete. Das EU-Angebot wäre zwar langfristig für die Ukraine vorteilhafter, das Milliarden-Angebot von Seiten Rußlands jedoch besser auf die "konkrete Situation der Ukraine im Herbst 2013" zugeschnitten gewesen.

Zur Lösung des Ukraine-Konflikts skizziert Fischer ein schrittweises Vorgehen. In einem ersten Schritt müsse von beiden Seiten dafür Sorge getragen werden, daß der vereinbarte Waffenstillstand wirklich eingehalten wird. "Das Zweite müßte sein, daß ein vernünftiger Dialog geführt wird, der nicht in Richtung Verschärfung zielt, sondern in Richtung Entspannung."

Fischer stimmt den besonnenen Kräften zu, die der Ansicht sind, es sei "ein Stadium erreicht, wo die Erfindung und Verhängung neuer Sanktionen vielleicht Rußland weiter in seiner Entwicklung behindern wird, aber uns einer einvernehmlichen Lösung nicht näher bringen wird." Das schaffe Verhärtung und sei nicht konsensfördernd. "Außerdem müßten ernsthafte Gespräche über Reformen im Bereich Dezentralisierung oder Föderalisierung geführt werden, die in der Ost-Ukraine eine Situation schaffen, mit der beide Seiten leben können," so Fischer. Damit ist Österreichs Bundespräsident einer der wenigen "westlichen" PolitikerInnen, der sich für die Forderungen der ost-ukrainischen Aufständischen interessiert, statt diese als "prorussische Separatisten" zu diffamieren.

Skeptisch ist Fischer gegenüber jenen "Erfolgs"-Meldungen die in den vergangenen Wochen in den "westlichen" Mainstream-Medien verbreitet wurden und mit denen suggeriert wurde, die russische Wirtschaft sei einem Zusammenbruch nahe. Auch die Gefahr, daß sich eine tiefe russische Wirtschaftskrise zu einer globalen auswachsen könnte, sieht Fischer nicht.

"Die Meinung, man könne und solle die Sanktionen so lange verschärfen, bis Rußland so geschwächt ist, daß man alle politischen Ziel durchzusetzen kann, halte ich für falsch und obendrein für schädlich," erklärte Fischer. "Denn eine schwere Krise in Rußland oder ein wirtschaftlicher Kollaps würde insgesamt mehr Probleme schaffen, als dadurch gelöst werden können. Die Türen zwischen Europa und Rußland müssen offen bleiben. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet."

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unseren Artikel:

      Hat Wladislaw Woloschin MH17 abgeschossen?
      Zeuge macht Aussagen in Moskau (24.12.14)

      Abschuß von MH17 auf Foto
      Liefert Satelliten-Aufnahme Beweis? (15.11.14)

      Gorbatschow: Westen hielt Versprechen nicht ein
      Sorge vor "neuem Kaltem Krieg" (8.11.14)

      Pech für Exxon - Segen für Arktis
      Sanktion gilt nun doch (30.09.14)

      Putin empfiehlt
      Verhandlungen über Status der Ost-Ukraine (31.08.14)

      Irrsinn contra Irrsinn
      Öl-Kooperation trotz Sanktions-Politik (8.08.14)

      Wirtschafts-Sanktionen gegen Rußland
      USA und EU Hand in Hand (29.07.14)

      Finanz-Krieg gegen Rußland
      50 Milliarden US-Dollar für Yukos-AktionärInnen? (28.07.14)

      Witz des Tages / Realsatire
      Newsweek Cover, 1.08.2014 (26.07.14)

      Wer schoß MH17 ab?
      Fakten und Indizien von russischer Seite (23.07.14)

      Abschuß der MH17 über der Ukraine
      Der Rauch lichtet sich (19.07.14)

      Passagiermaschine mit 298 Menschen an Bord abgeschossen
      Wer sind die Täter? (17.07.14)

      Imponiergehabe im Schwarzen Meer
      USA und Rußland riskieren Krieg (8.07.14)

      US-Söldner in der Ukraine
      Obamas Spiel mit dem Feuer (11.05.14)

      Telefonat Timoschenkos abgehört
      "...in den Kopf schießen" (25.03.14)

      Die Hintergründe der Gerichts-Farce
      gegen Chodorkowski (27.12.10)

      Ukraine
      Alles dieselbe Bagage (1.01.05)

 

neuronales Netzwerk