2.04.2008

Agro-Treibstoffe

In "Bio"-Diesel steckt Sojaöl aus Urwaldzerstörung

Greenpeace hat in den vergangenen Wochen bundesweit Dieselproben an Tankstellen der drei großen Mineralöl-Konzerne Shell, Esso und Aral genommen. Ziel der Aktion war es, festzustellen, aus welchen Pflanzen der gesetzlich festgelegte "Biosprit"-Anteil stammt. Heute (Mittwoch) stellte Greenpeace das Ergebnis der Analyse in Berlin vor.

Der "Biosprit"-Anteil besteht bei allen drei Anbietern zu rund 20 Prozent aus Sojaöl. Sojabohnen werden vor allem in Südamerika angebaut. Die steigende Nachfrage nach Agro-Treibstoffen führt dort zu einer immer größeren Nachfrage nach Ackerland. Für die neuen Plantagen werden vorwiegend in Brasilien und in Argentinien riesige Urwaldgebiete gerodet. Urwälder sind für ein stabiles Weltklima von großer Bedeutung. Ausgerechnet der Klimaschutz muß nun als Begründung für immer mehr Urwaldzerstörung herhalten. "Die Bundesregierung zwingt deutsche Autofahrer, den Urwald zu zerstören", so der lapidare Kommentar des Greenpeace-Agrarexperten Alexander Hissting.

"Schwarz-Rot" rechtfertigt die Beimischung mit dem Argument, der Einsatz von "Biosprit" verringere den Ausstoß an Treibhausgasen. Tatsächlich wird bei der Verbrennung im Motor nicht mehr Kohlendioxid frei als die Pflanze während ihres Wachstums aufgenommen hat. Trotzdem geht die Gleichung nicht auf. Die vollständige Klima-Bilanz ergibt sich erst aus dem gesamten Produktionsprozeß - von der Vorbereitung der Ackerfläche bis zur Zapfsäule.

Es geht los bei der Umwandlung in Ackerland. Durch die Zerstörung der Urwälder gehen unersetzliche Kohlenstoffspeicher verloren. Die häufig angewendete Brandrodung verursacht immense Mengen an Kohlendioxid. Düngemittelfabriken, Traktoren und Erntemaschinen verursachen weitere Emissionen, ebenso Transport und Weiterverarbeitung der Ernte.

Wenn es nach Bundes-"Umwelt"-Minister Sigmar Gabriel und Agrar-Minister Horst Seehofer geht, steigt der Beimischungsanteil im Diesel bis 2020 auf 17 Prozent. Da der Raps-Anbau für Agrodiesel bereits an seine Grenze gestoßen ist, muß daher der Anteil an Sojadiesel entsprechend vergrößert werden. Die Folgen wären fatal.

"Setzt sich die Bundesregierung mit ihrer Politik durch, wird künftig noch mehr Wald dem Agrosprit zum Opfer fallen", sagt Alexander Hissting. "Wer wirklich das Klima schützen will, muß die letzten Urwälder schützen, nicht zerstören."

Laut Berechnungen von Greenpeace würde jedes weitere Prozent Beimischung in Deutschland zu einem riesigen Zuwachs an Soja-Anbaufläche führen würde: über 700.000 Hektar pro Jahr. Für 17 Prozent Beimengung müßten voraussichtlich 4,9 Milliarden Liter Sojadiesel importiert werden. Die Sojaplantagen hierfür würden ein Ausmaß von fast 10 Millionen Hektar einnehmen und damit der Fläche von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zusammen entsprechen.

Greenpeace brandmarkt die geplante Beimischungsquote deshalb als "Irrweg". Zu ähnlichen Ergebnissen kam in jüngster Zeit auch die renommierte Zeitschrift 'Science Magazin': 319 Jahre würde es demnach dauern, bis der Einsatz von Sojadiesel die Menge an Treibhausgasen eingespart hat, die durch eine Abholzung des Amazonas-Urwalds für die Sojaplantagen zuvor freigesetzt wurde.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Volle Tanks - leere Teller - Agro-Treibstoffe verursachen
      Hunger, Vertreibung und Umweltzerstörung (29.11.07)

      Agro-Treibstoffe in Deutschland
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      Der große Betrug mit "Bio-Sprit"
      Agro-Treibstoffe heizen die Klimakatastrophe an (13.09.07)

      Kyoto-Protokoll und Regenwaldvernichtung (20.08.07)

      Palmöl aus Malaysia?
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