6.02.2008

Plünderung der Ozeane
im Endspurt

Umweltorganisationen warnen vor Meeres-Overkill

Jahr für Jahr beweisen Studien, daß die Bestände viele Fischarten bereits zu über 90 Prozent verschwunden sind. 76 Prozent der weltweiten Fischbestände sind überfischt, 366 von 1.519 Fischereien weltweit zusammengebrochen. 2005 wurden 158 Millionen Tonnen Fisch aus den Weltmeeren geholt. Das ist sieben Mal so viel wie noch 1950.

Je näher es dem Ende der Fischbestände entgegen geht, desto mehr greifen Kriminalität und Korruption um sich. Insbesondere die Korruption setzt den globalen Fischbeständen immer mehr zu, so die World Conservation Union IUCN in einer aktuellen Studie. Die Korruption erfasse sämtliche Bereiche des Fischfangs, berichtet die Organisation. Damit werde die Katastrophe beschleunigt.

"Korruption frißt sich in die Knochen der Fischereiindustrie", erklärt der Experte Andrew Hurd, Deputy Head des IUCN Meeresprogramms. Die international vereinbarten Reglements über Fangquoten werden zumeist nicht eingehalten und nicht selten beispielsweise von den Fangflotten Frankreichs und Rußlands drastisch überschritten. Zudem frequentieren immer mehr "Piratenschiffe", die unter falschen Flaggen fahren, die Weltmeere. Ein weiteres großes Problem ist das falsche Etikettieren von Fischen als "nachhaltig". Unter Druck geraten auch die Fischereiinspektoren, die dem Experten zufolge zunehmend bedroht oder bestochen werden. Auch die Shrimp-Farmen in den tropischen Regionen stehen auf der Liste der IUCN: Hier setzen vielfach Kinder als billige Arbeitskräfte ein.

Rund 20 Prozent der aus den Meeren gefangenen Fische sind illegal gefangen. Auch für die ExpertInnen sind diese Ergebnisse schockierend, denn Fangquoten werden nach Beständen errechnet. Viele ForscherInnen haben den Druck auf die Fische unterschätzt und die Fangquoten zu hoch angesetzt. Nicht einmal das werde von den Behörden überwacht, kritisiert die Organisation. "Fischerei-Manager sollten zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie wissenschaftliche Gutachten ignorieren", so Hurd. So ging auch im Oktober 2007 im türkischen Antalya die ICCAT-Konferenz mit der Festsetzung völlig überhöhter Fangquoten zu Ende. Für Meeresbiologin Antje Helms von Greenpeace ist die aktuelle Studie nur eine weitere Bestätigung der sich anbahnenden Katastrophe. "Im Grunde genommen ist das nichts Neues, allerdings hat sich die Lage in den vergangenen Jahren immer weiter zugespitzt", so Helms.

Beispielhaft war kürzlich die Meldung über den taiwanesischen Thunfisch-Trawler "Sheng Yi Hsing No.16", der am 15. August in den Hoheitsgewässern der mikronesischen Inselgruppe Palau aufgehalten wurde. An Bord des Schiffes konnten die Behörden des Palau Bureau of Marine Resources 650 Haifischflossen, zehn Haiköpfe und rund 94 Haifischkörper und sowie Marline, Mahi-Mahis, Wahoos und Barrakudas sicherstellen. Keiner der Fische war in den offiziellen Logbüchern des Fischkutters eingetragen. Zudem ist in den Hoheitsgewässern des Inselstaats das Fangen von Haien strengstens verboten. ExpertInnen wissen längst, daß dieser Fall lediglich die Spitze des Eisberges darstellt. In den Weiten des Pazifiks, des Indischen Ozeans oder des Atlantiks ist eine lückenlose Fangkontrolle kaum möglich.

Druck kann heute lediglich vom Ende der Kette her ausgeübt werden: Immer mehr Menschen müssen den Verzehr von Fisch konsequent verweigern. Auch das Abschlachten der Elefanten in Afrika konnte für etliche Jahre zum Stillstand gebracht werden, als der Absatz von Elfenbein zum Erliegen kam.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      ICCAT-Konferenz segnet Zerstörung der Ozeane ab
      Keine Chance für den Roten Thunfisch (18.11.07)

      Piraten-Fischerei unter russischer Flagge
      Raubbau vernichtet Rotlachs-Bestände (14.11.07)

      EU läßt Plünderern der Ozeane freie Hand
      Neuer EU-Plan gegen illegale Fischerei ist Täuschung (17.10.07)

      Plünderung der Ozeane nahezu vollendet
      WWF zieht negative Bilanz der EU-Politik (6.10.07)

      Die Ostsee stirbt
      Deutschland schaut zu (28.09.07)

      Mittelmeer-Delphin kurz vor der Ausrottung
      Auch das Mittelmeer wird leergefischt (2.07.07)

      Ozeane kurz vor dem Arten-Kollaps
      Plünderung seit Jahren unvermindert (7.06.07)

      Fast alle Walfang-Nationen fälschen die Zahlen (24.05.05)

      UNO-Bericht: Ein Planet wird (weiter) geplündert (31.03.05)

      EU-Flotte darf Fischgründe um Azoren plündern
      Weltnaturerbe in akuter Gefahr (14.07.04)

      Betrug mit "delphinsicher" gefangenem Thunfisch
      Gutachter auf Fangschiffen für Thunfisch häufig bestochen
      (11.05.04)

      Raubbau an den Fischbeständen ungebremst (20.10.03)

      Ozeane bald leer gefischt (26.05.03)

 

neuronales Netzwerk